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Der Geheime Orden

Der Geheime Orden

Titel: Der Geheime Orden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Smith
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Theke bezogen und nahm still die Bestellungen entgegen, drehte Burger auf dem Grill und mixte Milchshakes. Charlie arbeitete fast immer alleine. Er war ein ruhiger Mann mit schweißnasser Stirn und kahlem Schädel, der die Macken seiner zahlreichen nächtlichen, gefräßigen Gäste nur ertrug, weil ihm ohnehin nichts mehr fremd unter der Sonne war. Ob Nobelpreiskandidat oder Müllmann, Charlie sprach alle auf die gleiche Weise an: »Was darf s denn sein, Chef?« Mehr konnte man auch kaum aus ihm herausbringen, es sei denn, die Langeweile brachte ihn dazu, eine seiner legendären Harvard-Anekdoten zu erzählen, die er in zwanzig Jahren Nachtschicht gesammelt hatte.
    Ich bestellte mir einen doppelten Cheeseburger mit Speck und eine Portion Pommes zum Mitnehmen. Ich hatte gerade einen Platz am hinteren Fenster gefunden, der klein genug war, um mich hineinzuquetschen, als ich meinen Namen hörte. Ich schaute zwischen drei Körpern hindurch und sah Stromberger vor der Theke anstehen.
    »Wie laufen die Nachforschungen?«, fragte sie, nachdem sie sich zu mir durchgekämpft hatte.
    »Ich komme so langsam voran«, sagte ich. »Ich bin sicher, dass es einen Konflikt zwischen Erasmus und seinem Vater gab. Einer seiner Kommilitonen konnte mir bestätigen, dass seine Eltern nicht einmal nach Harvard gekommen sind, solange die Ermittlungen liefen – nicht mal, um dem Gedenkgottesdienst beizuwohnen.«
    »So viel zum Thema liebevolle Familie«, sagte sie. »Ich musste neulich noch an eine andere Sache denken, aber es ist vielleicht ein bisschen verrückt, also lach mich nicht aus. Gesetzt den Fall, Abbott wäre in jener Nacht nicht wegen eines Verbrechens verschwunden, sondern einfach davongelaufen, und sein Vater hätte die ganze Zeit von seinem Plan gewusst?«
    »Aber warum zieht er dann das ganze Programm durch, bietet eine Belohnung an und schickt seine Leute auf den Campus?«, sagte ich.
    »Ablenkung. Er tut so, als hätte er keine Ahnung, was mit seinem Sohn passiert ist, und ist zu sehr in Trauer versunken, dass er nicht einmal persönlich an der Universität seines Sohnes erscheinen kann. Aber die ganze Zeit weiß er über das Verschwinden Bescheid.«
    Ich dachte einen Augenblick nach. Das war definitiv eine Möglichkeit, die ich noch nicht in Betracht gezogen hatte. »Und warum ist Erasmus dann nie wieder aufgetaucht?«
    »Vielleicht haben sie ihn heimlich woanders hingebracht, zum Beispiel nach Europa, wo er den Rest seines Lebens blieb.«
    »Aber warum?«, sagte ich.
    Stromberger zuckte mit den Schultern. »Da kann es viele Gründe geben. Er könnte vor einem dunklen Geheimnis geflohen sein. Oder seine Familie hatte etwas zu verbergen.«
    Ich versuchte das, was passiert war, aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Dunhill hatte bestätigt, dass Abbott tatsächlich in das Haus eingedrungen war. Aber er hatte auch gesagt, dass Sampson aus einem der oberen Fenster zugeschaut hatte. Und Dalton hatte die Ermittlungsakten in den Archiven der Bostoner Polizei gefunden. Darin stand, dass kurze Zeit, nachdem Sampson beim Delphic Club gekündigt hatte, sein Cousin und die Freundin seines Cousins mit Kopfschüssen getötet auf den Kais gefunden worden waren. Der Cousin hatte fünfundzwanzigtausend Dollar in den Taschen. Vielleicht war das Sampsons Geld gewesen. Und Sampson hatte es vom Delphic oder von Abbott bekommen. Schweigegeld?
    »Ja, durchaus möglich, dass sie etwas zu verbergen hatten«, sagte ich. Rasch konstruierte ich eine neue Hypothese. Abbott durchsucht den Club und findet tatsächlich etwas. Schließlich wird er von Sampson gestellt, der erfährt, dass Erasmus der Sohn von Collander Abbott ist, graduiertes Mitglied und Ritter der Altehrwürdigen Neun. Sampson bietet dem Vater den Sohn und sein Schweigen für eine große Summe Geldes an – mindestens fünfundzwanzigtausend Dollar. Abbott schafft seinen Sohn aus der Gefahrenzone, damit er nicht umgebracht wird, weil er in den geheimen Raum eingebrochen ist, und niemand hört jemals wieder von Erasmus Abbott.
    »Du musst mehr über die Geschichte herausfinden«, sagte Stromberger. »Versuch’s mal bei der Historischen Kommission von Cambridge. Die Uni gibt es schon so lange, dass die Geschichte der Stadt und die der Universität so ziemlich auf dasselbe hinausläuft. Ich kenne jemanden in der Kommission, wenn du einen Ansprechpartner brauchst. Sie sind ein bisschen langsam, aber zuverlässig.«
    Ich dankte ihr, schnappte mir meine Tüte mit Essen und machte mich

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