Der Geheime Orden
und war in den Newport Daily News erschienen. Es war eine kurze Nachricht ohne Verfasserangabe. Der erste Absatz beschäftigte sich mit einer großzügigen Spende, die Mr. Collander Abbott dem örtlichen Gartenbauverein hatte zukommen lassen; dann wandte der Verfasser sich dem geheimnisvollen Verschwinden von Erasmus Abbott zu. Er erwähnte den Schleier der Geheimhaltung, der den Fall in den vergangenen vier Monaten umgeben habe. Collander und Elizabeth Abbott hatten nicht mehr an gesellschaftlichen Ereignissen teilgenommen, seit das Verschwinden ihres Sohnes bekannt gegeben worden war, und hatten sich in ihr Herrenhaus an der Atlantikküste zurückgezogen, von wo aus sie jede Bitte der Presse um Interviews ablehnten. Die Abbotts waren kein einziges Mal nach Cambridge gereist, um sich mit der Polizei oder Vertretern der Universität zu treffen, sondern wickelten die gesamte Kommunikation in dieser Angelegenheit über das Telefon oder Bevollmächtigte ab, die in ihrem Auftrag an der Universität erschienen. Danach wurde der Artikel interessant. Abbott wurde gefragt, ob er eine Durchsuchung des Delphic Clubs befürwortete – jenes Ortes also, den Erasmus in der Nacht seines Verschwindens wahrscheinlich aufgesucht hatte. Abbott betrachtete eine solche Durchsuchung nicht nur als unnötig, sondern unterzeichnete sogar gemeinsam mit anderen Mitgliedern des Delphic eine Petition, die sie an einem Cambridger Gericht einreichten, um die ihrer Ansicht nach unberechtigte Durchsuchung einer privaten Institution zu verhindern.
Der nächste Ausschnitt stammte aus der New York Times, die am 1. Mai 1977 einen langen Nachruf mitsamt einer Abbildung von Collander Abbott brachte. Der Nachruf klang wie ein tabellarischer Lebenslauf. Er erwähnte Abbotts Eltern, Dr. und Mrs. Geoffrey Abbott, sowie das Vermögen, das die Familie dank ihrer weltweiten Pressebeteiligungen angehäuft hatte. Collanders Jugend wurde kurz abgehandelt, bevor der Text sich auf seine Jahre in Harvard konzentrierte, wo er Mitglied von Phi Beta Kappa war und ein geschätzter Angehöriger des exklusiven Delphic Clubs. Es gab einen merkwürdigen Absatz, der Erasmus Abbott gewidmet war.
Abbotts Sohn Erasmus trat in Harvard in die Fußstapfen seines Vaters und wurde ein beachteter Student der Physik, bevor er nach einem Halloweenstreich spurlos verschwand. Der Körper des jungen Abbott wurde nie gefunden, obwohl intensiv nach ihm gefahndet worden war. Viele der offenen Fragen dieses Falles standen im Zusammenhang mit dem Delphic Club, einer Geheimgesellschaft, die vom verstorbenen J. P. Morgan Jr. gegründet worden war und deren aktives Mitglied Collander Abbott auch nach dem rätselhaften Verschwinden des Sohnes bis zu seinem Lebensende blieb. Berichte über ein Zerwürfnis zwischen Vater und Sohn waren zuerst laut geworden, als der junge Abbott aus der religiösen Tradition seiner Familie ausbrach und sich den katholischen Lehren eines entfernten Cousins zuwandte, der mit dem strengen Protestantismus der Abbotts gebrochen hatte.
Der Rest des Artikels handelte von dem immensen philanthropischen Einsatz der Familie, in erster Linie zum Nutzen der Kirche, die der Vater als dringend notwendig für die moralische Erbauung zukünftiger Generationen betrachtete, die andernfalls den Verderbnissen der Zivilisation verfallen würden. Außerdem wurde erwähnt, dass er ein prominentes Mitglied des Kolonialvereins von Massachusetts war. Doch dieser eine Absatz ging mir nicht aus dem Kopf. Warum hielt der Reporter es für wichtig, das religiöse Zerwürfnis in der Familie zu thematisieren? Hatte Erasmus Abbott sich tatsächlich mit seinem Vater überworfen? Und wenn ja, in welchem Ausmaß? Und hatte das irgendetwas mit seinem Einbruch im Delphic zu tun?
Ich nahm den Telefonhörer und wählte die Nummer der Seniorenresidenz Thompson. Die Telefonistin stellte mich zu Kelton Dunhill durch, der sich nach dem dritten Klingeln meldete. »Hier unten ist es heißer als in der Hölle«, sagte er. »Wie sieht’s oben bei euch im eisigen Boston aus?«
»Das Head-Wochenende ist gerade vorbei, Sir«, sagte ich.
»Dann kann der Campus jetzt ja wieder aufatmen«, sagte er. »In den Siebzigern hab ich einmal bei einem dieser Wochenenden mitgemacht. Es schien eine einzige riesige Party zu sein. Davor hatte ich höchstens beim Spiel erlebt, dass so viele Leute in Cambridge eingefallen waren.«
»Hier war wirklich einiges los, aber jetzt läuft alles wieder in gewohnten Bahnen«,
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