Der gefaehrliche Verehrer
abgewiesen habe, bleibt er abgewiesen.«
Boyd konnte nur den Kopf schütteln. Es war ihm unerklärlich, dass eine so kluge Frau in gewissen Situationen so naiv sein konnte. »Na schön, gehen wir die Sache von einem anderen Blickwinkel an. Im Sender arbeiten Sie mit Männern – fast nur mit Männern – zusammen.«
»Wir sind Profis«, schnappte sie und begann, an ihren Nägeln zu kauen. »Mark ist glücklich verheiratet. Bob ist glücklich geschieden. Jim ist ein Freund – ein guter.«
»Sie haben Nick vergessen.«
»Nick Peters? Was ist mit ihm?«
»Er ist verrückt nach Ihnen.«
»Was?« Sie war so überrascht, dass sie sich umdrehte. »Das ist lächerlich. Er ist ein Kind!«
Nachdem Boyd sie lange betrachtet hatte, stieß er einen Seufzer aus. »Sie haben es wirklich nicht bemerkt?«
Verwirrter, als sie eingestehen wollte, sagte Cilla: »Hören Sie, Schlaumeier, das bringt uns zu nichts, und ich bin …« Ihre Worte erstarben, und sie fuhr sich mit einer Hand langsam an die Kehle.
»Da ist ein Mann auf der anderen Straßenseite. Er beobachtet das Haus.«
»Weg vom Fenster!«
»Was?«
Boyd riss sie zur Seite. »Bleiben Sie von den Fenstern weg, und halten Sie die Tür verschlossen. Öffnen Sie nicht, bevor ich zurückkomme.«
Sie nickte und folgte ihm an die Tür. Sie presste die Lippen zusammen, als er seine Waffe zog. Diese Bewegung holte sie in die Realität zurück. Es war eine weniger aus der Praxis als aus dem Instinkt heraus geschmeidige Bewegung. Zehn Jahre bei der Polizei, erinnerte sie sich. Er hatte schon öfter die Waffe gezogen und geschossen.
Sie wollte ihm nicht sagen, er solle vorsichtig sein. Das waren nutzlose Worte.
»Ich sehe mich draußen um. Schließen Sie die Tür hinter mir ab.«
Verschwunden war der entspannte Mann, der sie in eine Umarmung gelockt hatte. Ein Blick in sein Gesicht, und sie konnte sehen, dass er ganz Cop war. Sie kriegen andere Augen, dachte sie. Gefühllose Augen. Es gab keinen Platz für Emotionen, wenn man eine Waffe in der Hand hielt.
»Wenn ich in zehn Minuten nicht zurück bin, rufen Sie 911 an und bitten um Hilfe. Kapiert?«
»Ja.« Sie gab dem Verlangen nach, ihn am Arm zu berühren. Nachdem er hinausgeschlüpft war, schob sie den Riegel vor und wartete.
Er hatte den Mantel nicht geschlossen, und der heftige Wind der ersten Stunden des Tages pfiff durch sein Hemd. Seine Waffe, die sich mit Körperwärme aufgeheizt hatte, lag wie angegossen in seiner Hand. Er wandte den Blick nach rechts, dann nach links und fand die Straße verlassen vor, dunkel, abgesehen von den Lichtinseln der Straßenlampen, die in regelmäßigen Abständen aufgestellt waren. Es war nichts weiter als eine ruhige Vorortgegend, friedlich schlafend in den Stunden vor der Morgendämmerung. Der Nachtwind stöhnte leise in den kahlen Bäumen.
Er zweifelte nicht an Cillas Worten – hätte nicht einmal daran gezweifelt, hätte er nicht selbst einen flüchtigen Blick durch ihr Fenster auf die einsame Gestalt auf dem gegenüberliegenden Bürgersteig erhascht.
Wer immer dort gewesen war, er war jetzt weg, wahrscheinlich schon in dem Moment aufgescheucht, in dem Cilla ihn entdeckt hatte.
Wie um Boyds Gedanken zu unterstreichen, sprang ein oder zwei Querstraßen weiter ein Motor an. Er fluchte, machte sich jedoch nicht die Mühe einer Verfolgung. Bei einem derartigen Vorsprung wäre das die reinste Zeitverschwendung gewesen. Stattdessen ging er einen halben Block in beide Richtungen und umkreiste dann sorgfältig das Haus.
Cilla hatte schon die Hand am Telefon, als er klopfte.
»Alles in Ordnung. Ich bin es, Boyd.«
Mit drei schnellen Schritten war sie an der Tür. »Haben Sie ihn gesehen?« fragte sie, sobald Boyd eintrat.
»Nein.«
»Er war da. Ich schwöre es.«
»Ich weiß.« Er schloss die Tür selbst wieder ab. »Versuchen Sie sich zu entspannen. Er ist jetzt weg.«
»Entspannen?« In den letzten Minuten hatte sie ausreichend Zeit gehabt, um sich von betroffen zu halb von Sinnen hochzuschaukeln. »Er weiß, wo ich arbeite, wo ich wohne. Wie soll ich mich denn je wieder entspannen? Hätten Sie ihn nicht verscheucht, wäre er womöglich …« Sie fuhr sich mit den Fingern durch die Haare. Sie wagte nicht darüber nachzudenken, was hätte passieren können.
Boyd schwieg einen Moment und beobachtete, wie sie sich langsam und mühevoll unter Kontrolle brachte. »Warum nehmen Sie sich nicht Urlaub und bleiben ein paar Tage zu Hause? Wir sorgen dafür, dass ein Streifenwagen
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