Der gefangene Stern

Bristol zur Strecke gebracht habe?“
    Sie rutschte auf ihrem Sitz herum. „Nein, du hast mir nie erzählt, wie du Big Bill Bristol zur Strecke gebracht hast. Erfindest du das gerade?“
    „Brauche ich nicht.“ Gerade fuhr Jack auf einen Parkplatz mit einem kleinen, von Bäumen gesäumten Teich. „Big Bill war wegen Körperverletzung angeklagt, hatte die Fassung bei einem Pokerspiel verloren und einem Typen die Nase gebrochen. Big Bill ist ungefähr zwei Meter groß, wiegt zweihundertachtzig Pfund und hat Hände, so groß wie Minneapolis. Er verliert nicht gern. Das weiß ich selbst am besten, weil ich gelegentlich ein Spielchen mit ihm gewagt habe.“
    „Ach, Jack, ich kann es kaum erwarten, deine Freunde kennenzulernen.“
    Er warf ihr nur einen kurzen Blick zu. „Wie auch immer, Ralph hat seine Kaution bezahlt, aber Big Bill hörte von einem Pokerspiel in Jersey, das er auf keinen Fall verpassen wollte. Das Gesetz mag so was gar nicht, weder Glücksspiele noch Kautionsflüchtlinge. Darum wurde die Kaution einbehalten, und Bill stand auf der Gesuchtenliste.“
    „Und du hast ihn gesucht.“
    „Ganz genau. Es hätte ganz einfach sein sollen. Herausfinden, wo dieses Spiel stattfindet, Bill daran erinnern, dass er vor Gericht zu erscheinen hat, und ihn zurückbringen. Stattdessen gewann er ein ansehnliches Sümmchen in Jersey und machte sich auf den Weg zu einem anderen Spiel. Er hatte eine Glückssträhne und fuhr von Spiel zu Spiel, durch das ganze Land.“
    „Mit Jack Dakota, Kopfgeldjäger, immer dicht auf den Fersen.“
    „Auf den Fersen zumindest. Ich fuhr kreuz und quer durch den Nordosten und nahm an allen möglichen Pokerspielen teil.“
    „Wie viel hast du verloren?“
    „Nicht der Rede wert.“ Er erwiderte ihr Grinsen. „Irgendwann kam ich gegen Mitternacht in Pittsburgh an. Ich wusste, dass dort ein Spiel stattfinden sollte, konnte aber weder mit Geld noch mit Drohungen herausfinden, wo genau. Ich war nun schon vier Tage hinter Big Bill her, schlief in meinem Auto und spielte Poker mit Typen, die Bats oder Fast Charlie hießen. Ich war müde, schmutzig und hatte nur noch hundert Dollar in bar. Also ging ich in eine Kneipe.“
    „Was auch sonst.“
    „Ich erzähle diese Geschichte, okay?“ Er zog sie kurz am Haar. „Hatte die Kneipe instinktiv ausgewählt, keine Absicht, kein Gedanke, kein Plan. Und rate mal, wer im Hinterzimmer saß?“
    „Warte mal … hm … nicht etwa zufällig Big Bill Bristol?“
    „Höchstpersönlich. Geduld und Logik hatten mich nach Pittsburgh geführt, aber purer Instinkt sorgte dafür, dass ich in diese Kneipe ging.“
    „Wie hast du ihn dazu gebracht, mit dir zurückzukommen?“
    „Es gab mehrere Möglichkeiten. Einen Stuhl auf seinem Kopf zu zertrümmern, aber das hätte ihn vermutlich nur verärgert. An sein Gewissen zu appellieren und ihn daran zu erinnern, dass er Ralph etwas schuldete, hätte ihn einen Dreck geschert. Er hatte noch immer diese Glückssträhne. Darum bestellte ich mir einen Drink und gesellte mich zu den Jungs. Nach ein paar Stunden erläuterte ich Bill die Situation und appellierte auf ganz andere Weise an sein Gewissen. Ich forderte ihn zu einem Spielchen heraus. Sollte ich gewinnen, müsste er mit mir kommen, wenn er gewann, würde ich verschwinden.“
    „Und du hast gewonnen?“
    „Ja, habe ich. Natürlich hatte ich ein Ass im Ärmel versteckt, aber Big Bill war nicht eben der Klügste.“
    „Du hast falsch gespielt?“
    „Klar. Das war der beste Weg in dieser Situation, und am Ende waren alle glücklich.“
    „Alle, bis auf Big Bill.“
    „Nein, er auch. Er hatte einen guten Lauf gehabt und genug Geld gewonnen, um dem Typ, dem er die Nase gebrochen hatte, Schmerzensgeld zu bezahlen. Die Klage wurde fallengelassen. Kein Problem.“
    Neugierig reckte sie das Kinn. „Und was hättest du getan, wenn er nicht friedlich mit dir zurückgekommen wäre?“
    „Dann hätte ich ihm den Stuhl über den Kopf gezogen und gehofft zu überleben.“
    „Ganz schön spannend dein Leben, Jack.“
    „Mir gefällt es. Und die Moral von der Geschichte ist, dass man immer die Augen offenhalten muss, und sollte man mit Logik einmal nicht mehr weiterkommen, dann folgt man seinem Instinkt.“ Nach diesen Worten griff er in seine Hosentasche und holte den Diamanten heraus. „Der zweite Stein symbolisiert Weisheit.“ Ihre Blicke trafen sich. „Was weißt du, M.J.?“
    „Ich verstehe nicht.“
    „Du weißt, wie deine Freundinnen sind, M.J. Du