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Der Gefangene

Titel: Der Gefangene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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noch daran, dass Gerechtigkeit möglich war und die Wahrheit ans Licht kommen würde.
    In der Voruntersuchung war der einzige wichtige Sieg für die Verteidigung Richter Jones' Entscheidung gewesen, die Angeklagten einzeln vor Gericht zu stellen. Obwohl Bill Peterson gegen die Anträge auf getrennte Verfahren gewesen war, hatte es einen enormen Vorteil, die beiden nacheinander zu verurteilen: Wenn man Dennis Fritz zuerst vor Gericht stellte, würden die Zeitungen sämtliche Details des Prozesses einer höchst beunruhigten und sehr neugierigen Stadt unter die Nase reiben.
    Seit dem Tag des Mordes hatte die Polizei darauf beharrt, dass es zwei Mörder gab, und das erste (und einzige) Paar, das unter Verdacht geraten war, waren Fritz und Williamson. Bei jedem Schritt - Verdacht, Ermittlungen, Beschuldigung, Verhaftung, Anklage, Voruntersuchung - hatte man die beiden miteinander in Verbindung gebracht. Die Kopffotos, die man nach ihrer Verhaftung gemacht hatte, wurden nebeneinander in der Lokalzeitung abgedruckt. Die Schlagzeile hatte wiederholt gelautet: »Williamson und Fritz ...«
    Wenn Bill Peterson im ersten Prozess eine Verurteilung von Fritz erreichen konnte, würden sich die Geschworenen im Prozess gegen Williamson auf ihre Stühle setzen und sofort anfangen, nach Gründen für die Todesstrafe zu suchen.
    In Ada verstand man unter Fairness, Dennis Fritz zuerst zu verurteilen und dann sofort mit dem Prozess gegen Ron Williamson weiterzumachen - derselbe Gerichtssaal, derselbe Richter, dieselben Zeugen und dieselbe Zeitung, die darüber berichtete. Am 1. April, drei Wochen, bevor Rons Prozess beginnen sollte, stellte Frank Baber, sein vom Gericht bestellter zweiter Anwalt, den Antrag, von dem Fall entbunden zu werden. Baber war eine Stelle als Staatsanwalt in einem anderem Bezirk angeboten worden.
    Richter Jones gab dem Antrag statt. Baber konnte gehen. Barney blieb ohne Hilfe zurück - und ohne ein juristisch geschultes Augenpaar, das ihm dabei half, Unterlagen, Beweismittel, Fotos und Zeichnungen durchzugehen, die man vor Gericht gegen seinen Mandanten vorbringen würde.
    Am 6. April 1988, fünfeinhalb Jahre nach dem Mord an Debbie Carter, wurde Dennis Fritz in den brechend vollen Gerichtssaal im ersten Stock des Gerichtsgebäudes von Pontotoc County geführt. Er war frisch rasiert, hatte sich die Haare schneiden lassen und trug seinen einzigen Anzug, den seine Mutter eigens für den Prozess gekauft hatte. Wanda Fritz saß in der ersten Reihe im Zuschauerraum, so nah bei ihrem Sohn wie möglich. Neben ihr hatte ihre Schwester, Wilma Foss, Platz genommen. Die beiden Frau wollten kein einziges Wort des Prozesses verpassen.
    Nachdem man Dennis die Handschellen abgenommen hatte, sah er sich die Gesichter der Anwesenden an und fragte sich, welche der etwa einhundert potenziellen Geschworenen der Jury angehören würden. Wer von den eingetragenen Wählern, die im Zuschauerraum saßen, würde über ihn richten?
    Sein langes Warten war vorbei. Nachdem er elf Monate in der qualvollen Enge seiner Zelle zugebracht hatte, stand er jetzt endlich im Gerichtssaal. Er hatte einen guten Anwalt; er ging davon aus, dass der Richter für einen gerechten Prozess sorgen würde. Zwölf aufrechte Bürger würden das vorgelegte Beweismaterial sorgfältig abwägen und schnell begreifen, dass Peterson ihm nichts nachweisen konnte.
    Der Prozess war eine Erleichterung für Dennis, aber er jagte ihm auch eine Heidenangst ein. Schließlich waren sie in Pontotoc County, und Dennis wusste ganz genau, dass Unschuldigen etwas angehängt werden konnte. Er hatte für kurze Zeit eine Zelle mit Karl Fontenot geteilt, einem einfachen, verwirrten Mann, der im Todestrakt saß, für einen Mord, mit dem er nichts zu tun hatte.
    Richter Jones betrat den Gerichtssaal und begrüßte die potenziellen Geschworenen. Nach einigen Vorbemerkungen begann die Auswahl der Geschworenen. Es war ein langsames, mühsames Prozedere. Die Stunden vergingen, während die Alten, Tauben und Kranken ausgesiebt wurden. Dann wurden Fragen gestellt, einige von den Anwälten, die meisten jedoch von Richter Jones. Greg Saunders und Bill Peterson feilschten darum, welche Geschworenen bleiben und welche gehen sollten. Irgendwann während der langwierigen Geschworenenauswahl stellte Richter Jones einem potenziellen Geschworenen namens Cecil Smith folgende Frage: »Wer war Ihr letzter Arbeitgeber?« Cecil Smith: »Die Oklahoma Corporation Commission.«
    Weder Richter noch Anwälte

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