Der Gefangene
unterhalten konnten. Ihr Streit war vergessen; Dennis hatte Ron davon überzeugen können, dass er ihn nicht verraten hatte.
Cindy Mclntosh behauptete, sie sei nah genug an die beiden herangekommen, um ihr Gespräch belauschen zu können, und informierte die Polizei, dass sie das Gewünschte habe. Mclntosh zufolge hatten Fritz und Williamson über einige Fotos gesprochen, die in der ersten Voruntersuchung eingereicht worden waren. Ron war ja nicht dabei gewesen, und angeblich habe er wissen wollen, was Dennis gesehen habe. Die Fotos zeigten den Tatort, und Ron habe Dennis gefragt: »Lag sie (Debbie Carter) auf dem Bett oder auf dem Boden?«
Auf dem Boden, habe Dennis erwidert.
Für die Polizei war das ein eindeutiger Beweis dafür, dass beide Männer in der Wohnung gewesen waren und die Vergewaltigung und den Mord begangen hatten. Bill Peterson ließ sich schnell überzeugen. Am 22. September beantragte er, Cindy Mclntosh als Zeugin der Anklage in das Verfahren aufzunehmen.
Der nächste Spitzel war James Riggins, dessen Karriere allerdings sehr kurz war. Nachdem man ihn aus der Strafanstalt herausgeholt hatte, damit er sich einer Anklage in Pontotoc County stellen konnte, brachte man Riggins eines Abends wieder in seine Zelle, wobei er an einer anderen Zelle vorbeikam. Er hörte, wie jemand möglicherweise Ron -dort zugab, Debbie Carter getötet zu haben, und sagte, dass in Tulsa zwei Anklagen wegen Vergewaltigung gegen ihn gelaufen seien und er bei der Anklage wegen Mordes genauso ungeschoren davonkommen werde wie zuvor bei den Vergewaltigungen. Riggins konnte keine Angaben darüber machen, wem gegenüber Ron das alles zugegeben haben soll, aber in der Welt der Spitzel waren solche Details nebensächlich.
Etwa einen Monat später überlegte Riggins es sich anders. Bei einer Befragung durch die Polizei sagte er aus, er habe sich geirrt, und der Mann, dessen Geständnis er gehört habe, sei nicht Ron Williamson, sondern Glen Gore gewesen.
In Ada waren Geständnisse ansteckend. Am 23. September meldete sich ein junger Drogenabhängiger namens Ricky Joe Simmons bei der Polizei und verkündete, er habe Debbie Carter getötet und wolle jetzt darüber reden. Dennis Smith und Gary Rogers hatten keinerlei Schwierigkeiten damit, einen Videorekorder aufzutreiben, und Simmons fing an, seine Geschichte zu erzählen. Er gab zu, dass er seit Jahren Drogen genommen habe, am liebsten eine hausgebraute Speedmischung, die unter anderem aus Batteriesäure bestehe. Er sagte, er sei jetzt endlich von seiner Sucht losgekommen und habe Gott gefunden. An einem Abend im Dezember des Jahres 1982 - er war nicht sicher, ob es tatsächlich 1982 gewesen war - habe er in der Bibel gelesen und anschließend aus irgendeinem seltsamen Grund begonnen, zu Fuß durch Ada zu gehen. Dabei habe er ein Mädchen getroffen, vermutlich Debbie Carter. Aber er war sich nicht sicher und erzählte mehrere widersprüchliche Versionen darüber, wie er und das Mädchen zusammengekommen waren. Vielleicht habe er sie vergewaltigt, vielleicht auch nicht. Außerdem war er der Meinung, sie mit den Händen erwürgt zu haben. Nach der Tat habe er gebetet und sich in der Wohnung seines Opfers übergeben.
Stimmen hätten ihm gesagt, was er tun solle. Die Details waren unklar, und irgendwann sagte Simmons: »Es schien wie ein Traum gewesen zu sein.« Seltsamerweise ließ Smith und Rogers die Aussicht auf ein weiteres Traum-Geständnis kalt.
Als Simmons gefragt wurde, warum er fast fünf Jahre mit seinem Geständnis gewartet habe, konnte er erklären, dass der Klatsch und Tratsch, der in letzter Zeit in der Stadt umlief, ihm dabei geholfen hätten, sich wieder an jenen verhängnisvollen Abend 1982 oder vielleicht auch 1981 zu erinnern. Aber er konnte sich beim besten Willen nicht daran entsinnen, wie er in Debbies Wohnung gekommen war, wie viele Zimmer es dort gab oder in welchem Zimmer er sie getötet hatte. Dann fiel ihm plötzlich die Ketchupflasche ein, und dass er einige Wörter an die Wand geschmiert hatte. Später sagte er, ein Arbeitskollege habe die Details des Verbrechens erwähnt. Simmons behauptete, nicht mehr drogenabhängig und bei seinem Geständnis völlig nüchtern gewesen zu sein, doch für Smith und Rogers war klar, dass der Speedkonsum Folgen gehabt hatte. Sie glaubten kein Wort von dem, was Simmons erzählte. Obwohl das Geständnis genauso viele Unstimmigkeiten enthielt wie das von Tommy Ward, verfehlte es seine Wirkung auf die Detectives.
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