Der geheime Stern
meine Kinder haben mit diesen Kindern gespielt. Wie zum Teufel soll ich ihnen das erklären?”
“Wie gut kannten Sie den Vater?”
“Nicht gut. Das hört man doch immer wieder, Lieutenant. Ein unauffälliger Mann, höflich, verschlossen.” Er lachte freudlos auf. “Verschlossen sind sie immer.”
“Mulrooney übernimmt den Fall. Sie können ihn unterstützen, wenn Sie wollen. Aber jetzt gehen Sie nach Hause, geben Ihren Kindern einen Kuss und gehen ins Bett.”
“Klar.” Mick kratzte sich am Kopf. “Hören Sie, Lieutenant. Ich habe etwas über diesen DeVane herausgefunden.”
Seth zog scharf die Luft ein, darum bemüht, sich die Anspannung nicht anmerken zu lassen. “Etwas Interessantes?”
“Kommt darauf an, worauf Sie aus sind. Er ist zweiundfünfzig, war nie verheiratet, hat ein Vermögen von seinem alten Herrn geerbt, außerdem ein großes Weingut auf Terresa, dieser Insel. Pflanzt Olivenbäume.”
“Gentleman-Landwirt?”
“Ach, er hat noch viel mehr am Laufen. Investitionen, wohin man schaut: Schiffsbau, Kommunikation, Import-Export. Vor drei Jahren wurde er Botschafter in den Staaten. Scheint ihm hier zu gefallen. Er hat ein elegantes Haus in der Foxhall Road gekauft, liebt es, Empfänge zu geben. Die Leute reden aber nicht gern über ihn, sie werden sofort nervös.”
“Geld und Macht machen viele Menschen nervös.”
“Sicher. Viele Informationen habe ich bislang nicht. Aber es gab da vor ungefähr fünf Jahren eine Frau. Opernsängerin. Ziemlich bekannt, wenn man sich dafür interessiert. Italienerin. Offenbar standen sie sich sehr nahe. Und dann ist sie plötzlich verschwunden.”
“Verschwunden.” Seths Interesse erwachte erneut. “Wie?”
“Das ist es ja. Sie ist wie vom Erdboden verschluckt. Die italienische Polizei hat nichts herausfinden können. Sie hatte ein Haus in Mailand und all ihre Sachen dort zurückgelassen – Kleider, Schmuck. Sie sang an der Mailänder Scala und ist mitten in der Saison einfach verschwunden, kam nicht zur Abendvorstellung. Nachmittags ist sie noch einkaufen gegangen und hat sich ein paar Dinge in ihr Haus liefern lassen. Seitdem gibt es kein Lebenszeichen.”
“Wurde sie entführt?”
“Das hat die Polizei vermutet. Aber es gibt keine Lösegeldforderung, keine Leiche, überhaupt keine Spur von ihr seit fast fünf Jahren. Sie war …”, Mick runzelte nachdenklich die Stirn, “… um die dreißig und sah umwerfend aus. Sie hatte jede Menge Lire auf ihrem Konto, das Geld ist noch immer da.”
“Und DeVane wurde verhört.”
“Ja. Anscheinend war er auf seiner Yacht im Ionischen Meer, hat Sonne getankt und Ouzo getrunken, während das alles passierte. Ein halbes Dutzend Gäste war mit ihm an Bord. Der italienische Polizist, mit dem ich gesprochen habe – ein großer Opernfan – hatte nicht den Eindruck, dass DeVane besonders schockiert oder traurig war. Er hatte einen Verdacht, konnte DeVane aber nichts nachweisen. Außerdem hat DeVane eine Belohnung von fünf Millionen Lire ausgesetzt für Hinweise über den Verbleib der Frau. Die hat aber nie jemand eingefordert.”
“Das klingt interessant. Haken Sie weiter nach.” Und, dachte Seth, ich werde dasselbe tun.
“Eines noch.” Mick streckte sich. “Der Typ ist Sammler. Er hat von allem etwas – Münzen, Briefmarken, Schmuck, Bilder, Antiquitäten, Statuen. Alles. Man erzählt sich, dass er auch eine einzigartige Juwelensammlung besitzt, die es mit der des Smithsonian aufnehmen kann.”
“DeVane steht auf Steine?”
“O ja. Und stellen Sie sich das mal vor: Vor ungefähr zwei Jahren hat er drei Riesen für einen Smaragd ausgegeben. Sicher, es war ein großer Stein, aber der Preis war vor allem so hoch, weil es sich um einen magischen Stein gehandelt haben soll.” Bei der Vorstellung verzog Mick spöttisch den Mund. “Er soll einmal dem Zauberer Merlin höchstpersönlich gehört haben. Sie wissen schon, dem aus der Artussage. Scheint mir so, als ob ein Typ, der so was kauft, sich auch für blaue Diamanten und diesen ganzen Unsinn von wegen Unsterblichkeit interessieren könnte.”
“Darauf würde ich wetten.” War es nicht merkwürdig, dass DeVanes Name nicht auf Baileys Kundenliste gestanden hatte? Dass er als Sammler, der nur wenige Meilen von Juwelier Salivini entfernt wohnte, nie mit ihr Geschäfte gemacht hatte?
Nein, das konnte kein Zufall sein.
“Geben Sie mir alles, was Sie haben, wenn Sie morgen zum Dienst erscheinen. Und ich würde gern persönlich mit dem
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