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Der geheime Auftrag des Jona von Judaea

Titel: Der geheime Auftrag des Jona von Judaea Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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die Taverne am Markt, um einander zu erzählen, wie es ihnen in der langen Zeit ihrer Trennung ergangen war.
    Timon bedrängte ihn sogleich mit Fragen, und Jona verwandte viel Zeit darauf, ihm von der Reise mit dem Fischhändler zu berichten und wie sehr dieser sich im Haus seines Schwiegersohns als mutiger Mann dargestellt hatte, beteuerte aber auch, dass er ihm sonst nichts vorzuwerfen, sondern ihm bis auf diese verzeihliche Eitelkeit nur zu danken habe.
    »Er hat mich nämlich in der Töpferei seines Schwiegersohns untergebracht. An den Brennöfen zu arbeiten ist zwar eine elende Schinderei, aber mir war es recht, und ich kam mit den anderen auch gut aus, sodass ich mich nicht beklagen konnte«, sagte Jona und redete dann eine Weile über Jerusalem und insbesondere über den gewaltigen Tempelbezirk und dass ihm die massenweise Opferung vor dem Altar sowie der ohrenbetäubende Lärm dabei sehr missfiel. »Ich weiß nicht, wie die Leute da die Ruhe finden, um ein halbwegs zusammenhängendes Gebet über die Lippen zu bringen. Aber vielleicht habe ich da ein sehr eigenes Empfinden, wie so etwas eigentlich sein sollte.«
    Timon nickte verständnisvoll. »Ich weiß nur zu gut, wovon du redest. Mir ist es bei meinen Besuchen mit meinem Vater nicht viel anders ergangen. Aber wenn du mit der Arbeit in der Töpferei ganz zufrieden warst, warum hast du sie dann bloß aufgegeben und dich wieder auf die Landstraße begeben?«
    »Das verdanke ich Berechja«, antwortete Jona und beruhigte sein Gewissen damit, dass es ja der Wahrheit entsprach, wenn es auch nur ein Teil derselben war. »Eines Tages nämlich habe ich den Mistkerl mit Eljakim an seiner Seite nahe der Oberstadt gesehen!«
    »Nein!«, entfuhr es Timon erschrocken.
    »Oh doch! Und du kannst dir ja denken, wie mir da der Schreck in die Glieder gefahren ist!«, bekräftigte Jona. »Und zwar so sehr, dass ich noch am selben Tag meine paar Sachen gepackt habe und aus Jerusalem weg bin, um ihm bloß nicht noch einmal über den Weg zu laufen.«
    »Heiliger Mose und Elija!«, stöhnte Timon unterdrückt. »Da hast du ja noch mal großes Glück gehabt!«
    Jona verzog das Gesicht zu einer Grimasse. »Ja, wenn er mich gesehen und zu fassen bekommen hätte, wäre ich geliefert gewesen!« Doch nun war es höchste Zeit, dass er das Gespräch von sich ablenkte, um weiteren unangenehmen Fragen vorzubeugen. Deshalb sagte er mit erzwungener Aufgeräumtheit: »So, jetzt weißt du das Neuste von mir. Erzähl nun du, wie es dir mit dem Nazoräer ergangen ist.«
    Augenblicklich legte sich ein Schatten über das Gesicht seines Freundes. »Tja, wo soll ich da anfangen?«, sagte er gedehnt und drehte seinen Becher in den Händen. »Jesus macht es einem nicht gerade leicht, ihn zu verstehen und seiner Lehre zu folgen. Da ist schon einiges Wahres dran an dem, was Judas Iskariot auf dem Dorfplatz gesagt hat. Wenn Jesus nur mit schrägen Vögeln, Verachteten und Ausgestoßenen verkehren, kräftig gegen die Traditionsköpfe vom Leder ziehen und als heiliger, prophetischer Mann seine Lehre von Liebe und Barmherzigkeit verkünden würde, dann würde niemand von uns daran Anstoß nehmen. Denn das alles sind wir mittlerweile gewohnt, und wir verstehen auch, warum er das tut. Und er hat Recht, wenn er sagt, dass man die Liebe über das starre Gesetz stellen muss. Aber in den vergangenen Monaten hat er eine ganze Menge merkwürdiger Äußerungen von sich gegeben.«
    »Was denn zum Beispiel?« Jona hätte diese Frage am liebsten nicht gestellt, aber sein Freund wäre sicherlich verwundert gewesen, wenn er sie nach seinen dunklen Andeutungen jetzt unterlassen hätte.
    »Nun, solche Sachen wie ›Ich bin das Brot des Lebens‹ und ›Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Licht. Keiner kommt zum Vater außer durch mich!‹«, zitierte Timon seinen Rabbi.
    »Das sind wirklich ungewöhnlich starke Behauptungen, wenn jemand so von sich spricht«, räumte Jona ein und dachte, dass sie dennoch vage genug klangen, um sie unbesorgt niederschreiben zu können.
    »Das kannst du wohl sagen!«, erwiderte Timon. »Aber das sind noch die weniger verstörenden Aussagen. Du musst nämlich wissen, dass er manches von dem, was er uns im kleinen Kreis anvertraut, bei seinem öffentlichen Auftreten nicht erwähnt.«
    Jona zog nur fragend die Augenbrauen hoch.
    Timon zögerte sichtlich, dann zuckte er die Achseln. »Ach, was soll es!… Weißt du, eigentlich hat Jesus uns ja aufgetragen, nicht mit anderen über das zu reden,

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