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Der Gebieter

Der Gebieter

Titel: Der Gebieter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Whalen Turner
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Hauptstadt sein würde, um Rechenschaft über seine Aufgaben abzulegen. Teleus hatte jede einzelne Frage mit kaum verhohlener Verachtung beantwortet, sich aber bereit erklärt, Costis in eingeschränktem Dienst beschäftigt zu halten, bis der König eine Entscheidung über eine angemessene Versetzung gefällt hatte.
    Die Königin begann, Papiere in eine Diplomatenmappe zu stecken. »Ich wünschte, du würdest besser mit Teleus auskommen.«
    »Ich wünschte, Teleus wäre kein Dummkopf.«
    Wenn die Königin ihn gehört hatte, zeigte sie es nicht; sie schloss nur die Mappe und legte sie beiseite.
     
    Im Bergland von Eddis waren die Tage kürzer als an der attolischen Küste. Die Lampen im Palast waren entzündet worden, und der Spätsommerabend neigte sich bereits dem Ende zu, als die Königin von Eddis den Magus von Sounis zu sich rufen ließ, der offiziell ihr Gefangener war. Der Magus war erst am Vortag von einem unbewachten Ausflug ins Hinterland zurückgekehrt, wo er unterschiedliche Varianten mehrerer Sagen bei den Bewohnern abgelegener Dörfer gesammelt hatte. Die Königin und der Magus brachten Eugenides, dem ehemaligen Dieb von
Eddis, beide gleichermaßen Zuneigung und Respekt entgegen. Sobald der Magus sich gesetzt hatte und ein Becher Wein für ihn bereitgestellt worden war, reichte ihm die Königin den geheimsten Bericht ihres Botschafters in Attolia, Ornon, und wartete geduldig, während er ihn sich durchlas.
    »Ich verstehe«, sagte der Magus. »Ich habe mich schon gefragt, warum der Gehilfe Eures Botschafters so verfrüht zurückgeschickt worden ist. Ich nehme an, Gen hat ihm das blaue Auge verpasst. Es muss sehr schön ausgesehen haben, als es frisch war.«
    »Nein, das war Ornon«, erklärte Eddis trocken. »Wie Ihr seht, hat der Gehilfe es sich angemaßt, Gen in Zugzwang zu bringen.«
    »Ich sehe schon, dass ihm das nicht gelungen ist«, sagte der Magus und drehte das Blatt um, um die Zeilen auf der Rückseite zu lesen. »Aber ich bin mir nicht sicher, ob sich mir die Bedeutung der Brücke erschließt.«
    »Cletus und Anacritus sind beide Verbündete der Königin. Sie zahlen überhöhte Gebühren an einen dritten Baron, Minos, um die einzige Brücke über die Schlucht im Umkreis von Meilen nutzen zu dürfen. Anacritus braucht sie, um seine Weiden zu erreichen, Cletus’ Leute müssen sie überqueren, wenn sie ihre Waren zum Markt bringen wollen. Keiner von beiden kann es sich leisten, selbst eine Brücke bauen zu lassen. Attolia wollte schon jahrelang eine bauen, konnte das aber nicht tun, ohne dass man ihr offene Günstlingswirtschaft vorwirft, die Minos erzürnt hätte, der sie nach außen hin ebenfalls unterstützt.«
    »Jetzt baut Ihr eine Brücke für sie?«
    »Ornon hatte keine Wahl«, sagte Eddis mit einem Anflug von Ironie, »als gütig die Arbeitskraft der eddisischen Garnison zur Verfügung zu stellen.«
    Der Magus nickte. »Also hat Baron Minos keinen Grund, sich zu beschweren, und die Barone Anacritus und Cletus, die bisher die Einquartierung der Eddisier als Belastung empfunden haben …«
    »… sind nun trunken vor Glück«, stimmte Eddis zu.
    »Gen wirkt nach außen hin immer noch unfähig«, bemerkte der Magus.
    »Und Ornons Gehilfe ist mit einem blauen Auge davongekommen« , schloss Eddis. »Alles in allem ein Erfolg, wenn man nicht der ehemalige Gehilfe unseres Botschafters in Attolia ist.«
     
    Das Zimmer war klein, und die Wandgemälde ringsum und die zierlich geschnitzte, durchbrochene Zwischendecke ließen es noch kleiner wirken. Es gab keinen Sitzplatz bis auf den Boden und auch keine Fläche, auf der man die Lampe hätte abstellen können; so stand Sejanus schon seit einer ganzen Weile herum, als sein Vater eintraf.
    »Ich sollte nicht hier sein«, sagte Sejanus. »Wir sollten uns nicht treffen.«
    Erondites knurrte: »Ich will einen Bericht.«
    »Ich komme gut voran.« Sejanus zuckte mit den Schultern; die Lampe in seiner Hand bewegte sich, und die Schatten flackerten wild durch den Raum. Die Satyrn an der Wand schienen zu tanzen und lüstern zu grinsen. »Kein einziger Kammerherr ist beim König noch nicht in Ungnade gefallen. Er ist drauf und dran, sie alle davonzujagen.«
    »Noch nicht«, sagte Erondites. »Ich will nicht, dass er sie jetzt schon entlässt. Erst muss er sich die Mätresse nehmen, damit sie ihm sagen kann, welche Männer er zu neuen Kammerherren bestimmen soll.«
    »Du machst weniger Fortschritte als ich«, sagte Sejanus.
    Der Baron sah ihn finster an.

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