Der Gebieter
darin war, Bewegungen zu unterdrücken oder sich lautlos wie Sonnenlicht auf Stein zu bewegen. Er wusste, dass die Stille für sie Frieden am nächsten kam, und er schenkte sie ihr.
Als Phresine klopfte, um Bescheid zu sagen, dass es an der Zeit sei, sich fürs Abendessen anzukleiden, wartete die Königin ab, bis die Tür ins Schloss gefallen war, und rief erst dann ihre Kammerfrauen herein.
Als die Stunde um war, wurde es Zeit für den König, sich für das offizielle Bankett anzukleiden, und Costis wurde fortgeschickt. Er marschierte mit dem Trupp abgelöster Wachen durch den Palast zurück. Sie hatten den inneren Palast schon verlassen und
waren auf der Terrasse auf dem Weg zu den Stufen, die zur Gardekaserne hinabführten, als sie Baron Susa über den Weg liefen.
Costis kannte ihn vom Sehen, denn er herrschte als Baron über das Land, auf dem der Bauernhof von Costis’ Familie lag. Er nickte dem Baron höflich zu und war erstaunt, als Susa ihn beim Namen rief. Costis blieb stehen. Das tat auch der Trupp.
»Vielleicht könntet Ihr Eure Männer weiterschicken«, schlug Susa vor. »Habt Ihr einen Augenblick Zeit, damit ich ein wenig mit einem Landsmann plaudern kann?«
Widerstrebend schickte Costis die Männer in die Baracken zurück.
»Also, Costis Ormentiedes«, sagte der Baron, »Ihr seid doch geradezu zum Vertrauten unseres Königs geworden, nicht wahr?«
Costis wünschte, er hätte die Männer zurückrufen können. Relius’ Sturz hatte ihn erschüttert. Ihre Gegenwart hätte Schutz gegen alles geboten, was Susa zu sagen gedachte, aber es war zu spät. Susa wartete auf eine Antwort.
»Nein, Baron, das würde ich so nicht sagen«, erklärte Costis vorsichtig. Genau wie Aris Sejanus’ nicht hatte in die Quere kommen wollen, würde Costis gut darauf achten, Susa nicht zu kränken. Costis’ Familie war, da sie eigenes Land besaß, nicht so angreifbar wie die von Aris: Susa konnte nicht einfach ihre Steuern erhöhen oder ihr Land einziehen, und jeder attolische Landbesitzer – ganz gleich, wie klein sein Anwesen war – hatte selbst die Rechtsprechung auf seinem Besitz inne, aber Susa hätte den Ormentiedes dennoch das Leben schwer machen können.
»Soweit ich weiß, hat er Euch doch außer der Reihe zum Dienst angefordert und Euch sogar gestattet, ihn unter vier Augen zu sprechen?«
»Der König …« Costis hielt inne, um zu Boden zu sehen, und hoffte, dass er Verlegenheit ausstrahlte. »Der König lässt seinem Sinn für Humor freien Lauf.«
»Ach ja?«, hakte Susa nach.
»Ich habe auf dem Übungsplatz nur immer wieder den Anfängerdrill durchgespielt, seit … seit er auf mich aufmerksam geworden ist.« Costis befürchtete, dass er zu übertrieben den Beschämten spielte, und so hob er den Kopf und raffte sich zu einer Art Habachtstellung auf, wobei es ihm gelang, noch gequälter dreinzublicken. »Ich habe nachts Dienst auf den Mauern, Baron, und nachmittags bei den Hofaudienzen. Die zusätzlichen Wachschichten sind …«
»Einer Laune geschuldet?«, fragte Susa.
Costis’ Gesichtsausdruck verhärtete sich. »Das würde ich nie sagen, Baron.« Den König als launisch zu bezeichnen ging selbst für Susa einen Schritt zu weit.
»Und die Privataudienz für einen entehrten Truppführer?«
»Seine Majestät hatte beschlossen, seine Kammerherren fortzuschicken, und als sie ihn nicht völlig allein lassen wollten, wählte er mich als Ersatz aus. Ich glaube nicht, dass das als Kompliment für mich gemeint war, sondern eher ein Zeugnis über die Zufriedenheit des Königs mit seinen Kammerherren ablegt, die damals recht gering war.«
»Ich verstehe«, sagte Susa. »Dennoch habt Ihr sicher ein gewisses Maß an Wissen erworben, das Ihr gern mit mir teilen würdet, Leutnant.«
Costis hoffte, dass seine Miene nicht verriet, wie entsetzt er über diesen Vorschlag war. Wie auch immer der Untersekretär für die Flottenversorgung an seine Informationen gelangt war, nicht nur der König vermutete, dass sie von Costis gekommen waren, wahrscheinlich wegen des Aufstands, den er auf dem Übungsplatz darum gemacht hatte. Er wollte sich auf dem Absatz umdrehen und davongehen, konnte es jedoch nicht. Andererseits wusste er aber auch, dass er Susa nicht das bieten konnte, was er wollte.
»Eigentlich nicht viel, Baron«, sagte Costis. Er dachte an seine Audienz bei der Königin zurück. »Nichts außer dass er die Zeit allein damit verbringt, aus dem Fenster zu sehen.« Er zuckte entschuldigend mit den
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