Der geheime Auftrag des Jona von Judaea
Verwunderung, was diese Fragen zu bedeuten hatten.
Elia nickte zufrieden. »Das hatte ich gehofft, Jona. Denn schon seit geraumer Zeit überlege ich, wie ich mich dafür erkenntlich zeigen kann, dass du Tamar gerettet und dabei dein eigenes Leben aufs Spiel gesetzt hast.«
»Du hast mehr als genug für mich getan, Herr«, versicherte Jona verlegen.
»Unsinn!«, widersprach Elia. »Wen Gott mit Wohlstand segnet, dem erteilt er damit auch den Auftrag, diesen Wohlstand mit weniger Begünstigten zu teilen. Wer seinen Überfluss nur ängstlich für sich behält, dem kann kein Glück beschieden sein. Das ist zumindest meine Überzeugung. Und nun zu dir, Jona. Ich möchte dir in meinem Geschäft eine Arbeitsstelle anbieten - es sei denn, du hast Gefallen daran, Tag für Tag an den glühenden Brennöfen zu stehen und dort im Schweiße deines Angesichts dein Brot zu verdienen.«
Jona war von dem Angebot des Kaufmanns dermaßen überrascht, dass ihm erst die Worte fehlten. Elia ben Eljasaf wollte, dass er für ihn arbeitete. Er vermochte es kaum zu glauben. »Nein... nein... nicht unbedingt«, stammelte er verwirrt. »Es ist eine... eine ehrenwerte Arbeit, aber...«
Elia lachte. »Lass nur, ich weiß, was du sagen willst. Nun, es trifft sich gut, dass ich für den Verwalter meiner Lager einen neuen Schreiber brauche, der ihm in vielen verantwortungsvollen Aufgaben zur Hand geht. Den bisherigen habe ich ordentlich auspeitschen lassen und dann zum Teufel gejagt, obwohl er eine viel härtere Strafe verdient hätte, hat er doch Getreide und Öl von mir gestohlen. Aber ihn dem Gericht zu überstellen, das ihn bitter für seinen Diebstahl hätte büßen lassen, habe ich dann doch nicht über mich gebracht. Jeder verdient eine zweite Chance, wenn er sich etwas hat zuschulden kommen lassen, wie ich finde, nur soll er diese Chance bei einem anderen als bei mir wahrnehmen. Also wie gesagt, diese Stelle muss neu besetzt werden.«
»Du willst mich zum Schreiber deines Lagerverwalters machen?«, fragte Jona ungläubig. »Ich weiß nicht, ob ich einer so großen Aufgabe gewachsen bin, Herr!«
»Natürlich wirst du ihr gewachsen sein!«, widersprach Elia. »Nach allem, was ich über dich gehört habe, wirst du dich schnell einarbeiten. Und was du an lateinischen und griechischen Fachbegriffen brauchst, die gelegentlich in den Frachtbriefen auftauchen, so wird dir Enosch, mein Verwalter, das im Handumdrehen beibringen. Es sind ja immer dieselben Wörter, nicht mehr als vielleicht zwei, drei Dutzend. Und was deinen Lohn betrifft, so wirst du natürlich nicht wie ein Tagelöhner bezahlt. Du erhältst zwei Denare Tageslohn, dazu kommen freie Kost und Logis. Und wenn du dich als so tüchtig erweist, wie ich annehme, wird es dabei nicht bleiben. Nun, was sagst du, Jona? Willst du weiterhin Töpfergehilfe bleiben oder bei mir das kaufmännische Geschäft erlernen?«
»Allmächtiger!«, entfuhr es Jona. Nicht einmal in seinen kühnsten Träumen hätte er je an ein solches Angebot zu denken gewagt.
Vorbei die Mühsal an den Brennöfen! Schreiber und rechte Hand des Lagerverwalters von einem reichen Großkaufmann! Und dazu noch zwei Denare Tageslohn sowie freie Kost und Logis!
Elia schmunzelte über seine Fassungslosigkeit und fragte scherzhaft: »Soll das nun ein Ja oder ein Nein sein?«
»Es ist ein Ja!«, stieß Jona hastig hervor und versicherte: »Ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, um deine Erwartungen nicht zu enttäuschen, Herr! Und ich werde dir niemals genug dafür danken können!«
Elia legte ihm seine Hand beruhigend auf die Schulter. »Du wirst deine Sache gut machen, das weiß ich. Und was deinen Dank betrifft, so danke Gott dafür, dass er mich zu einem reichen und nicht übermäßig hartherzigen Menschen gemacht, dir Mut und Aufrichtigkeit gegeben und dich im rettenden Moment meiner Tamar über den Weg geführt hat.« Dann teilte er ihm noch mit, wo er sich am nächsten Tag bei seinem Verwalter Enosch einfinden sollte.
Für Jona begann nun ein völlig neues Leben. Der Verwalter Enosch zeigte sich anfänglich als ein recht wortkarger und strenger Mann, der einige Bedenken ob seiner Tauglichkeit zu haben schien. Er unterzog ihn die ersten Tage einer gewissenhaften Prüfung seiner Fähigkeiten im Schreiben, Lesen und Rechnen. Aber als er zu dem Ergebnis gekommen war, dass Jona eine saubere, gefällige Handschrift besaß, die ihm gestellten Aufgaben zufrieden stellend bewältigen konnte und sich auch gelehrig zeigte,
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