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Der Gefangene von Zhamanak

Titel: Der Gefangene von Zhamanak Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lyon Sprague de Camp
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khaldonische Begriff für ein Baumtier, dass bei den Krishnanern den gleichen Stellenwert einnahm wie der Affe bei den Menschen.
    »Nicht betrunken!« nuschelte Mjipa. »Nur ein bisschen – hicks – fröhlich! Ich möchte – hicks – dass alle fröhlich sind. Auch einen Schluck?« Er hielt den Wächtern eine Flasche hin.
    Die Krishnaner tauschten einen unsicheren Blick aus. Einer sagte: »Vielleicht sollten wir besser nicht, im Dienst …«
    »Ach, ein winziger Schluck wird schon nichts schaden«, meinte der andere. »Komm, zeig mal, was du da für ein Fläschchen hast. Für einen Affen bist du ein wirklich netter Bursche!«
    Er setzte sich die Flasche an den Mund und legte den Kopf in den Nacken. »Ho!« rief der andere Wächter. »Du hast mindestens drei Schlucke genommen! Jetzt bin ich an der Reihe!«
    »Ich dachte, du wolltest nichts mit dem Stoff zu tun haben«, frotzelte der erste Wächter und reichte seinem Kollegen die Flasche. Er wischte sich mit dem Handrücken den Mund ab. »Sag mal, Affe, wie bist du an solch einen guten Tropfen gekommen?«
    Mjipa blinzelte, wie verschwörerisch mit dem Auge und wedelte mit dem Zeigefinger vorm Gesicht. »Stellt mir keine Fragen, und ich erzähle euch keine Lügen!«
    »Von seinem Herrn gestohlen, möchte ich wetten. Aber deshalb schmeckt er nicht minder gut. Heh, Vichum, gib mir die Flasche zurück, ehe du sie ganz austrinkst!«
    Es dauerte nicht lange, und die Flasche Kvad war leer. Es handelte sich hierbei indes um einen ganz besonderen Kvad. Mjipa hatte ihn nämlich mit einem Schlafmittel abgeschmeckt, das er auf dem Weg vom Schiff bei einem Apotheker gekauft hatte, unter dem Vorwand, sein Herr leide an Schlaflosigkeit.
    »Woher kommst du, Affe?« fragte der erste Wächter.
    »Von der Insel Za, Herr. Aber meine Herrschaft reist viel.«
    »Hattest du keine Abenteuer, die du uns erzählen könntest? Wir würden gern ein paar spannende Geschichten hören. Das Leben in Kalwm ist sehr langweilig; hier ereignet sich nie etwas.«
    »Nun, ich könnte schon ein wenig Garn spinnen …« Mjipa überlegte kurz und hub zu einer Geschichte an, die eine verblüffende Ähnlichkeit mit der Nibelungensage aufwies und in der er, Mjipa, den Part des nordischen Helden Siegfried ausfüllte.
    Eine halbe Stunde später lehnten die beiden Nachtwächter friedlich schnarchend am Ziegelgemäuer des Turms. Mjipa öffnete die Tür mit seinem Schlüssel und schlüpfte hinein.

 
8
     
    Verstrickung
     
    M jipa zog sanft die beiden Flügel des Portals hinter sich zu. Dann wartete er einen Moment, bis sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, die lediglich durch das schwache Abendlicht ein klein wenig gemildert wurde, das durch die Fensteröffnungen weiter oben im Gemäuer hereinfiel. Nach ein paar Minuten konnte er den Fuß der Wendeltreppe ausmachen. Er steuerte auf die Treppe zu, stolperte über ein unsichtbares Hindernis und rieb sich leise fluchend den schmerzenden dicken Zeh.
    Dann erreichte er die Treppe und stieg, alle Sinne aufs äußerste gespannt, langsam hinauf, behutsam Stufe um Stufe ertastend. Seine Hand ruhte am Schwertgriff, bereit, sofort die Klinge herauszureißen, falls irgend jemand im Schutze der Dunkelheit auf ihn lauerte. Irgendwo zirpte ein krishnanischer Arthropode seinen Paarungsruf, ganz wie es seine irdischen Grillenvettern des Abends zu tun pflegten.
    Im dritten Stockwerk angelangt, tastete er sich vorsichtig an der Wand der Galerie entlang, bis er an die Tür der Werkzeugkammer kam. Er klopfte dagegen und rief leise: »Doktor Isayin! Macht auf!«
    Nichts regte sich. Mjipa klopfte fester und wiederholte seinen Ruf lauter. Immer noch keine Antwort. Mjipa schoss der Gedanke durch den Kopf, dass der Gelehrte vielleicht entdeckt und fortgeschleppt oder getötet war oder dass er einer plötzlichen Krankheit erlegen war.
    Als sich auch auf ein erneutes Klopfen und Rufen hin nichts tat, zückte Mjipa seinen Dolch, schlug mit dem Griff gegen die Tür und hob seine Stimme fast auf Ruflautstärke: »Doktor Isayin! Aufmachen!«
    Es blieb totenstill. Mjipa spitzte die Ohren und lauschte in die Dunkelheit hinein. Von unten hallte leise das Zirpen des Arthropoden herauf. In der Ferne hörte der Konsul schwache Laute einer nächtlichen Stadt: einen fernen Ruf, das Rumpeln eines beladenen Karrens, ein paar leise Takte Tanzmusik. Doch nichts deutete auf die Anwesenheit anderen intelligenten Lebens im Turm hin.
    Mjipa begann den Türrand nach irgendeinem Anhaltspunkt

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