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Der Geheime Orden

Der Geheime Orden

Titel: Der Geheime Orden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Smith
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River Charles, der sich durch Cambridge und nach Boston hineinschlängelt. Als der Raum vollendet war, haben Architekturzeitschriften im ganzen Land Berichte darüber gebracht. Ich weiß noch, dass Fremde vor unserer Tür standen und fragten, ob sie ›den Raum‹ sehen dürften. Es war eine großartige Zeit für dieses alte Haus. Wie eine Wiedergeburt.«
    Ich schaute durch eines der Fenster und erkannte den erleuchteten Wolkenkratzer des Prudential Center, der sich graziös über alle anderen erhob. Er war mindestens zwölf Kilometer entfernt, aber die vergrößernden Fenster brachten ihn bis auf Armlänge heran – nahe genug, dass ich die Leute in ihren Büros sehen konnte.
    »Heute Abend ist es ein bisschen bewölkt«, sagte Jacobs. »Aber an klaren Tagen können Sie das John-Hancock-Gebäude und die meisten anderen Wolkenkratzer im Bankenviertel sehen.«
    Wir traten an ein anderes Fenster und schauten hinaus in die Dunkelheit. Ich konnte die alten Gebäude am Yard und die Häuserreihe am Charles erkennen. Da war auch die berühmte Citgo-Leuchtreklame am Kenmore Square in der Nähe von Fenmor Park, dem Heimstadion der Boston Red Sox. Während wir schweigend dastanden, musste ich daran denken, wie weit meine Wirklichkeit doch von dieser Welt unvorstellbarer Dekadenz entfernt war. Wenn ich keine notariell beglaubigten Fotos mitbrachte, würden meine Freunde zu Hause mir niemals glauben, dass ich in einem Haus mit einer solchen Aussicht gestanden hatte, Schulter an Schulter mit einem so reichen und mächtigen Mann wie Stanford Jacobs.
    Und dann überraschte er mich.
    »Wie geht es Ihrer Mutter Sharon?«, wollte er wissen.
    »Gut«, sagte ich. Ich war zu nervös, ihn zu fragen, woher er ihren Namen kannte.
    »Haben Sie noch Verbindungen zur Familie Ihres Vaters?«
    »Mein Vater hat uns verlassen, als ich noch ein Baby war«, sagte ich.
    »Ich weiß.«
    »Woher?«
    »Wir wissen viel über unsere Kandidaten.« Jacobs lächelte. »Das gehört zu unseren Aufgaben.«
    »Ich habe meinen Vater nie gesehen«, sagte ich. »Er hat meine Mutter verlassen, bevor ich geboren wurde.«
    »Haben Sie Kontakt zu ihm oder seiner Familie?«
    »In der Grundschule bin ich einem meiner Vettern begegnet. Er war auf einem Schulausflug nach Chicago. Sonst habe ich noch nie jemanden aus seiner Familie gesehen.«
    Eine peinliche Pause setzte ein. Jacobs schien über irgendetwas nachzugrübeln.
    »Familie ist sehr wichtig«, sagte er schließlich. »Sie ist meistens bestimmend dafür, wer wir sind und was wir aus uns machen.«
    »Meine Mutter und ihre Verwandten sind meine Familie«, sagte ich. »Sie unterstützen mich sehr und arbeiten hart. Ich bin hier in Harvard, weil sie Opfer dafür gebracht haben.«
    »Niemand von seiner Seite der Familie hat Sie je kontaktiert?«, fragte Jacobs.
    »Soweit ich mich erinnern kann, nein.«
    »Sie haben nie ihre Familiengeschichte mit Ihnen geteilt?«
    »Meine Familiengeschichte ist die Geschichte meiner Mutter und ihrer Familie.«
    »Haben Sie überhaupt einmal versucht, Kontakt zu Ihrem Vater aufzunehmen?«
    »Ich weiß nicht einmal, ob er noch lebt.«
    Jacobs nickte. »Nun, allem Anschein nach hat Ihre Mutter einen großartigen Job gemacht und Sie zu einem prächtigen jungen Mann erzogen«, sagte er. »Es ist schön, Sie unter den Kandidaten zu wissen. Stellen Sie sich vor, Sie hätten das alles verpasst, wenn Sie nach Hobart gegangen wären.«
    Die letzte Bemerkung ließ mich erstarren. Hobart war eine kleine Hochschule im Staat New York. Ich hatte mich dort beworben, weil meine damalige Freundin an der Highschool gesagt hatte, sie wolle dorthin gehen. Aber ich hatte den Antrag heimlich ausgefüllt und abgeschickt und nicht einmal meiner Mutter davon erzählt. Sie hätte energisch protestiert, hätte sie auch nur die leiseste Vermutung gehabt, dass ich eine Hochschule in Betracht zog, die so weit außerhalb ihres Gesichtsfeldes lag. Wie konnte Jacobs von Hobart wissen, wenn ich nur mit Caitlyn hinter verschlossenen Türen darüber diskutiert hatte?
    Er lehnte seinen Stock gegen eines der Fenster und zog eine schwarze Brieftasche aus Alligatorleder hervor, entnahm ihr eine Visitenkarte und kritzelte etwas auf die Rückseite, bevor er sie mir reichte. »Das ist meine Privatnummer«, sagte er. »Scheuen Sie sich nicht, sie zu nutzen.«
    »Das ist wirklich nett von Ihnen«, sagte ich, schaute auf die Karte und ließ sie in meine Jackentasche gleiten. Mir wurde seltsam zumute. Es war das erste Mal in meinem

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