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Der geheime Auftrag des Jona von Judaea

Titel: Der geheime Auftrag des Jona von Judaea Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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mit einem Weg hatten verwechseln können. Der Weg führte an allerhand zählebigem Gestrüpp und Krüppelbäumen vorbei, die nicht viel Feuchtigkeit zum Überleben brauchten. Zudem fiel in diesen westlichen Bergzügen häufiger Regen als weiter im Osten, wo das Versteck der Zeloten lag.
    Die Quelle lag gut verborgen in einer etwa zwanzig Schritte tiefen Ausbuchtung der westlichen Bergflanke. Ein gerade mal zwei Finger breiter Wasserstrahl sprudelte in Brusthöhe aus einem Felsspalt hervor, fiel wie ein winziger Wasserfall drei Ellen tief auf einen rund gewaschenen Felskopf, rann daran herunter, wand sich einige Schritte um hartes Gestein herum und versickerte in einem Geröllfeld, das zum buschbestandenen Bett des Wadi hin abfiel.
    Als Erstes reinigte sich Jona gründlich unter dem herabfallenden Wasserstrahl. Das kühle Wasser, das ihn von Schmutz und Blut befreite, empfand er wie Balsam. Er hielt auch den Kopf unter den Strahl und hatte dabei Mühe, nicht in lautes Schluchzen auszubrechen.
    Als er sich wieder gefasst hatte, füllte er die Schläuche auf, hängte sich zwei über jede Schulter und machte sich auf den Rückweg. Die Last drückte schwer. Und ihm sank das Herz bei dem Gedanken, dass er diesen Weg noch mehrmals gehen musste, bis alle Schläuche der Zeloten gefüllt im Lager waren.
    Kaum war er die etwa vierzig Schritte hinunter ins trockene Bachbett gestiegen und hatte eine Gruppe von Sträuchern passiert, als er plötzlich zu seiner Linken das Knacken von trockenen Zweigen vernahm.
    Augenblicklich blieb er stehen und lauschte. Sofort dachte er an ein größeres Tier, das sich dort durch die Büsche schlich. Wenn es etwa ein Schakal war, noch dazu ausgehungert, würde der nicht zögern, ihn anzufallen. Schnell ließ er die Wasserschläuche von den Schultern rutschen und griff zu seinem Messer.
    Im nächsten Moment hörte er Stöhnen, das nur von einem Menschen kommen konnte - und dann eine zischende Stimme. Ganz leise, aber in der Stille der Nacht drang sie doch deutlich an sein Ohr.
    Sein Herz raste, und er überlegte fieberhaft, was er tun sollte. Einfach weglaufen, die Wasserschläuche zurücklassen und im Lager Alarm schlagen?
    Nein, unmöglich! Er durfte nicht noch einmal so feige sein. Nicht in dieser Situation.
    Plötzlich erinnerte er sich an das, was Timon ihm über den Soldaten erzählte hatte, den er mit einem Stich neben dem Fuhrwerk niedergestreckt hatte, aber seiner Vermutung nach unmöglich getötet haben konnte. Hatte dieser unbemerkt entkommen können, sich verletzt bis an diesen Ort geschleppt und sich in dem Gebüsch versteckt?
    Jona musste Gewissheit haben, auch wenn ihm die Angst wie eine Faust in der Kehle saß und sein Herz hämmerte, als wollte es ihm jeden Moment die Brust sprengen.
    Das Messer stoßbereit in der Hand, brach er mit einem Satz, der ihm allen Mut abverlangte, durch das Gebüsch. Zweige peitschten über sein Gesicht. Fast im selben Augenblick, als er zwei, drei Schritte vor sich den Soldaten am Boden liegen sah, schoss von links eine schattenhafte Gestalt auf ihn zu. Er sah einen Knüppel in der Hand der Gestalt und riss blitzschnell seinen linken Arm hoch. Der Knüppel krachte schmerzhaft auf seinen Ellbogen und wurde dem Angreifer dabei aus der Hand geprellt.
    Jona fuhr herum und wollte schon mit dem Messer zustoßen, weil er um sein Leben fürchtete. Doch da trat der Mond hinter einer Wolkenbank hervor und Jona blickte in das von Angst verzerrte Gesicht einer jungen Frau!
    Gerade noch rechtzeitig drehte er seine Messerhand zur Seite, sodass der Angreiferin sein Dolch nicht mitten in die Brust fuhr. Seiner Faust vermochte sie jedoch nicht zu entkommen und der wuchtige Schlag warf sie mit einem erstickten Aufschrei zu Boden.
    Sprachlos und wie benommen stand Jona da. Ihn schauderte. Um ein Haar hätte er eine Frau erstochen! Und wieso kauerte vor ihm ein verletzter Soldat? Sie hatten doch die zehn Legionäre, von denen Gareb und Jaftah gesprochen hatten, in die Felsspalte geworfen! Die beiden mussten sich verzählt haben, was aus der Entfernung und bei den abendlichen Schatten leicht möglich gewesen war. Eine andere Erklärung gab es nicht. Der Soldat und die Frau waren nicht wegzuleugnen. Und was nun mit ihnen geschah, lag allein in Jonas Hand.
    »Bring mich nicht um!«, wimmerte die junge Frau in Todesangst und kroch von ihm weg, ohne dabei aufzuhören, ihn um Gnade zu bitten. »Lass mich leben!… Ich habe mit alldem nichts zu schaffen!… Ich gehöre nicht zu

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