Der Gefangene von Zhamanak
bin, ich werde eben meine Befangenheit eine Weile verdrängen müssen. Ein ganz so verdammter Idiot bin ich nämlich nicht, musst du wissen. Ich befürchte nur, dass ich es beim besten Willen nicht hinkriegen werde, aus mir einen echten Krishnaner zu machen.«
»Was stelle ich mit meinen Ohren an?« fragte Alicia.
»Beim Zeus, das hätte ich fast vergessen! Ich will mal sehen, ob ich da aus dem einheimischen Pappmache irgendwas basteln kann.« Er gähnte so heftig die Tür an, dass ihm die Tränen in die Augen traten. »Das Bad wird noch eine Weile warten müssen. Weck mich in zwei oder drei Stunden auf, dann probieren wir’s mal.«
Nach dem Mittagessen mischten sie Farben und probierten das Resultat an unverfänglichen Stellen auf Alicias Haut und Haaren aus. Bei den Haaren erwies sich das Experiment als totaler Fehlschlag. Die Haare pappten zu klebrigen Strähnen zusammen, so dass es selbst einem Blinden aufgefallen wäre, dass es keine echten Krishnanerhaare waren.
»So eine scheußliche Schweinerei!« rief Alicia, als sie das Resultat im Spiegel beguckte. Wütend wischte sie sich eine Träne aus dem Auge.
»Sieht so aus, als müssten wir nun doch eine Zhamanakianerin aus dir machen und alles abrasieren.«
»Oh, Percy! Welch schrecklicher Gedanke! Es wird wahrscheinlich dunkel nachwachsen. Und ich war immer so stolz auf mein Haar!«
»Wir haben erstklassige Färbemittel in Novo; Sivird führt ein Riesensortiment. Weißt du was Besseres?«
Sie dachte eine Weile nach. »Ich fürchte, nein. Na ja, bis wir in Novo ankommen, wird es ja schon wieder ein Stückchen nachgewachsen sein.«
»Du musst dir aber das Schamhaar auch abrasieren. Krishnaner haben nämlich keins.«
»Ich werde den neuen Kilt, den ich mir gekauft habe, anziehen müssen, um meinen Bauchnabel zu verbergen. Krishnaner haben nämlich keinen. Also lassen wir meine Muschi schön so, wie sie ist.«
»Aber dann gehst du nicht als echte Zhamanakianerin durch. Sie hassen nämlich Kleider. Hüte und Schuhe sind erlaubt, aber der gesamte Teil dazwischen ist tabu.«
»Dann kann ich es nicht ändern. Ich erzähle einfach, ich wäre für immer nach Kalwm gezogen und würde mich bemühen, mich den hiesigen Sitten und Bräuchen anzupassen. Okay, verdammt noch mal, dann mach schon und schneid mir die Haare! Ich hasse dich dafür. Ich habe meine Haare so geliebt!«
Als Mjipa Schüssel, Seife und Rasiermesser bereit machte, fügte sie hinzu: »Und was machen wir mit dir? Du hast selbst gesagt, niemand würde dir je den Krishnaner abkaufen, selbst wenn du dich rasierst und anmalst.«
»Das erste Mal in meinem Leben, dass ich bedaure, ein Angehöriger der edlen negroiden Rasse zu sein. Vielleicht sollte ich auf allen vieren gehen, an einer Leine. Du könntest ja erzählen, ich wäre ein Monster aus dem Dschungel von Aurus.«
»Wart mal«, sagte Alicia. »Ich glaub, ich weiß was. Ja, ich hab’s! Wir verwandeln dich in einen geschwänzten Krishnaner. Die auf Za werden manchmal ziemlich groß.«
»Und wie, mein teures Täubchen, stellst du dir das vor? Soll ich mir ganz schnell einen Schwanz wachsen lassen?«
»Ach was, wir basteln dir einen! Du hast doch Socken in deinem Gepäck, oder?«
»Na klar; drei Paar. Ich trage sie zwar in diesem Klima nicht, aber eingepackt habe ich welche.«
»Wir stopfen sie aus, und ich nähe sie zusammen. Ich kann den Schwanz an der Innenseite deines Kilts befestigen, so dass er hinten runterbaumelt. Du brauchst dann bloß noch ein bisschen vornübergebeugt zu gehen, wie die Geschwänzten es auch tun.«
»Welch schierer Genius! Ich klettere den terranischen Familienstammbaum rauf und bin dein ergebener Affensklave. Mein Lohn soll eine Banane pro Tag sein. Aber bilde dir nicht ein, dass du damit ein Dauerbesitzrecht auf mich erwirbst!«
Die sinkende Sonne sah eine höchst bemerkenswerte Riege aus Irants’ Gasthof ausrücken. Angeführt wurde die Prozession von einer zhamanakianischen Dame von Stand, gewandet in einen Kilt und Sandalen, ansonsten jedoch nackt. Ihr Kopf war kahlgeschoren. Ihre Haut war von einem mittleren Braun mit einem leicht grünlichen Stich, kunstvoll verziert mit roten und schwarzen Streifen und Kringeln.
Lange federartige Antennen sprossen ihr aus der Nasenwurzel. Letztere waren das Ergebnis hingebungsvoller Bastelarbeit, ausgeschnitten mit Alicias Nähschere aus dem Papier, das Minyev mitgebracht hatte, und befestigt mit einem Klebstoff, den Mjipa aus Badr-Mehl und Wasser angerührt hatte.
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