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Der Gefangene von Zhamanak

Titel: Der Gefangene von Zhamanak Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lyon Sprague de Camp
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Schlüssel hingen. Arraj hängte den großen Eingangstürschlüssel an einen der Haken und den kleineren Bürotürschlüssel an einen anderen. Mjipa sah, dass an denselben Haken schon ähnliche Schlüssel hingen, offenbar Duplikate.
    Arraj kramte in einer Truhe nach Papieren und entrollte ein großes Pergament auf einem niedrigen Tisch. »Hier«, erklärte er, »seht Ihr die Originalzeichnung vom Plan des Turms. Beachtet die Dicke der unteren Wand. Wie Ihr wisst, können wir nicht mit Sicherheit voraussagen, wann wir das Gewölbe des Himmels durchstoßen. In einem halben Regaku Höhe? Oder in einem Regaku Höhe? Oder erst nach zwei Regakit? Derhalben mussten wir dem Sockel gewaltige Dicke verleihen, auf dass er dem Gewicht eines Turmes von solch außerordentlicher Höhe standzuhalten vermag. Wenn Ihr mir nun bitte folgen wollt, will ich Euch ein paar besondere Charakteristika in der Konstruktion des Turmes zeigen …«
    Der kleine Baumeister schritt voran durch die Tür. Vor dem Hinausgehen nahm Mjipa rasch einen der Eingangstorschlüssel vom Haken und steckte ihn in seine Tasche. Da Arraj ihm den Rücken zugedreht hatte, merkte er nichts davon.
    Mjipa entdeckte sehr rasch, dass das Problem bei dem Baumeister nicht darin lag, ihn zum Reden zu bewegen, sondern darin, ihn wieder zum Aufhören zu bringen, wenn er einmal angefangen hatte. Die Krishnaner waren insgesamt ein geschwätziges Völkchen, und in Arraj schien der Konsul das redseligste Exemplar von allen angetroffen zu haben. Der flinke Greis scheuchte Mjipa treppauf und treppab, auf Leitern hinauf und hinunter in unterirdische Krypten, ununterbrochen auf ihn einschwallend: »… und beachtet, Meister Mjipa, die Neigung der Fenster. Der Turm soll nämlich, abgesehen von seiner eigentlichen Bestimmung, auch Verteidigungszwecken dienen; daher die geneigten Fenster, welche bestens geeignet sind zum Abschießen von Pfeilen auf Belagerer. Als Beispiel möchte ich den wohlbekannten Zwischenfall zitieren, welcher sich anlässlich der Belagerung von Marinjid im Jahre des Avvals, im neunundvierzigsten Zyklus …«
    Der Besuch, für den Mjipa etwa eine Stunde veranschlagt hatte, dehnte sich bis weit über den Mittag des langen Krishnatages aus. Und der Greis schwatzte unverdrossen weiter, bis Mjipa schließlich versucht war, den Baumeister zu strangulieren, um auch einmal zu Wort zu kommen.
    Als sie an der leeren Werkzeugkammer vorbeikamen, die Mjipa bei seinem früheren Besuch schon gesehen hatte, blieb er kurz stehen und testete die Tür. Sie öffnete sich nach außen und war auf der Außenseite lediglich von einem simplen Fallriegel gesichert.
    Schließlich, nach einer halben Ewigkeit, hatte Arraj sein Pulver verschossen. Mjipa griff die Gelegenheit beim Schopf, bedankte sich überschwänglich und verabschiedete sich.
    Als er zum Gasthof zurückkehrte, sah er zu seiner Überraschung auf der anderen Straßenseite, direkt gegenüber vom Gasthof, Kuimaj, den mutabwkianischen Herold, zusammen mit einer Gruppe ihm unbekannter, derb ausschauender Khaldonier stehen.
    Als Mjipa zu Kuimaj hinüberblickte, lächelte letzterer drohend und rief: »Ich habe Euch gewarnt, Terraner!« Mjipa war froh, dass er diesmal sein Schwert bei sich trug.
    Im Gasthof erfuhr Mjipa, dass das Mittagessen, das von Irants’ Frau und seiner Tochter gekocht wurde, bald fertig sein würde. Er ging auf sein Zimmer und begann eine Liste zusammenzustellen. Lange Minuten saß er da und starrte vor sich hin, angestrengt nachdenkend, bemüht, jedes auch noch so geringe Detail, jede Eventualität zu bedenken, und was er benötigen würde, um sie zu bewältigen. Minyev fragte von der anderen Seite des Raums:
    »Was, heute keinen Trunk vor dem Mahl, Herr?«
    »Nein, jetzt nicht«, sagte Mjipa. »Ich muss nachdenken.«
    Der Gong ertönte, der zum Mittagessen rief. Als Mjipa hinunterging, saß Alicia schon am Tisch. »Na, meine Teure«, begrüßte er sie, »wie hast du denn so den Vormittag herumgekriegt?«
    »Mit Waschen. Und du? Ich nehme an, du warst draußen und hast versucht, deinen Männlichkeitsrekord zu brechen?«
    »Großer Gott, nein! Ich war drüben im Turm …«
    »Ich habe auch bloß Spaß gemacht.«
    »Lass das besser. Bei dem Thema reagiere ich leicht gereizt.«
    »Okay, Percy. Was ist das für eine Liste?«
    »Das sind Sachen, die Minyev für mich besorgen soll. Ich brauche deine Hilfe, sie ins Khaldoni zu übersetzen.«
    Mjipa gab Minyev einen Streifen Papier, und dann diktierten er und Alicia.

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