Der geheime Auftrag des Jona von Judaea
auf dem Weg überall natürliche Trittstufen und fester, breiter Felsen, der aus dem Aufstieg kein Schwindel erregendes Abenteuer machte und auch kein Wegrutschen und keinen Sturz in die Tiefe befürchten ließ.
Aber erst als sie die Felsnadeln erreicht und sich zwischen ihnen und der schrundigen, schräg geneigten Felswand hindurchgezwängt hatten, sahen sie die ovale, eiförmige Spalte, die sich dahinter mehr als mannshoch und gute zwei Schritte breit öffnete.
»Das muss die Höhle sein!«, rief Jona aufgeregt. »Jetzt bleiben uns noch gut anderthalb Stunden Tageslicht, um Gerschon und seinen Kameraden das verabredete Zeichen zu geben.«
»Das sie hoffentlich auch bemerken werden«, sagte Timon trocken. »Aber schauen wir uns erst einmal in der Höhle um.«
Sie traten durch den hohen, klaffenden Spalt und fanden dahinter ein großes natürliches Gewölbe vor, das gute zehn, zwölf Schritte in den Berg hineinreichte und immerhin noch halb so viele Schritte in der Breite maß. Und erst in ungefähr sechs, sieben Ellen Höhe wölbte sich die Felsendecke. Das Überraschende jedoch war nicht die Höhe und Geräumigkeit, sondern dass sie in der tiefen Höhle keine pechschwarze Dunkelheit erwartete. Im hinteren Drittel wies die Decke nämlich eine etwa zwei Ellen breite und mehr als doppelt so lange Öffnung auf. Sie gehörte zu einem lotrecht aufsteigenden Schacht, der sich durch einen Riss im Felsen gebildet hatte und durch den Tageslicht von der Höhe des Berges hinunter in das Felsgewölbe fiel.
»Da ist die Feuerstelle!« Timon wies auf den kleinen Kreis von Steinen, der sich genau unter der Schachtöffnung befand und in dessen Mitte der Boden Asche und Brandspuren aufwies.
»Ja, es ist alles so, wie Gerschon es uns beschrieben hat«, sagte Jona zufrieden und befreite sich von der Last des schweren Wasserschlauchs und des Proviantbeutels, der ihre gemeinsamen Vorräte enthielt. Denn Timons Beutel hatten sie mit trockenem Reisig und verdorrtem Gras so voll gestopft, wie es nur eben ging. »Allerdings habe ich nicht damit gerechnet, dass es sich bei dem Felsspalt um einen richtig breiten Lichtschacht handelt, der mindestens...« Er legte den Kopf in den Nacken, und sein Blick glitt an den glatten und senkrecht aufsteigenden Felswänden bis zu der gezackten himmelblauen Öffnung hinauf, um die Länge zu schätzen. »... na, ich würde mal sagen … sechzig, siebzig Ellen hoch reicht.«
»Diese von zahllosen Schluchten durchfurchte Bergwelt soll ja voll von solchen Höhlen sein«, sagte Timon. »Kein Wunder, dass sich die Zeloten mit Vorliebe hier verstecken. In diesen Bergen müsste Pilatus schon eine ganze Armee einsetzen, wenn er die Aufständischen aufstöbern und ausräuchern wollte. Und auch dann wäre es noch sehr fraglich, ob er einer Gruppe Zeloten in diesem Labyrinth habhaft werden könnte. Denn Leute wie Gerschon kennen hier doch bestimmt jeden Stein und jeden Krüppelstrauch.«
»Ja, die sind dann im wahrsten Sinne des Wortes schon über alle Berge, noch bevor eine Soldateneinheit ein Wadi hochmarschiert ist«, pflichtete ihm Jona bei. »Denn bestimmt werden die Zeloten Wachen aufgestellt haben und die wichtigen Zugänge zu ihren Verstecken immer im Auge behalten.«
»Hoffen wir es«, erwiderte Timon nüchtern und zerrte den bauchigen Beutel mit dem trockenen Reisig und den zusammengepressten Grasbüscheln auf. »Ob sie auch wirklich so wachsam sind, werden wir ja bald wissen. Also, machen wir uns an die Arbeit.«
Jona kniete sich zu ihm und schlug mit einem Feuerstein Funken in das kleine Häufchen Gras, das Timon zusammen mit einigen Wollfäden in die Mitte des kleinen Steinkreises legte. Das Gras war von der Sommerhitze so ausgedörrt, dass es ihm fast schon zwischen den Finger zerbröselte.
Als endlich die ersten winzigen Flammen sich regten, blies Jona vorsichtig hinein, um das Feuer zu entfachen. Timon hielt schon kleine Zweige bereit, um den nun gierig züngelnden Flammen kräftige Nahrung zu geben. Denn das trockene Gras und die Wollfäden verwandelten sich im Nu in Asche.
Während Jona das Feuer mit Zweigen fütterte, nässte Timon mehrere Hand voll Gras, indem er Wasser aus seinem Schlauch darauf sprenkelte. Er achtete jedoch darauf, dass das Gras dabei nicht triefend nass wurde, sondern nur eine gewisse Feuchtigkeit erhielt, die dem Feuer nicht allzu lange zu widerstehen vermochte.
»Ich denke, jetzt brennt es gut genug, dass wir es wagen können!«, forderte Jona ihn auf.
Timon nahm
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