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Der Geheime Orden

Der Geheime Orden

Titel: Der Geheime Orden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Smith
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streitlustigste Mensch, den man sich vorstellen kann, aber er war es nicht auf die entnervende Art eines besserwisserischen Klassenkameraden. Prims liebster Zeitvertreib bestand darin, sich irgendeines Themas anzunehmen, egal wie trivial es sein mochte, und es aus tausend Perspektiven zu beleuchten. Danach prüfte er die Gültigkeit einer jeden dieser Perspektiven, bis irgendjemand ihm sagte, die Klappe zu halten. Er war berühmt dafür, dass er ein Argument vorbrachte, dann eine Kehrtwende machte und dagegen argumentierte. In Seminaren tat er das die ganze Zeit und trieb die Professoren damit in den Wahnsinn. Für alle anderen aber war es vergnüglich. Als würde man jemanden dabei beobachten, wie er Schach gegen sich selbst spielt und sich irgendwann darüber aufregt, dass er in eine Pattsituation geraten ist.
    »Dann lass mal sehen, was du hast«, sagte ich.
    Dalton stand auf und stellte die Kiste auf seinen Schreibtisch, bevor er die Lampe einschaltete. Ich zog einen der Lehnstühle heran und setzte mich neben ihn.
    »Wo hast du sie diesmal gefunden?«, fragte ich.
    »Im zweiten Stock in einem seiner Arbeitszimmer. Sie lag in seiner untersten Schreibtischschublade, unter einem Stapel von Papieren.«
    »Du hast das ganze Haus durchsucht?«
    »Beinahe. Es hat mich fast vier Stunden gekostet, bevor ich dieses Ding in Händen hielt. Ich hatte ganz vergessen, wie viele Zimmer das alte Herrenhaus hat. Einige Räume sehen aus, als wären sie nicht mehr benutzt worden, seit ich ein kleiner Junge war und mit Tante Teddy Verstecken gespielt hab.«
    »Wer wohnt jetzt dort?«
    »Onkel Randolph und eine ganze Armee von Dienstboten. Sie hängen herum und warten nur darauf, dass er den Löffel abgibt, damit sie sehen, ob er ihnen etwas hinterlassen hat. Es ist eine verdammte Farce.«
    »Ja, ja, immer diese Probleme, die das Geld mit sich bringt«, seufzte ich. Ich war mir nicht sicher, ob Dalton meinen Sarkasmus verstanden hatte. Wenn ja, zeigte er es jedenfalls nicht.
    Ich betrachtete die Kiste. Sie sah wie ein altes Schmuckkästchen aus mit seinem marineblauen Lederfutter und dem dunklen, polierten Holz. Drei Fackeln waren in die Mitte des Deckels eingeprägt; darunter waren die Initialen R. A. W. eingeschnitzt. Scharniere und Schloss waren verrostet. Als Dalton den Deckel anhob, war ich wie geblendet von dem Glitzern, das mir entgegenschlug.
    »Verdammt, das sind ja Diamanten!«, stieß ich hervor und rückte näher, um besser sehen zu können. Der Streifen aus purpurrotem Samt war stark verblasst, und durch den Stoff konnte man Teile des Gummibandes sehen. Die beiden Enden des Streifens wirkten ein bisschen abgewetzt, doch es sah so aus, als wären sie einmal irgendwo befestigt gewesen. Die Diamanten bildeten die Worte Serva Sodalitatem. Irgendwie verursachten mir diese Megawattbestrahlung und der Gedanke, was dieses verdammte Ding wohl wert sein mochte, ziemliche Kopfschmerzen.
    »Ich glaube, es ist ein Hosenband«, sagte Dalton, nahm vorsichtig das Stück Stoff aus der Kiste und legte es auf den Tisch. Es war etwa zwanzig Zentimeter lang und gut drei Zentimeter breit.
    »Ein Hosenband?«, sagte ich. »Also ein Stück Stoff, das eine Socke oder einen Strumpf daran hindert, herunterzurutschen?«
    »Das war mein Gedanke«, sagte Dalton. »Ich hab im Internet nach Hosenbändern gesucht und etwas gefunden, das sich Hosenbandorden nennt.«
    »Noch nie davon gehört«, sagte ich. »Was soll das sein?«
    Dalton streckte die Hand aus und nahm ein paar Blatt Papier vom Schreibtisch. »Hier sind die Computeraus drucke. Lies selbst«, sagte er und gab mir die Seiten.
    Der Artikel hieß Hosenbandorden und stammte von einer Organisation, die sich »Monarchie Heute« nannte. Der Verfasser erklärte, dass es sich beim Hosenbandorden um den ältesten und angesehensten britischen Ritterorden handelte, gegründet von Edward III. im Jahr 1348. Dem Orden gehörten der König und fünfundzwanzig Ritter an; er war die höchste Auszeichnung für Loyalität gegenüber dem König und für militärische Verdienste. In dem Artikel hieß es weiter, dass das blaue Hosenband als Emblem des Ordens fungierte. Sein Ursprung lag im Dunkeln, doch einige Historiker waren der Meinung, dass er durch einen Zwischenfall inspiriert wurde, der dem König beim Tanz mit Johanna, der Gräfin von Salisbury, widerfahren war. Das Strumpfband der Gräfin rutschte zu Boden; als der König es aufgehoben hatte, befestigte er es als Hosenband an seinem eigenen Bein.

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