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Der Geheime Orden

Der Geheime Orden

Titel: Der Geheime Orden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Smith
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ihn bislang noch nicht zu einem persönlichen Gespräch zitiert, doch Mitch rechnete damit, dass er jeden Tag in sein Büro bestellt werden konnte. Mitch gab sich beherrscht, aber ich wusste, dass er ein Nervenbündel war. Und er hatte jeden Grund dazu, auch wenn der Trainer meines Erachtens nach nur das bekommen hatte, worum er förmlich gebettelt hatte.
    Wir verabredeten uns in der Freshman Union, dem Speisesaal, der in erster Linie von den Erstsemestern benutzt wurde, der aber den älteren Studenten zu bestimmten Tageszeiten ebenfalls offen stand. Er befand sich unmittelbar außerhalb des Yards und gegenüber vom Fakultätsclub. Das Union war ein massives Gebäude mit einem riesigen Speisesaal im Erdgeschoss, der mit dunklem Holzpaneel verkleidet war und von riesigen Kronleuchtern erhellt wurde, die aus Geweihen von Tieren gefertigt waren, die angeblich allesamt von Teddy Roosevelt auf einer Safari geschossen worden waren. Obwohl die Verpflegung im Union offiziell dieselbe war wie in den Häusern der fortgeschrittenen Studenten, war die Qualität der Speisen im Union mindestens eine Klasse schlechter als in den Häusern, und je später es wurde, desto mehr ließ sie nach.
    Es gab nur zwei gute Gründe, im Union zu essen. Zum einen war es die beste Möglichkeit, alle Erstsemesterinnen abzuchecken. Zum anderen gab es dort die beste Eiskrem auf dem Campus. Niemand hatte je herausgefunden, warum es sich so verhielt, doch gab es Gerüchte, dass Mrs. Widener an ihre Spende zum Aufbau der Bibliothek die Bedingungen geknüpft hatte, dass ein gewisser Teil davon abgezweigt werden sollte, um davon zu jeder Mahlzeit im Union Eiskrem servieren zu können. Dieses Gerücht wurde zwar niemals bestätigt, aber ich kann nur sagen, dass es zu jeder Mahlzeit, die ich im Union gegessen habe, Eiskrem gab, nur nicht zum Frühstück.
    Als ich eintraf, wartete Mitch schon vor dem Vordereingang auf mich. Er sah gar nicht wie ein Basketballspieler aus, eher wie ein reicher Junge aus der Vorstadt, der zufällig einen Kopf größer war als alle anderen. Er trug einen dezent karierten Pulli, Hosen mit umgeschlagenem Saum und schwarze Schuhe, die gerade genug glänzten, um nicht neu auszusehen. Mit seiner runden Hornbrille wirkte er stets so, als könnte er jeden Augenblick irgendeine Einstein-Gleichung ausspucken. Überflüssig zu sagen, dass Mitch überhaupt nicht wie ein Typ aussah, der seinen Basketballtrainer kürzlich in die Welt der kosmetischen Zahnbehandlung eingeführt hatte.
    Wir schnappten uns ein paar Burger und suchten uns einen Platz in der kleinen Rotunde, wohin normalerweise die Künstler, Punks und Sozialversager vor den Massen flüchteten. Mitch konnte an keinem Tisch vorbeigehen, ohne dass irgendjemand seinen Namen rief und eine Wurfbewegung machte oder die Mädchen sich gegenseitig anstießen. Ich fragte mich, wie viele von ihnen wohl wussten, dass ihr Held nur eine Verwaltungsratssitzung vom Rauswurf entfernt war.
    »Habe ich richtig gehandelt oder falsch?«, fragte er, nachdem wir es uns bequem gemacht hatten.
    »Beides«, sagte ich.
    »Wie kann das sein?«
    »Es war prinzipiell vollkommen richtig, ihn umzuhauen, aber es war ein Fehler, dass du es getan hast.«
    »Das ergibt doch keinen Sinn.«
    »Hier geht es nicht nur darum, was neulich passiert ist«, sagte ich und setzte meine Ratgebermütze auf. »Hier geht es um eine grundsätzliche Frage. Dass eine Tat gerechtfertigt ist, bedeutet noch lange nicht, dass es richtig ist, so zu handeln. Der Trainer hat dich provoziert. Das war falsch, aber damit muss man leben. Als Spieler müssen wir alle möglichen Beleidigungen ertragen können, auch wenn sie uns zur Weißglut treiben. Das gehört zum Spiel. Aber dann hat er dich geschlagen. Das war falsch und inakzeptabel. Jeder Trainer, der einen Spieler schlägt, überschreitet damit eine Grenze und sollte zur Rechenschaft gezogen werden. Wie schon mein Großvater stets sagt: ›Du kannst mich beschimpfen, wie du willst, doch wenn du Hand an mich legst, hast du ein Probleme Aber du hast deshalb falsch gehandelt, weil du in dem Augenblick, als du zurückgeschlagen hast, die Schwere seines Vergehens gemindert hast. Du hast den großen Fehler des Trainers zu einem kleinen gemacht.«
    Mitch schien enttäuscht von meiner Analyse. »Ich wäre also besser aufgestanden und gegangen, nachdem er mich vor allen Leuten eine Memme genannt und gestoßen hat?«
    »Es wäre dir bestimmt nicht leicht gefallen, aber es wäre die richtige

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