Der Gefangene von Zhamanak
sie aus der Kampflinie nach hinten gezerrt.
»Gebt mir den Hammer!« befahl Mjipa Isayin. »Wenn ich ihn werfe, greifen wir an. Haltet Euch hinter mir und passt auf, dass Ihr mich nicht versehentlich aufspießt. Seid Ihr bereit?«
Mjipa holte aus und schleuderte den Hammer in das Gewühl der Kämpfenden. Der Hammer segelte über die Köpfe der Zhamanakianer hinweg und traf den Fackelträger an der Brust. Der Schlag erschreckte ihn so sehr, dass er die Fackel fallen ließ. Die Flamme erlosch sofort.
Mjipa nutzte die Verwirrung, die die plötzliche Dunkelheit hervorgerufen hatte, vorwärtszuhumpeln und zwei Zhamanakianer zu durchbohren, ehe sie überhaupt bemerkt hatten, dass er hinter ihnen war. Es schien, als hätten alle Kämpfenden schlagartig voneinander abgelassen, aus Angst, in der Dunkelheit aus Versehen einen ihrer eigenen Leute zu töten. Alles schrie wild durcheinander bei dem Versuch, einander zu identifizieren; dazwischen brüllten Verar und Kuimaj konfuse Befehle.
Zwischen ihnen bewegte sich Mjipa wie ein halb unsichtbarer Rachegott. Nur die Schreie und das Röcheln der Krishnaner, die er mit dem Schwert niedermachte, markierten seinen Pfad. Ohne diese verdammte braune Farbe, dachte er grimmig, könnten sie mich überhaupt nicht sehen. Da er keine Angst zu haben brauchte, einen von seiner eigenen Seite zu verletzen, schlug und stach er nach jeder verschwommenen Gestalt, die ihm in die Quere kam.
»Alicia!« brüllte Mjipa. »Wo bist du?«
»Hier drüben!« schrie eine Frauenstimme. »Zwei halten mich fest.«
Als Mjipas Augen sich wieder an die Dunkelheit gewöhnt hatten, entdeckte er Alicia. Sie stand hinter dem Gewühl zwischen zwei Krishnanern, die sie umklammert hielten. Die zwei Mutawbkianer hatten ihre Schwerter zurück in die Scheide gesteckt, um die Arme zum Festhalten ihrer Gefangenen frei zu haben. Als Mjipa auf sie zugehumpelt kam, ließ einer von ihnen Alicia los, um seine Waffe zu ziehen, ein Halbschwert; aber Mjipa spießte ihn auf, ehe er sie heraus hatte.
Alicia drehte sich um und rammte dem anderen das Knie in den Unterleib. Er krümmte sich zusammen, ließ sie aber nicht los. Isayin, der hinter Mjipa herangeschnauft kam, stieß mit seiner Pike nach dem Krishnaner, verfehlte ihn jedoch und traf statt dessen Alicia. Die Schneide ratschte über ihre nackten Rippen; sie stieß einen gellenden Schmerzschrei aus.
Mjipa holte mit seinem Schwert aus, um dem Krishnaner den Garaus zu machen. Doch der ließ Alicia blitzschnell los und sprang zurück; der Schlag ging ins Leere. Mjipa packte Alicias Arm. »Los, schnell weg hier!«
»Sie fliehen!« brüllte jemand in der Dunkelheit. Irgendeine Hand packte Mjipas Schwanz, der sich, für eine derart rüde Behandlung nicht geschaffen, mit dem Geräusch zerreißenden Stoffs verabschiedete.
»Lauft!« schrie Mjipa. Die drei galoppierten und stolperten, über die Galerie, Mjipa auf einem Bein hüpfend, das verwundete Bein hinter sich herziehend. Sie erreichten den Treppenabsatz, wo die Treppe von unten den Boden der Galerie durchbrach und weiter nach oben führte.
»Nach unten!« keuchte Mjipa. Als die drei gerade die ersten Stufen genommen hatten, drangen erneut von unten Schritte und das Licht von Fackeln herauf. Gleich darauf tauchte eine weitere Gruppe von Krishnanern auf der Treppe auf, angeführt von zwei Laternenträgern. Der glänzende Widerschein des Lampenlichts auf ihren vergoldeten Sandalen, auf ihren Kilts und ihrer Körperhaltung wies sie als Vuzhovs Gardisten aus. Sie kamen mit hastigen Schritten die Treppe herauf.
»Wieder hoch!« ächzte Mjipa, machte kehrt und humpelte mühsam die Treppe hinauf. Als die Kalwmianer den Treppenabsatz auf dem dritten Stockwerk erreichten, waren Mjipa und seine Gefährten schon auf dem Weg zum vierten Stock und außer Sicht. Ein kalwmianischer Offizier brüllte:
»Was geht hier vor? Lasst eure Waffen fallen, Halunken!«
Die Wendeltreppe führte bis hinauf zum fünften Stockwerk, welches mit einer durchgehenden Zwischendecke versehen war. Da die Bauarbeiten über den fünften Stock hinaus gerade erst begonnen hatten, war die Zwischendecke dieses Stockwerks, das nach oben hin noch offen war, gegen die Witterung durch eine hölzerne Klappe über der Treppenluke geschützt. Ein kräftiger Stoß von Mjipa ließ die Klappe auffliegen und erlaubte den dreien den Durchschlupf auf den Boden des fünften Stockwerks.
Mjipa blieb kurz stehen und lauschte nach unten; aber es gab keine Anzeichen dafür,
Weitere Kostenlose Bücher