Der geheime Auftrag des Jona von Judaea
den Soldaten!… Ich bin Jüdin und komme aus Garizim!... Tamar... Tamar ist mein Name… Und Tamar ist doch kein heidnischer Name, nicht wahr?... Tamar hieß auch die Tochter von König David!… Nach ihr hat mich meine Mutter benannt!… Wäre ich Heidin, wüsste ich das doch gar nicht! Und Zeloten töten doch keine unschuldigen Frauen, schon gar nicht, wenn sie Jüdinnen sind, nicht wahr?… Dass ich mit den Soldaten zusammen bin, war … das war ein Zufall... Ich bin keine ihrer Dirnen!… Sie waren einfach nur nett zu mir, hatten Mitleid mit mir, als sie mich auf der Landstraße trafen... Sie wollten mich nach Jerusalem mitnehmen.«
Unschlüssig, was er nun tun und lassen sollte, stand Jona über der jungen Frau, die fast noch ein Mädchen war, und dem verletzten Soldaten, der gegen einen Felsbrocken gelehnt saß. Der Legionär hielt sich die blutende rechte Schulter und blickte unerschrocken zu ihm auf.
»Bring es schon hinter dich und stich zu, Zelot!«, stieß er hervor. »Worauf wartest du noch? Der Tod ist mir so oder so gewiss! Also, bring es zu Ende! Dann haben wir es beide hinter uns, und du darfst dich von deinen Komplizen feiern lassen, weil du mich doch noch erwischt hast!«
Jetzt erst fand Jona seine Stimme wieder. »Ich bin kein Zelot!«, erwiderte er heftig, als hätte ihn der Mann beleidigt.
Der Soldat lachte höhnisch auf. »Nein? Was bist du dann? Ein Friedensengel?«
»Zumindest bin ich kein... kein Schlächter!«, gab Jona zur Antwort und steckte sein Messer wieder in die Scheide.
»Du lässt uns wirklich leben?«, fragte Tamar ungläubig. »Ja«, sagte Jona und überlegte fieberhaft, was nun werden sollte.
Die junge Frau begann, hemmungslos zu weinen.
»Aber niemand darf davon erfahren. Und ich kann dich auch nicht mit zu meinen...«, Jona korrigierte sich schnell, denn er fühlte sich weniger denn je den Zeloten zugehörig, »... zu den anderen mitnehmen. Man würde Fragen stellen und womöglich würdest du dich verplappern. Das kann ich nicht riskieren. Ihr müsst selber sehen, wie ihr davonkommt.«
»Aber wir schaffen es doch nie und nimmer aus den Bergen zur nächsten Siedlung!«, wandte sie verzweifelt ein. »Wir haben nicht einmal Wasser und der Mann ist verletzt!«
Jona zögerte kurz. »Ich überlasse euch einen Wasserschlauch, und ich werde euch genau erklären, wie ihr zur nächsten Siedlung kommt«, erwiderte er kurz entschlossen. »So weit ist sie gar nicht entfernt. Wenn ihr euch sofort auf den Weg macht, schafft ihr es bis zum Morgengrauen. Und du siehst kräftig genug aus, um ihn stützen zu können. Verbinde seine Wunde mit Stoffstreifen aus deinem Gewand, und dann habt ihr beide eine gute Chance, mit dem Leben davonzukommen. Das ist alles, was ich für euch tun kann!«
Der Soldat starrte ihn an. »Erwartest du jetzt, dass ich dir für deine Barmherzigkeit danke?«
»Nein«, antwortete Jona knapp und beschrieb ihnen den Weg, den sie nehmen mussten, um aus dem Wadi und in die nächste Ortschaft an der Landstraße nach Jericho zu kommen. Dann holte er einen der Wasserschläuche und warf ihn dem Soldaten vor die Füße. »Und jetzt macht euch auf den Weg!«
»Der Allmächtige segne dich dafür!«, flüsterte die junge Frau.
Jona hatte sich schon zum Gehen umgewandt, drehte sich dann jedoch noch einmal zu ihr um. »Wieso hat dich keiner gesehen? Und wieso bist du dem Überfall entkommen, ohne dass dich einer überhaupt zu Gesicht bekommen hat?«
Sie wich seinem Blick aus. »Als die Soldaten das Lager bei den Akazien aufgeschlagen haben, musste ich mich ständig in die Büsche hinter dem Wagen schlagen, weil... weil ich mir mit irgendetwas den Magen verdorben habe und ich mich immer wieder... erleichtern musste«, murmelte sie schamvoll.
»Das erklärt einiges«, sagte Jona trocken. »Verbinde ihn jetzt und dann verschwindet. Ich komme gleich wieder zurück. Und dann will ich keinen von euch mehr hier sehen.«
Er lud sich die restlichen drei Wasserschläuche auf und kehrte zum Lager zurück. Ängste und Zweifel bestürmten ihn, je näher er Barabbas und seinen Männern kam. Zu was hatte er sich da bloß hinreißen lassen? Wenn die Zeloten durch irgendeinen dummen Zufall doch noch auf die Frau und den Soldaten stießen und herauskam, was er getan hatte, hatte er sein Leben verwirkt. Barabbas würde keine Nachsicht walten lassen, dessen war er gewiss! Aber was hätte er denn tun sollen? Sie verraten und sie damit dem Tod ausliefern? Nein, sein Gewissen hatte ihm gar
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