Der geheime Stern
mir?” Entnervt packte er sie bei den Schultern und schüttelte sie leicht. “Was zum Teufel willst du?”
“Das.” Sie warf den Kopf zurück. “Genau das. Einen Anflug von Emotionen, ein kleines bisschen Leidenschaft! Du kannst dir deine stocksteifen Entschuldigungen an den Hut stecken, genauso wie deine eiskalte Reaktion auf die Blumen. Diese eisige Kontrolliertheit macht mich wahnsinnig, Seth! Wenn du etwas fühlst, was auch immer es sein mag: Raus damit!”
Sie keuchte erschrocken auf, als er sie an sich riss und sich voller Wut auf ihre Lippen stürzte. Als sie versuchte, sich zu wehren, löste er sich grob wieder von ihr und hielt sie auf Abstand. Ihre Knie zitterten.
“Ist das genug für dich?” Er hob sie auf die Zehenspitzen, sein Blick war nicht kalt, nicht leidenschaftslos, sondern aufgewühlt. “Genug Emotion, genug Leidenschaft? Ich verliere nicht gern die Kontrolle, Grace. Das kann ich mir in meinem Job nicht leisten!”
Ihr Atem ging schwer, ihr Herz aber wollte fliegen. “Hier geht es nicht um deinen Job.”
“Nein, aber das sollte es.” Er zwang sich, sie loszulassen. “Du solltest für mich nichts anderes sein als ein Job. Aber ich bekomme dich einfach nicht aus dem Kopf. Verflucht, Grace. Ich werde dich einfach nicht mehr los.”
Sie legte eine Hand an seine Wange, spürte, wie ein Muskel zuckte. “Mir geht es genauso. Der einzige Unterschied ist vielleicht, dass ich es so haben will.”
Aber für wie lange?, schoss es ihm durch den Kopf. “Komm mit zu mir.”
“Gern.” Lächelnd strich sie ihm durchs Haar. “Aber ich denke, wir sollten zumindest bis nach dem Essen bleiben. Sonst brechen wir Cade das Herz.”
“Dann also nach dem Essen.” Wie er feststellte, fiel es ihm überhaupt nicht schwer, ihre Hand an seine Lippen zu pressen und ihr dabei in die Augen zu sehen. “Tut mir leid. Aber … Grace?”
“Ja?”
“Falls dieser DeVane dich noch einmal anruft oder dir Blumen schickt …”
Ihre Lippen zuckten. “Ja?”
“Dann muss ich ihn töten.”
Mit einem entzückten Lachen warf sie sich in seine Arme. “Das hört sich schon viel besser an.”
“Das war schön.” Zufrieden sank Grace auf den Beifahrersitz. “Es ist schön, sie alle vier zusammen zu sehen. Obwohl es schon komisch ist. Als hätte ich nur einmal kurz geblinzelt, und jeder hätte einen riesigen Schritt nach vorn gemacht.”
“Ochs am Berge.”
Verwirrt drehte sie den Kopf. “Wie bitte?”
“Dieses Kinderspiel. Einer dreht den anderen den Rücken zu und ruft: eins, zwei, drei, vier, Ochs am Berg! Während er zählt, dürfen die Kinder laufen. Beim Wort ‘Berg’ dreht sich der Ochs um. Wer sich dann noch bewegt, muss wieder an den Start zurück.” Als sie verblüfft auflachte, blickte er sie erstaunt an. “Hast du als Kind nie solche Spiele gespielt?”
“Nein. Ich habe gelernt, wie man sich bei Tisch benimmt und wie man einmal am Tag flott spazieren geht. Manchmal bin ich gerannt”, erinnerte sie sich mit leiser Stimme. “So schnell ich konnte, bis mein Herz wie verrückt in meiner Brust geklopft hat. Das war gegen die Regeln, also musste ich recht oft an den Start zurück.” Über sich selbst verärgert zuckte sie mit den Achseln. “Klingt schlimm, was? War es eigentlich nicht. Mein Leben war einfach nur strukturiert.” Mit Schwung warf sie die Haare zurück. “Was für Spiele hat der junge Seth Buchanan denn noch so gespielt?”
“Die üblichen.” Wusste sie denn wirklich nicht, wie herzzerreißend es war, die Wehmut in ihrer Stimme zu hören und dann zu sehen, wie sie mit einem Schulterzucken darüber hinwegging? “Hattest du keine Freundinnen?”
“Natürlich.” Sie sah weg. “Nein. Aber das ist auch egal. Ich habe sie jetzt. Die besten Freundinnen, die man sich vorstellen kann.”
“Weißt du eigentlich, wie vertraut ihr miteinander wirkt? Wenn eine von euch einen Satz beginnt, dann können die anderen beiden ihn beenden.”
“Ach, Blödsinn.”
“Und ob! Heute Abend war das mindestens ein Dutzend Mal so. Ihr merkt das gar nicht. Und ihr benutzt so einen Code”, fuhr er fort. “Kleine Gesten. M.J. grinst ironisch oder rollt mit den Augen, Bailey senkt den Blick oder wickelt eine Haarsträhne um den Finger. Und du hebst die linke Augebraue, nur ein wenig, oder steckst die Zunge zwischen die Zähne. Wenn ihr das macht, zeigt ihr allen anderen, dass ihr gerade stille Botschaften austauscht.”
Sie war sich nicht sicher, ob es ihr gefiel, so durchschaut zu
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