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Der Geheimcode

Der Geheimcode

Titel: Der Geheimcode Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eoin Colfer
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ihm hatte bringen lassen. An einem anderen Tag hätte er sich über so ziemlich alles auf dem Teller beschwert, doch jetzt war die Mahlzeit einfach eine Stärkung, die half, die Zeit zu überbrücken, bis die Kavallerie eintraf. Artemis nahm einen ausgiebigen Schluck aus dem Styroporbecher. Der Tee gluckerte hörbar in seinem leeren Magen.
    Hinter ihm im OP des Transporters summte Butlers Kryogentank wie ein ganz gewöhnlicher Kühlschrank. Gelegentlich gab der Computer Piep- und Surrtöne von sich, während er seine Systemdiagnose durchlaufen ließ. Artemis musste an die Wochen in Helsinki denken, als er darauf gewartet hatte, dass sein Vater das Bewusstsein wiedererlangte, voll unruhiger Neugier, was die Elfenmagie wohl bewirkt hatte.
     
     
    Auszug aus dem Tagebuch von Artemis Fowl
    Diskette 2, verschlüsselt
     
    Heute hat mein Vater mit mir gesprochen. Zum ersten Mal seit über zwei Jahren habe ich seine Stimme gehört, und sie klingt genauso, wie ich sie in Erinnerung hatte. Doch es war nicht alles wie früher.
    Es waren schon fast zwei Monate vergangen, seit Holly Short ihre Heilkraft bei seinem übel zugerichteten Körper angewendet hatte, und noch immer lag er im Krankenhausbett in Helsinki. Reglos, ohne jede Reaktion.
    Die Ärzte verstanden es nicht. »Er hätte längst zu sich kommen müssen«, sagten sie mir. »Seine Gehirnwellen sind stark, sogar außergewöhnlich stark, und sein Herz schlägt so kraftvoll wie das eines Pferdes. Es ist unglaublich, dieser Mann müsste eigentlich an der Schwelle des Todes stehen, und dennoch hat er den Muskeltonus eines Zwanzigjährigen.«
    Für mich ist das natürlich kein Rätsel. Hollys Magie hat meinen Vater generalüberholt, mit Ausnahme des linken Beins, das er beim Untergang seines Schiffes vor der Küste von Murmansk verloren hat. Er hat eine Lebensinfusion bekommen, für den Körper wie für den Geist.
    Wegen der Wirkung der Magie auf seinen Körper mache ich mir keine Sorgen, aber ich frage mich, welche Folgen diese positive Energie für den Geist meines Vaters haben wird. Ein so grundlegender Wechsel könnte sich als traumatisch erweisen. Er ist schließlich das Familienoberhaupt der Fowls, und sein Leben dreht sich allein ums Geldverdienen.
    Sechzehn Tage lang saßen wir am Krankenbett meines Vaters und warteten auf ein Lebenszeichen. Im Lauf dieser Zeit habe ich gelernt, die Anzeigen der Instrumente zu lesen, so dass mir heute Morgen sofort auffiel, dass die Gehirnwellen meines Vaters heftig ausschlugen. Meine Diagnose war, dass er bald zu sich kommen würde, und so rief ich die Krankenschwester.
    Wir wurden aus dem Raum geschickt, um einem umfangreichen Ärzteteam Platz zu machen: zwei Herzspezialisten, ein Anästhesist, ein Gehirnchirurg, ein Psychologe und mehrere Krankenschwestern.
    Tatsächlich jedoch brauchte mein Vater keinerlei medizinische Betreuung. Er setzte sich einfach auf, rieb sich die Augen und sagte ein Wort: Angeline.
    Mutter wurde hineingelassen. Butler, Juliet und ich mussten noch einige quälende Minuten länger warten, bis sie wieder im Türrahmen auftauchte.
    »Kommt alle herein«, sagte sie. »Er möchte euch sehen.«
    Und plötzlich hatte ich Angst. Mein Vater, dessen Platz ich zwei Jahre lang, so gut es ging, eingenommen hatte, war wach. Würde er noch meinen Erwartungen gerecht werden? Und ich seinen?
    Zögernd trat ich ein. Artemis Fowl senior wurde von mehreren Kissen gestützt. Das Erste, was mir auffiel, war sein Gesicht. Nicht die Narben, die bereits fast vollständig verheilt waren, sondern der Ausdruck. Die Stirn meines Vaters, für gewöhnlich von düsteren Grübelfalten gefurcht, war glatt und sorgenfrei.
    Nach dieser langen Trennung wusste ich nicht, was ich sagen sollte. Mein Vater hatte diesbezüglich keine Zweifel.
    »Arty«, rief er und streckte die Arme nach mir aus. »Du bist ja ein richtiger junger Mann geworden.«
    Ich lief zu ihm, und als er mich an sich drückte, waren alle Pläne und Coups vergessen. Ich hatte wieder einen Vater.
     
     
    Institut für Kälteschlaf Eiszeit , London
     
    Eine verstohlene Bewegung an der Wand über ihm unterbrach Artemis in seinen Erinnerungen. Er blickte auf und beobachtete die Stelle durch seine Filterbrille. Auf einer Fensterbank im zweiten Stock hockte eine Elfe. Ein Officer der Aufklärung samt Helm und Flügeln. Nach nur fünfzehn Minuten? Seine List hatte funktioniert. Foaly hatte den Anruf mitbekommen und jemanden zur Überprüfung hergeschickt. Jetzt blieb nur zu hoffen,

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