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Der geheime Stern

Der geheime Stern

Titel: Der geheime Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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“Tut mir leid, Grace, ich muss weg.”
    Sie schluckte. “Etwas Schlimmes?”
    “Ich muss weg”, war alles, was er sagte. “Ich lasse dich von einem Streifenwagen zurück zu Cade bringen.”
    “Kann ich nicht hier auf dich warten?”
    “Ich weiß nicht, wie lange es dauern wird.”
    “Das ist egal.” Sie streckte die Hand nach ihm aus, wusste aber nicht, ob sie ihn erreichen konnte. “Ich würde gerne warten. Ich möchte auf dich warten.”
    Bisher hatte noch nie eine Frau auf ihn gewartet. “Gut, aber wenn es dir zu lange dauert, ruf auf der Wache an. Ich werde eine Nachricht hinterlassen, dass man dich nach Hause fahren soll, wenn du es möchtest.”
    “Schön.” Sie würde nicht anrufen. Sie würde warten. “Seth.” Sie küsste ihn vorsichtig. “Wir sehen uns, wenn du zurückkommst, nicht wahr?”

9. KAPITEL
    G race stellte den Fernseher an und setzte sich auf das Sofa. Fünf Minuten später stand sie wieder auf. Keine Pflanzen, keine Haustiere. Das Wohnzimmer war maskulin-schlicht möbliert. Ein großes, bequemes dunkelgrünes Sofa. Sie hätte es mit Kissen aufgepeppt. Burgunderroten, dunkelblauen, kupferfarbenen. Der Couchtisch war aus schwerem, glänzendem Holz und staubfrei.
    Wahrscheinlich hatte er eine Putzfrau. Sie konnte sich einfach nicht vorstellen, dass Seth mit einem Staubwedel bewaffnet durch das Haus marschierte.
    Unter dem Fenstersims stand ein Bücherregal. Sie hockte sich auf den Boden, um die Titel zu lesen, und stellte erfreut fest, dass sie denselben Geschmack hatten. Sie entdeckte sogar ein Buch über Gartenarchitektur, das sie ebenfalls besaß.
    Das hingegen konnte sie sich vorstellen: wie Seth die Erde umgrub und etwas pflanzte, das fortdauern würde.
    Dann betrachtete sie die Gemälde an den Wänden, allesamt Porträts, die mit dem Namen Marilyn Buchanan signiert waren. Schwester, Mutter, Cousine? Auf jeden Fall jemand, den er liebte. Sie betrachtete das erste Bild genauer.
    Es musste sich um Seths Vater handeln. Er hatte dieselben klaren, durchdringend goldbraunen Augen. Das kantige Kinn wirkte wie gemeißelt. Er strahlte Stärke aus, Würde, und in seinem Blick lag ein Anflug von Melancholie.
    Auf dem nächsten Bild war eine Frau zu sehen. Sie hatte ein hübsches Gesicht, doch die verräterischen Linien und ein Hauch von Grau in dem dunklen lockigen Haar verrieten ihr Alter. Die grauen Augen blickten freundlich und geduldig. Das ist Seths Mund, dachte Grace lächelnd. Welche Stärke verbarg sich hinter den stillen grauen Augen seiner Mutter? Was kostete es, zu akzeptieren, dass die Menschen, die man liebte, sich Tag für Tag in Gefahr brachten?
    Welche Stärke dafür auch immer notwendig war – diese Frau besaß sie.
    Da war noch ein anderer Mann, jung, um die zwanzig, mit großspurigem Grinsen und dunklen Augen sowie dunklem Haarschopf. Sein Bruder. Und schließlich eine junge Frau mit schulterlangem Haar, wachem Blick und einem halben Lächeln auf den Lippen. Sehr hübsch und ähnlich ernst wie Seth. Seine Schwester.
    Sie fragte sich, ob sie diese Menschen jemals kennenlernen würde. Sie war sicher, dass Seth seiner Familie die Frau, die er liebte, vorstellen würde. Ein schmerzhafter Stich fuhr ihr ins Herz. Ganz sicher würde er eine Affäre nicht mit nach Hause nehmen, um sie seiner Mutter vorzustellen.
    Für einen Moment schloss Grace die Augen. Hör auf, dir selbst leidzutun, schimpfte sie sich stumm. Du kannst nicht alles haben, was du willst, also mach das Beste aus dem, was du hast.
    Sie öffnete die Augen wieder, betrachtete noch einmal aufmerksam die Porträts. Gute Gesichter, dachte sie. Eine gute Familie.
    Aber wo war Seths Porträt? Es musste eines geben. Was hatte die Künstlerin in ihm gesehen? Hatte sie den kalten Polizistenblick festgehalten, das überraschend schöne Lächeln oder das viel zu seltene Grinsen? Entschlossen, die Antwort zu finden, machte sie sich auf die Suche. In den nächsten zwanzig Minuten erfuhr sie, dass Seth sehr ordentlich war, dass es in jedem Raum ein Telefon und ein Notizbuch gab, dass das zweite Zimmer eine Mischung aus Gästezimmer und Büro war und dass das dritte als Fitnessraum genutzt wurde. Seth bevorzugte dunkle Farben und robuste Stoffe.
    Sie fand weitere Aquarelle, aber kein weiteres Porträt. Sie lief erneut ins Gästezimmer, neugierig geworden, weil es nur hier persönliche Dinge gab. In einem Regal entdeckte sie eine Kollektion aus Holz- und Steinfiguren. Drachen, Greife, Zauberer, Einhörner und Zentauren. Und

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