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Der geheime Brief

Der geheime Brief

Titel: Der geheime Brief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Ernestam
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geteilt. Der ungeschickte erste Windelwechsel und der wunde Unterleib hatten alle Mauern eingerissen. Sie waren für vielleicht fünf Tage beste Freundinnen und Vertraute. Danach hatten sie einige Jahre lang Weihnachtskarten gewechselt und später nie wieder voneinander gehört. Sie versuchte, zum Thema zurückzukehren.
    »Dieser Anwalt, Gösta Levander. Was hatte er eigentlich zu erzählen? Woher stammte das Geld?«
    »Von der Familie Otto. Das Testament stammte von Carl Otto, meinem Urgroßvater, und dort stand also, Linnea Ottos erstgeborener Sohn solle die Erträge einer in Aktien investierten Geldsumme erhalten. Carl Otto hatte das Geld in
Unternehmen angelegt, die seither expandierten, für die weitere Wertpapiere in Umlauf gebracht wurden, und was weiß ich nicht alles. Natürlich hatten nicht Levander und Söhne neunzig Jahre lang spekuliert, sondern die Bank. Und das hatte sie gut gemacht. Ich bekam drei Millionen Kronen.«
    »Fantastisch.«
    »Ja, das war fantastisch. Und da mein Vater das Geld nicht wollte, bekam ich alles. Es reichte aus, um zu kündigen und meinen eigenen Laden aufzumachen. Ich weiß nicht so genau, was mein Vater mit Judaslohn gemeint hatte, aber das ganze Testament roch irgendwie nach schlechtem Gewissen. Mein Vater konnte wohl auch nur erraten, was dahintersteckte. Er kann doch nicht gewusst haben, dass dieses Geld vorhanden war. Großmutter hat es nie erwähnt. Ich glaube, auch sie wusste nichts von diesem Testament.«
    »Was stand sonst noch darin? Gab es irgendeine Erklärung?«
    »Es war so formuliert, dass Linnea Ottos Sohn eine Entschädigung für die Arbeit erhalten sollte, die Linnea, ehemals Hausmädchen bei Ottos, in die Erziehung ihres ältesten Kindes gesteckt hatte. Unter anderem durch den Namen Otto erfuhr ich, dass mein Großvater Ruben der Sohn des Hauses war, in dem meine Großmutter gearbeitet hatte. Es wurde klar, dass er wegen Großmutter seine Familie verlassen hatte. Dann stand im Testament noch etwas darüber, dass das Geld auch Linneas weitere heilige Tätigkeit ermöglichen sollte. Was eine komische Umschreibung für die Mission ist. Und nun pflüge ich das Geld buchstäblich in den Boden. Aber in der Bibel wird ja sehr viel gesät.«
    »Du hast mit deinem Vater nie über dieses Geld gesprochen? «
    »Ich habe es einige Male versucht. Habe ihn gebeten, über Großvater zu erzählen. Über diesen Ruben Otto, der erschossen
wurde. Aber mein Vater wollte oder konnte nicht. Er behauptete, seinen Vater niemals kennengelernt zu haben.
    Er war zwar schon erwachsen, als mein Großvater umkam, aber dennoch. Er wusste nur, dass Großvater aus einer Familie stammte, in der seine Mutter gearbeitet hatte, und das hatte er mir nie vorher erzählt. Von dem ›Judaslohn‹ wollte er nichts wissen, wie gesagt, hat er mir dafür aber nie eine Erklärung gegeben.«
    Inga versuchte, das Gehörte für sich zusammenzufassen. Sara Moréus’ Großmutter, Linnea Moréus, hatte zusammen mit Ingas eigener Großmutter Rakel für die Familie Otto gearbeitet. Linnea hatte eine Beziehung zu Ruben Otto gehabt, dem Sohn des Hauses, und war mit ihm in die Mission gegangen. Carl Otto, Linneas und Rakels Arbeitgeber und Rubens Vater, hatte in seinem Testament Linneas und Rubens Sohn Geld vermacht. Und die Tochter dieses Sohnes saß ihr hier gegenüber.
    Das alles war nicht weiter seltsam. Eine interessante Geschichte, die ihr nicht viel mehr sagte, als dass Großmutter Rakel damals in Göteborg eine gute Freundin gehabt hatte. Wenn da nicht die Sache mit der Reue gewesen wäre.
    »Dieser Brief … «, begann sie nun. »Am Ende erwähnt deine Großmutter etwas darüber, über Lebende und Tote zu urteilen. Es geht um etwas, das nachts passiert sei. Hast du eine Ahnung, was damit gemeint sein kann?«
    Sara Moréus schüttelte den Kopf.
    »Ich habe mir das auch schon überlegt, vergeblich«, sagt sie. »Aber ich war ziemlich oft bei meiner Großmutter im Krankenhaus. Wenn sie Fieber hatte, phantasierte sie von dunklen Männern im Dschungel, Aufruhr, dem Schuss in China. Ab und zu schrie sie, ich sollte die Ratten verjagen. Aber ein Thema tauchte immer wieder auf. Krieg gegen den Krieg zu führen.«
    »Was kann sie damit gemeint haben?«

    »Ich weiß es nicht. Aber vielleicht war es ganz einfach, genau wie das mit der Reue. Vielleicht hat sie zusammen mit deiner Großmutter die Silberleuchter gestohlen.«
    »Natürlich. Ich weiß auch nicht, warum ich mir einbilde, dass das wichtig sein

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