Der Gefangene
Williamson, Sie haben gestern den Wunsch geäußert, bei diesem Termin nicht anwesend zu sein.«
»Ich will nicht hier sein«, sagte Ron. »Ich habe nichts zu tun mit diesem Mord. Ich habe niemals ... ich weiß nicht, wer sie umgebracht hat. Ich weiß überhaupt nichts darüber.«
»Gut. Ihr Verhalten und Ihr Stören ... Sie können Ihr Recht auf Anwesenheit zurückerlangen, aber Sie müssen versprechen und willens sein, nicht zu stören oder sich ungebührlich zu verhalten. Sie müssen das tun, um Ihr Recht wiederzuerlangen. Möchten Sie anwesend sein?«
»Nein, ich möchte nicht hier sein.«
»Sie verstehen, dass Sie das Recht haben, hier zu sein und sich die Aussagen der Zeugen anzuhören?«
»Ich möchte nicht hier sein. Was auch immer Sie hier alle tun, ich kann doch nichts daran ändern. Ich hab es satt, mich darüber aufzuregen. Es macht mich fertig; ich will einfach nicht hier sein.«
»Gut, es ist Ihre Entscheidung. Sie möchten nicht anwesend sein?«
»Das ist richtig.«
»Sie erklären also hiermit im Sinne der Verfassung Ihren Verzicht auf das Recht, den Zeugen gegenüberzutreten?«
»Ja. Sie alle können mich anklagen wegen etwas, was ich nicht getan habe. Sie alle können tun, was Sie wollen.« An Gary Rogers gewandt, fuhr Ron fort: »Sie machen mir Angst. Sie können mich anklagen, nachdem Sie mich viereinhalb Jahre schikaniert haben, Sir. Sie alle können das, weil Sie Macht haben und ich nicht.«
Ron wurde ins Gefängnis zurückgebracht, und die Voruntersuchung wurde mit der Aussage von Dennis Smith fortgesetzt. Es folgte Gary Rogers mit einem langwierigen Bericht über die Ermittlungen, dann sagten die OSBI-Beamten Melvin Hett und Mary Long über die forensischen Untersuchungen aus, respektive Fingerabdruck- und Haaranalyse sowie die Auswertungen von Blut- und Speichelspuren.
Nachdem die Staatsanwaltschaft ihre Beweisführung abgeschlossen hatte, rief Barney zehn Zeugen auf - allesamt Wärter oder ehemalige Vertrauenshäftlinge. Nicht einer von ihnen erinnerte sich an etwas, was auch nur im Entferntesten dem glich, was Terri Holland gehört haben wollte.
Nachdem alle Zeugen ausgesagt hatten, beantragten Barney Ward und Greg Saunders, die Klagen wegen Vergewaltigung fallen zu lassen, weil sie nicht binnen drei Jahren eingereicht worden waren, wie vom Gesetz des Bundesstaates Oklahoma vorgeschrieben. Mord verjährt nie, doch für alle anderen Verbrechen bestehen Verjährungsfristen. Richter Miller erklärte, er werde zu einem späteren Zeitpunkt über den Antrag entscheiden.
Dennis Fritz ging in dem ganzen Hin und Her fast unter. Peterson konzentrierte sich offensichtlich voll auf Ron Williamson, seine Starzeugen - Glen Gore, Terri Holland, Gary Rogers (mit dem Traum-Geständnis) - hatten alle gegen ihn ausgesagt. Der einzige Beweis, der Dennis Fritz entfernt mit dem Mord in Verbindung brachte, war die Aussage über die Haaranalyse von Melvin Hett.
Greg Saunders erinnerte mit allem Nachdruck daran, dass die Beweislast bei der Staatsanwaltschaft liege, die bislang nicht bewiesen habe, dass Dennis Fritz etwas mit dem Mord zu tun habe. Richter Miller ließ sich den Punkt durch den Kopf gehen. Barney stürzte sich ins Getümmel, indem er lautstark beantragte, die Anklage aufgrund der dürftigen Beweislage in allen Punkten fallen zu lassen, und Greg Saunders schloss sich dem Antrag an. Als Richter Miller nicht sofort eine Entscheidung fällte und deutlich wurde, dass er in der Tat die Begründungen der Verteidigung in Erwägung zog, wurde Polizei und Staatsanwaltschaft klar, dass sie zusätzliches Beweismaterial beschaffen mussten. Sachverständige Zeugen genießen bei Geschworenen hohes Ansehen, zumal in kleinen Städten. Wenn die Experten auch noch Staatsdiener sind und als Zeugen der Anklage gegen mutmaßliche Verbrecher aussagen, gelten sie als annähernd unfehlbar. Barney und Greg Saunders wussten, dass die Aussagen der OSBI-Leute über Haar- und Fingerabdruckanalyse alles andere als hieb- und stichfest waren, aber sie brauchten Schützenhilfe, um sie zu widerlegen. Sie würden natürlich die Experten der Staatsanwaltschaft ins Kreuzverhör nehmen und versuchen, sie unglaubwürdig zu machen. Aber sie wussten, dass Verteidiger aus solchen Konfrontationen selten als Sieger hervorgingen. Sachverständige lassen sich schwer festnageln, und Geschworene verlieren rasch den Überblick. Die beste Lösung war es, ein oder zwei Experten in den eigenen Reihen zu haben.
Die Verteidigung stellte
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