Der geheime Auftrag des Jona von Judaea
miteinander reden konnten. Hier erzählte er Timon mit Flüsterstimme, auf wen er in der Nähe der Quelle gestoßen war und was er zu tun gewagt hatte.
Aufgeregt packte Timon ihn am Arm, als er hörte, dass der Soldat, den er an der Schulter verletzt hatte, davongekommen war und lebte. »Dem Allmächtigen sei Lob und Dank!«, stieß er mit unsäglicher Erleichterung hervor. »Dann habe ich sein Leben also doch nicht auf mein Gewissen geladen.« Und dann versicherte er Jona, dass er richtig gehandelt hatte, als er den beiden den Wasserschlauch überlassen und ihnen auch noch den kürzesten Weg zur nächsten Siedlung beschrieben hatte. »Es war ein großer Fehler, dass wir geglaubt haben, bei den Zeloten vor allen Gefahren sicher zu sein. Um keinen Preis der Welt möchte ich noch einmal in die Zwangslage kommen, bei solch einem entsetzlichen Blutvergießen mitmachen zu müssen!«
Jona pflichtete ihm bei. »Wir müssen uns von den Zeloten absetzen, und zwar so schnell wie möglich. Wir können nicht länger warten. Barabbas jagt mir mit seinem Hass und seiner Mordlust mittlerweile mehr Angst und Schrecken ein als Berechja und dessen Handlanger.«
»Du sagst es! Wir machen, dass wir verschwinden! Diesmal schieben wir es nicht eine Stunde länger als nötig auf!«, sagte Timon entschlossen. »Bei der nächsten Gelegenheit setzen wir uns ab! Vielleicht schaffen wir es ja schon diese Nacht. In ihr Versteck kehre ich jedenfalls nicht wieder zurück!«
»Ich auch nicht!«, sagte Jona und fügte sorgenvoll hinzu: »Hoffen wir nur, dass es uns gelingt, Barabbas und seinem blutigen Gesetz der Sica zu entkommen!«
9
Die Wegsperre der Zeloten lag direkt hinter einer Anhöhe, zu der die Landstraße über eine kurze Steigung hochführte. Jeder Reisende, der, aus Norden kommend, auf die Hügelkuppe gelangte, sah zuerst die ärmlichen Kronen der beiden einsamen Akazien, die sich vor dem wolkenlosen Himmel abhoben. Erblickte er die Zeloten, die in ihrem spärlichen Schatten lagerten, war es schon zu spät, um noch umkehren und einen weiten Bogen um die Wegsperre schlagen zu können. Ähnliches galt für Reisende, die sich aus Süden näherten. Dort schlug die Straße einen scharfen Bogen um eine Felsengruppe, die ihnen den Blick auf die wartenden Zeloten verwehrte. Leban hatte dort Posten bezogen, um gleich zu melden, wenn sich jemand aus dieser Richtung näherte.
Im Schatten der Bäume war für Jona kein Platz mehr gewesen, das hatten Barabbas und seine Männer ihm deutlich zu verstehen gegeben. Und so saß er nun mit Timon ungeschützt auf einem felsigen Buckel, der sich aus dem sandigen Erdreich erhob wie der Rücken eines aufgetauchten Walfischs. Die Sonne überzog das Land schon mit ihrer brennenden Kraft, obwohl es noch früh am Morgen war.
»Noch nie habe ich den Beginn der Regenzeit so sehr herbeigesehnt wie in diesem Jahr«, murmelte Jona und musste an sich halten, um nicht erneut zu seinem Lederschlauch zu greifen und sein Kopftuch mit einem Schwall Wasser zu tränken.
»Ich auch nicht«, sagte Timon. »Aber wir haben ja auch noch nie zuvor die ärgsten Sommermonate in solch einer elenden, sonnenverbrannten Einöde verbracht! Ich glaube, ich habe für mein Lebtag genug Wüstenland und steinige Wadi gesehen! Wirklich allerhöchste Zeit, dass wir nach Galiläa kommen, wo es fruchtbare Felder und Äcker zu sehen gibt!«
»Wenn wir bloß schon letzte Nacht eine Chance gehabt hätten, uns von der Bande abzusetzen!«, seufzte Jona.
»Bestimmt klappt es später am Tag, wenn wir auf unserem Rückmarsch irgendwo Rast machen und sich die Männer eine Stunde Schlaf gönnen«, sagte Timon. »Dann schleichen wir uns davon und haben auch genug Vorsprung, sodass sie uns nicht wieder einfangen können.«
Jona nickte. »Heute muss es uns einfach gelingen!«
Augenblicke später rief Jaftah, der weiter vorn auf der Hügelkuppe hinter einem Felsen kauerte, von wo aus er die Landstraße nach Jericho gut im Blick hatte: »Gleich gibt es was zu tun, Leute! Ein Pferdefuhrwerk! Sieht nach einem Händler aus!«
Sofort kam Bewegung in die Männer, und sie bezogen rechts und links der Landstraße Position, damit der Fuhrmann bei ihrem Anblick gar nicht erst auf den dummen Gedanken kam, sein Pferd zum Galopp antreiben und in voller Fahrt an ihnen vorbeijagen zu wollen.
Der von einem kräftigen Schimmel gezogene Wagen rumpelte wenige Minuten später auf die Anhöhe. Ein hagerer Mann lenkte das klobige Gefährt.
Als Jona die Frau erblickte,
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