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Der Gebieter

Der Gebieter

Titel: Der Gebieter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Whalen Turner
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keine Wahl: Sie folgten ihm. Sie waren auf dem Treppenabsatz stehen gelassen worden, auf dem sie in Verkennung der Lage in Richtung der königlichen Gemächer abgebogen waren.
    Der obere Teil des Treppenhauses führte hinaus auf die Wehrgänge,
die in der Nähe des Comemnus-Turms um das Palastdach verliefen. Alle Türme des Palastes trugen Namen. Der Comemnus war nur ein Stockwerk höher als das Dach und vom Großvater der jetzigen Königin in einer Epoche mit einer Vorliebe für überladene Architektur angebaut worden: Das Mauerwerk bestand aus zweifarbigen Steinen, die wie ein Gitter angeordnet und mit Zierziegeln verblendet waren. Der König blieb stehen, als ob er es bewunderte, kletterte dann aber die Ziegelverblendung hinauf, als sei sie eine Treppe, und verschwand über die Dachkante.
    Bestürzt starrten die Kammerherren einander an. Nachdem er stumm angestoßen worden war, rief Philologos: »Euer Majestät?«, erhielt aber keine Antwort.
    Hilarion legte die Hände an die Ziegel und begann vorsichtig zu klettern; er war sich nicht sicher, wie er weitermachen sollte, wenn sein Weg ihn über die Mauerkante hinaus in den leeren Raum führte. Er fand es nicht heraus. Er war erst ein paar vorsichtige Schritte weit gekommen, als die Stimme des Königs über den Rand des Turmdachs hinweg ertönte.
    »Ich lasse Euch pfählen«, sagte er leise.
    Da er sein Leben nicht auf einen Pfahl gespießt beenden wollte, kletterte Hilarion hastig wieder hinunter.
    Es dauerte mehr als eine Stunde, bis der König wieder herunterkam, und Relius lag schon längst in seinem Bett im Krankensaal, als die Kammerherren und Gardisten den König in die königlichen Gemächer zurückbrachten.
     
    Wankend vor Übermüdung kehrte Costis, nachdem er von Teleus auf halbem Weg in den Krankensaal entlassen worden war, in sein Quartier zurück, befreite sich von Gürtel und Brustpanzer und ließ sich ansonsten voll bekleidet aufs Bett fallen.

Kapitel 11

    Der lange Sommertag ging zu Ende. Der Himmel war noch hell, aber die Sonne war verschwunden. Die letzten Schwalben sausten durch die Lücken zwischen den Gebäuden, und man konnte die ersten Fledermäuse zwischen ihnen flattern sehen, als Dite die ummauerte Stadt Attolia verließ und sich auf den Weg durch die offenen Straßen zum Hafen machte, wo ein Schiff ihn erwartete. Wenn er sich ausgemalt hatte, allein, nur sein Gepäck über der Schulter und einen Teil des Geldes des Königs in der Tasche, aufzubrechen, dann standen diesem Plan offenkundig einige Hindernisse entgegen: Er musste seine Noten und Instrumente mitnehmen und hatte einen der Palastjungen anheuern müssen, um sie zu tragen. Als der Junge die Anzahl von Kästen gesehen hatte, hatte er seinen Preis auf das Doppelte erhöht und war losgezogen, um einen Handkarren zu holen. Dites Freunde hatten ihm den ganzen Nachmittag beim Packen geholfen und dafür gesorgt, dass er viel länger als nötig dazu gebraucht hatte und gezwungen gewesen war, eine ganze Anzahl nutzloser, aber dennoch willkommener Geschenke, die er in letzter Minute erhalten hatte, mitzunehmen. Seine Freunde blieben bei ihm, als er dem Handkarren zum Hafen folgte.
    Sie waren allesamt sehr fröhlich. Das Haus Erondites mochte ja seinem Untergang entgegentaumeln, aber sie sahen Anlass zum Feiern. Dite ging an den Hof von Ferria, um Konzertmeister zu
werden. Ferria, wo man die großen Werke der Antike übersetzte und laut auf öffentlichen Plätzen vorlas, wo die Künstler über Nacht die Welt der Malerei veränderten, wo die reichen Patrone der Stadt ihren Rang zur Schau stellten, indem sie sich arbeitstüchtige Männer nur zu dem Zweck hielten, dass sie den ganzen Tag über und einen Großteil der Nacht hindurch musizierten.
    Sie folgten ihm aufs Schiff und halfen ihm, seine Habseligkeiten in seiner winzigen Kajüte zu verstauen. Dann standen sie an Deck herum, bewunderten den Himmel, das Schiff, die Mannschaft, die Bucht. Dite zupfte einen jungen Mann am Ärmel und zog ihn beiseite. Er reichte ihm zwei Briefe und einen schweren Geldbeutel.
    »Überbringst du das hier bitte in meinem Namen, Kos? Ich konnte es selbst nicht mehr. Der Geldbeutel und der Brief dabei sind für meine Mutter.«
    »Beim Gott des Reichtums, Dite, wo hast du denn so viel Geld aufgetrieben? Das ist das Silber des Königs, nicht wahr?«
    Dite räumte ein, dass dem so war. »Ich habe einen Teil davon behalten«, sagte er, »aber ich wollte, dass meine Mutter den Rest bekommt. Sie wird ihn vielleicht

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