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Der Geheime Orden

Der Geheime Orden

Titel: Der Geheime Orden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Smith
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erscheinen wollte. Carl Williams war der Typ eines schwarzen Studenten, wie ich ihn mir in Harvard vorgestellt hatte. Dankenswerterweise gab es nicht viele von seiner Sorte.
    »Komm schon, Alphonse«, sagte Carter. »Du setzt dich hier hin und sprichst über Minter, und dass sie sich absondert und nicht mit ihren eigenen Leuten abhängt, aber dann willst du nicht zum BFT gehen. Wer ist denn jetzt der Heuchler?«
    »So schlimm wird es schon nicht werden, Alphonse«, sagte Mitch. »Wir werden eine Stunde herumsitzen, und dann sind wir wieder draußen.«
    Alphonse schaute mich an.
    »Was soll’s«, sagte ich. »Ich komme mit.«
    Das Treffen hatte bereits begonnen, als wir dazukamen, und Carl hatte sich in seinem gestärkten Hemd und seinen glänzenden spitzen Schuhen vor dem Publikum aufgebaut. Es mussten so um die siebzig Leute sein, die in einem Halbkreis vor ihm saßen, und es schien, als würde sich jeder von ihnen zu uns umdrehen, als wir vier eintraten und uns einen Platz im Hintergrund suchten. Carl sprach gerade von der Notwendigkeit, den Druck auf die Universitätsverwaltung aufrechtzuerhalten, damit sie mehr Angehörige von Minderheiten in den Lehrkörper aufnahm, und von der Wichtigkeit, Allianzen mit anderen Minderheitenvertretungen auf dem Campus zu schließen.
    Die Diskussion verlief hektisch und hitzig. Leute erhoben sich, um ihrem Zorn darüber Ausdruck zu verleihen, dass eine so reiche und mächtige Universität wie Harvard keine bessere Entschuldigung für die geringe Anzahl von Minderheitenvertretern in ihrem Lehrkörper finden konnte als die Behauptung, dass es nicht genug qualifizierte Akademiker gebe, die sie nach Cambridge holen könnte. Irgendjemand schlug vor, einen Tag des Boykotts auszurufen, andere planten einen Marsch zur Universitätsverwaltung. Carl hatte die Versammlung vollständig unter Kontrolle, entschied darüber, wer in welcher Reihenfolge sprechen durfte, und trieb die Diskussion voran, wenn er das Gefühl bekam, dass neue Ideen fehlten.
    Schließlich stand ein höheres Semester auf, ein stämmiger, dunkelhäutiger Typ, den ich in den letzten anderthalb Jahren gelegentlich schon gesehen hatte. Er trug einen knallbunten afrikanischen Dashiki und eine passende, randlose Kopfbedeckung. Er gehörte zu den Typen, von denen man sich gut vorstellen konnte, dass sie ihren Taufnamen wie John oder Howard gegen einen Namen wie Amadou tauschen würden, alles im Namen der Solidarität.
    »Wir befinden uns gerade in diesem Augenblick mitten in der sexistischsten und rassistischsten Phase des akademischen Jahres, und noch niemand hat ein einziges Wort darüber verloren«, sagte er. »Die endgültigen Clubs führen ihre Auswahlverfahren durch und picken sich diejenigen heraus, die ihre Häuser betreten dürfen, während gleichzeitig wir anderen allesamt draußen bleiben müssen.« Er hatte ein tiefe und volle Stimme, und sein Tonfall glich dem Singsang eines Baptistenpredigers. »Viele von euch, meine jungen Brüder und Schwestern, haben vielleicht noch gar nichts von diesen Clubs gehört, aber ich bin hier, um euch zu sagen, dass sie existieren und dass sie gefährlich sind. Und ganz gleich, was die Universitätsverwaltung in ihren offiziellen Verlautbarungen dazu sagt – sie sind ein Teil des Systems von Harvard. Wissen ist Macht, und ihr müsst von den diskriminierenden Praktiken erfahren, die sich direkt vor eurer Nase abspielen.«
    Er erwähnte nicht meinen Namen und schaute auch nicht in meine Richtung, aber ich machte mich auf meinem Stuhl mindestens einen Kopf kleiner, lehnte mich zurück und hörte die nächste Stunde dabei zu, wie Frauen und Männer aufstanden und von ihren Erfahrungen mit weißen Kommilitonen berichteten, die im Gegensatz zu ihnen zu den Partys der Clubs eingeladen wurden, und von Mitgliedern, die alte Examensarbeiten und Mitschriften zur Verfügung stellten, die sonst für niemanden zugänglich waren. Sie diskutierten über orgiastische Trinkgelage, insbesondere über einen Fall, wo eine umherstreifende Bande von Mitgliedern und Kandidaten auf dem Heimweg von einem Abendessen einem schwarzen Mädchen, das alleine vom Square kam und nach Hause ging, rassistische Beleidigungen hinterher rief.
    Die Diskussion wurde weiter von dem Studenten im Dashiki angefeuert, der vorschlug, dass wir uns vor den Eingängen der Clubhäuser anketten sollten; eine Erstsemesterin aus Compton schlug vor, die Namen der Clubmitglieder zu ermitteln und sie als Fahndungsaufrufe an die Wände

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