Der geheime Auftrag des Jona von Judaea
hinzu. »Der Herr hat mich nicht nur mit drei prächtigen Söhnen gesegnet, sondern auch noch mit einem ganzen Stall von Töchtern, als da wären Rebekka, meine Älteste, sowie Michal, Rut und Naara, meine Jüngste. Aber wer vier Edelsteine zu schätzen weiß, der erfreut sich auch an einem fünften Kleinod der Lieblichkeit! Doch nun komm, gehen wir zu unseren anderen Gästen hinüber!«
Jona hatte geglaubt, er würde mit dem Kaufmann allein sein oder höchstens noch in Gesellschaft von dessen Söhnen. Und sofort überfiel ihn die Vorstellung, in einer Gruppe von vermögenden Männern wie ein zotteliger Esel unter edlen Kamelen auszusehen. Aber nun gab es kein Zurück mehr.
Verstohlen blickte er hastig um sich, in der Hoffnung, irgendwo Tamar vorbeihuschen zu sehen. Aber vergeblich, und dann trat er auch schon mit dem Gastgeber in einen mit edlen Teppichen und Kissen bestückten Raum ein, in dem sich schon drei andere Gäste eingefunden hatten. Ihrer Kleidung nach zu urteilen, fehlte es auch in ihrem Leben nicht an Wohlstand. Doch sie begrüßten ihn mit freundlichem Interesse und ohne jeden Dünkel. Und Jona sagte sich zu seiner eigenen Beruhigung, dass Elia ben Eljasaf es sicherlich gut bedacht hatte, wen er an diesem Abend noch zu sich gebeten hatte. Und dieser Gedanke half ihm, seiner inneren Aufregung Herr zu werden.
Ein anderer von Elias Dienern erschien nun mit einer großen Wasserschale und frischen Tüchern für die rituelle Handwaschung, womit Jona zu seiner Erleichterung erst einmal aus dem Zentrum der Aufmerksamkeit herausrückte. Dann reichte der Diener einem jeden von ihnen einen Becher mit Wein, den sie mit Wasser vermischten, so wie es guter Brauch war.
»Ein Wein, der es nicht verträgt, dass man ihn zu zwei Dritteln mit Wasser versetzt, ist kein rechter Wein! Deiner könnte gar noch mehr Wasser vertragen, mein Bester!«, verkündete einer der Gäste mit Kennermiene. Er war ein kleiner, fülliger Mann, der nichts dabei fand, dass die anderen ihn nicht mit seinem richtigen Namen ansprachen, den Jona in seiner Aufregung schon wieder vergessen hatte, sondern ihn Parosch 49 nannten.
Jeder sprach nun leise über seinem Becher Wein einen Lobspruch, dann setzten sie sich um das auf einem Kissen ruhende ovale Silbertablett, auf dem eine ganze Reihe von Vorspeisen auf sie wartete. Salate, geröstete Körner, kleine Hähnchen- und Fischstücke und andere Leckerbissen.
Elia führte das Gespräch, und wie es nicht anders zu erwarten gewesen war, gab er die Geschichte zum Besten, wie Jona sein Mündel gerettet hatte. Er pries den Mut und die Geistesgabe ihres Ehrengastes, dem seine Tamar es zu verdanken hatte, dass sie nicht auch den Zeloten zum Opfer gefallen war.
Jona war die Anerkennung, die ihm gezollt wurde, unangenehm, fühlte er sich doch ganz und gar nicht als Held. Er war daher froh, als sich das Gespräch endlich anderen Themen zuwandte. Einer der Gäste fragte Elia nach seiner längeren Reise, die ihn über Sidon bis hoch nach Antiochia geführt hatte und von der er erst vor wenigen Tagen zurückgekehrt war. Als Jona das hörte, verstand er auf einmal, weshalb er Tamar all die Wochen nicht zu Gesicht bekommen hatte. Sie musste wohl erst die Rückkehr ihres Vormundes abgewartet haben, bevor sie ihn über die genauen Hintergründe ihrer Rettung ins Bild gesetzt und ihm erzählt hatte, dass er sich nun auch in Jerusalem aufhielt.
Elia berichtete von seinen Eindrücken von der Reise und seiner Absicht, seinen jüngsten Sohn nach dessen baldiger Heirat nach Antiochia zu schicken, damit er in dieser wichtigen Handelsstadt eine Zweigniederlassung aufbaute, denn solange einem das Glück gewogen sei, könne man nie genug goldene Fäden zu einem festen Strang knüpfen, wie er schmunzelnd bemerkte.
Dann erhob er sich und bat seine Gäste zu Jonas Erstaunen in einen angrenzenden Raum, der noch größer und beeindruckend festlich eingerichtet war. Auch hier schritt man über weiche Teppiche, die teilweise übereinander lagen.
Jona ließ sich mit den anderen hinter kleinen, niedrigen Tischen auf halbkreisförmig darum herum angeordneten Liegepolstern nieder, sodass eine Seite der Tische frei blieb, damit die Diener die Gerichte auftragen und die Schalen im Laufe des Essens immer wieder nachfüllen konnten.
Elia bat ihn an seine rechte Seite, womit er ihm einen der Ehrenplätze zuwies. Erneut wurde ihnen von der Dienerschaft Wasser zum Waschen der Hände und darauf ein weiterer Becher mit gemischtem Wein
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