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Der geheime Auftrag des Jona von Judaea

Titel: Der geheime Auftrag des Jona von Judaea Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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sprang auf und beeilte sich, zu ihm zur Gittertür zu kommen. Der Fremde fragte ihn mit herrischer Stimme nach seinem Namen, weshalb er inhaftiert sei und ob es stimme, was er da gerade gesagt habe, nämlich dass er dem Nazoräer schon mehrfach begegnet sei und er einen guten Freund habe, der zum Jüngerkreis dieses Mannes gehöre.
    Jona gab ihm Auskunft, so wie es der Mann verlangte. Zum Glück hatte er bisher nicht Timons Namen genannt, sodass er immer noch einen anderen angeben konnte. Denn Anhänger hatte der Nazoräer ja viele. Von daher glaubte er, nichts befürchten zu müssen.
    »Gib mir die Briefrolle, von der du gesprochen hast!«, forderte der vornehm gekleidete Mann ihn auf, ließ sich das Schreiben durch die Gitterstäbe hindurchreichen und trat zur Öllampe, um das Siegel zu erbrechen und die Zeilen zu überfliegen, die Elia ben Eljasaf an seinen Geschäftspartner gerichtet hatte.
    Wortlos und ohne eine Erklärung, was es mit seinem Interesse auf sich hatte und was er mit der Briefrolle zu tun gedachte, verschwand der Fremde auch wieder.
    Jona kehrte nach langem Warten auf seinen Platz zurück, ohne dass sich in den folgenden Stunden irgendetwas ereignete. Man brachte ihnen zu trinken und essen, aber sonst geschah nichts.
    Doch als das letzte Tageslicht erloschen war und Nacht über Jerusalem lag, kehrte der Fremde unerwartet zurück. Jona hörte nämlich kurz seine Stimme, als er den Wachhabenden gebieterisch zu sich rief. Was er mit diesem jedoch redete, drang nicht zu ihm in die Zelle. Er hörte nur, wie der Wachhabende mit seiner dunklen, rauen Stimme gelegentlich mit einem ehrerbietigen »Jawohl, Herr!« und »Ganz wie du es wünschst, Herr!« auf das Gemurmel des anderen antwortete.
    Augenblicke später erschien der Wachhabende an der Gittertür, schloss sie auf und winkte Jona heraus. »Du wirst mit diesem Herrn hier gehen!«, teilte er ihm mit. »Und damit du erst gar nicht auf den Gedanken kommst, im Schutz der Nacht das Weite suchen zu wollen, werden dich zwei von meinen Männern begleiten! Tu, was der Herr dir sagt!«
    Mit einem beklommenen Gefühl folgte Jona dem Fremden wenig später hinaus in die nächtliche Dunkelheit, eskortiert von zwei Wachen, die sich dicht an seiner Seite hielten und ihn nicht einen Moment aus den Augen ließen.
    »Kannst du mir sagen, was das zu bedeuten hat und wohin du mich führst, Herr?«, wagte Jona zu fragen.
    »Schweig!«, fuhr ihn der Fremde, der vor ihnen ging, scharf an und wendete dabei nicht mal den Kopf. »Es steht dir nicht zu, Fragen zu stellen! Was du wissen musst, wirst du schon früh genug erfahren!«
    Jona versuchte, sich in der tiefen Dunkelheit zu orientieren, die sich über die Stadt gelegt hatte, und herauszufinden, welchen Weg der Fremde mit ihm einschlug. Es ging jedenfalls zurück in die Oberstadt, und zwar tiefer hinein, als er jemals gekommen war. Auch hatte er sich noch nie bei Nacht in das Viertel der Vornehmen und Reichen gewagt. Aber eines vermochte er mit Gewissheit zu sagen, nämlich dass dieser Fremde offensichtlich die Macht besaß, dem Wachhabenden zu befehlen, ihm einen Gefangenen zu überlassen. Hatte er möglicherweise irgendein Schreiben vom hohen Gericht erwirkt?
    Sie kamen an großartigen Häusern vorbei, die hinter hohen Mauern lagen, ähnlich wie das Anwesen seines Herrn Elia. Und Jona fragte sich flüchtig, ob der Fremde wohl Elia kannte und ihn durch sein Eingreifen vor einer Herausgabe an Berechja bewahren wollte. Aber diese Möglichkeit verwarf er schnell wieder, denn dafür war der Ton des Mannes zu scharf und seine Haltung zu abweisend gewesen.
    Endlich hatten sie ihr Ziel erreicht. Der Fremde blieb vor einem Tor stehen, das noch um vieles prächtiger war als jenes, durch das man auf Elia ben Eljasafs Grundstück gelangte. Jona sah, wie sich seine Bewacher verwunderte Blicke zuwarfen. Sie schienen zu wissen, wer hinter diesen Mauern und diesem großartigen Tor residierte. Aber sie sagten keinen Ton, als hätten sie die Weisung erhalten, keinerlei Informationen von sich zu geben.
    »Wartet hier! Und lasst mir den Mann nicht aus den Augen!«, befahl der Fremde den beiden Wachleuten und war verschwunden.
    Sie warteten mehr als zehn Minuten. Dann kehrte er wieder zurück. »Kommt mit! Jemandem wie diesem Gefangenen gebührt kein Zutritt durch dieses Tor! Führt ihn zum hinteren Dienstbotentor!«, wies er sie an.
    Sie gingen die mit Bäumen bestandene Straße hinunter, bogen an der Mauerecke nach rechts und standen kurz

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