Der gefangene Stern
Parfümhersteller hat sich in sie verknallt und speziell für sie diesen Duft entworfen. Ich kann sie noch immer riechen.“
„Gut.“ Auch Jack roch das Parfüm, einen sehr erotischen Duft mit wildem Unterton. „Vielleicht ist sie zum Einkaufen in den Ort gefahren.“
„Nein. Dann hätte sie nicht abgeschlossen. Sie sagt immer, wie angenehm es sei, dass sie hier niemals abschließen müsse. Das tut sie nur, wenn sie für mehrere Tage weggeht. Bailey ist nicht hier. Grace ist nicht hier, und sie hat in nächster Zeit offensichtlich auch nicht vor zurückzukommen. Wir haben sie verpasst.“
„Also zurück nach Potomac?“
Traurig schüttelte sie den Kopf. Die Schmerzen in ihrer Brust waren fast unerträglich geworden, als ob gierige Hände ihr Herz und ihre Lungen umklammert hielten. „Sie würde am Vierten Juli niemals in der Stadt bleiben. Zu viel Verkehr, zu viele Touristen. Darum war ich ja so sicher, dass sie mindestens bis morgen hier ist.“
„Nun, das bedeutet nur, dass sie irgendwann irgendwo wieder auftauchen wird.“ Er machte einen Schritt auf sie zu, doch als er ihre glühenden Wangen sah, blieb er abrupt stehen wie ein Mann, der gegen eine Glasscheibe gelaufen ist. „Was tust du denn da? Weinst du etwa?“ Aus seiner Stimme klang blanker Horror.
Schützend schlang M.J. die Arme um ihren Oberkörper. All die Anspannung und Aufregung der letzen Stunden lösten sich und stürzten sie in tiefste Verzweiflung.
„Ich will, dass du damit aufhörst. Sofort. Das meine ich ernst. Rumheulen hilft uns jetzt auch nicht weiter.“ Vor allem half es ihm nicht weiter. Es machte ihm Angst, und er fühlte sich dumm und tollpatschig.
„Lass mich einfach allein“, sagte sie, dann brach sie in Schluchzen aus. „Geh weg.“
„Genau das werde ich tun. Wenn du nicht aufhörst, gehe ich. Im Ernst. Ich werde hier nicht herumstehen und dir beim Heulen zusehen. Reiß dich zusammen. Hast du denn gar keinen Stolz?“
Momentan war mangelnder Stolz ihr geringstes Problem. Sie legte die Stirn an die Fensterscheibe und ließ den Tränen freien Lauf.
„Ich gehe, M.J.“, knurrte Jack, bevor er sich zur Tür umdrehte. „Ich genehmige mir einen Drink und eine Dusche. Wenn du dich wieder unter Kontrolle hast, überlegen wir, was wir als Nächstes tun.“
„Dann geh doch. Geh einfach.“
Bis zur Schwelle schaffte er es, dort fluchte er laut und drehte sich um. „Ich kann so was nicht brauchen“, schimpfte er.
Er hatte keine Ahnung, wie man mit einer weinenden Frau umging, vor allem nicht mit einer so starken Frau, die offenbar am Ende ihrer Kräfte war. Wieder fluchte er, zog sie in die Arme und hörte auch nicht auf zu schimpfen, als er sie hochhob und sich mit ihr zusammen in einen Sessel sinken ließ.
Jack fluchte und schaukelte und streichelte.
„Hör jetzt auf.“ Tröstend küsste er ihre Schläfe. „Bitte. Du bringst mich um.“
„Ich habe Angst.“ Sie drückte das Gesicht an seine Schulter. An seine starke, breite Schulter. „Ich bin so müde und habe solche Angst.“
„Ich weiß.“ Er küsste sie aufs Haar und drückte sie fester an sich. „Ich weiß.“
„Ich könnte es nicht ertragen, wenn ihnen irgendetwas passiert ist. Ich könnte es einfach nicht ertragen.“
„Nicht.“ Mit den Lippen strich er über ihre Wange. „Alles wird gut. Alles wird wieder gut.“ Unbeholfen wischte er mit den Daumen ihre Tränen weg. „Das verspreche ich dir.“
Mit tränennassen Augen starrte sie ihn an. „Ich war einfach so sicher, dass sie hier sind.“
„Ich weiß.“ Er strich ihr das Haar aus der Stirn. „Und du hast das Recht, zu weinen. Ich kenne niemanden, der tapferer gewesen wäre als du. Aber jetzt hör auf, M.J. Es zerreißt mich.“
„Ich hasse es, zu weinen.“ Sie schniefte.
„Das höre ich gern. Sieh es doch mal so. Sie war heute hier, vielleicht sogar bis vor einer Stunde. Sie hat aufgeräumt und die Türen und Fenster verriegelt. Was bedeutet, dass es ihr gut ging.“
Zitternd atmete sie aus. „Du hast recht. Ich kann nicht mehr klar denken.“
„Weil du eine Pause brauchst. Etwas Anständiges zu essen und Ruhe.“
„Ja.“ Aber sie legte den Kopf wieder an seine Schulter. „Können wir einfach noch eine Weile hier sitzen? Einfach nur hier sitzen?“
„Klar.“ Und zu seiner großen Überraschung war es gar nicht schwer, die Arme um sie zu schlingen, sie fest an sich zu drücken und einfach nur so dazusitzen.
10. KAPITEL
B ei dem Feiertagsverkehr zurück in die
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