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Der geheime Vortrupp – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Inspektor-Appleby-Serie (German Edition)

Der geheime Vortrupp – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Inspektor-Appleby-Serie (German Edition)

Titel: Der geheime Vortrupp – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Inspektor-Appleby-Serie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Innes
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vergessen.«
    Er kehrte zum Haus zurück, und Sheila sprang ins Motorboot. Nur jetzt nicht die Hebel verwechseln. Aber sie wußte, wo sie waren, und fand sich auch im Dunkeln zurecht. Nur der Motor sprang nicht an.
    Irgendwo in den Tiefen dieser mächtigen und komplizierten Maschine stimmte etwas nicht. Und es blieb keine Zeit nachzuforschen. Ein Motor brüllte – nicht ihrer –, und hinter dem Cottage tauchten zwei Lichtstrahlen auf, bogen um die Ecke, blieben stehen. Männer kamen gelaufen.
    Hetherton trat aus der Hütte, Sheila sah seine Silhouette, wie er nun ebenfalls lief, in der Hand etwas, das aussah wie ein exotischer Speer. Eine Harpune für die Lachsjagd, vermutete sie. Jetzt war er längsseits – und hinter ihm die Verfolger. Er schob das Boot an, und im selben Augenblick sprang einer der Männer und landete auf dem Bug. Die Harpune flog durch die Luft, der Mann war fort. Zwei Schritt Abstand hatte sie vom Steg. Sie sah, wie Hetherton sich umdrehte, wieder den Speer schleuderte und rücklings ins Wasser und Dunkel stürzte. Und unter sich spürte sie das Boot beben und sich bäumen. Der Motor lief, auf hoher Drehzahl im Leerlauf; das Boot schaukelte, und etwas stürzte ihr vor die Füße. Hetherton. Sie drehte den Bug des Bootes zum See hin und fuhr ab. Diesmal, hatte sie das Gefühl, wurde hinter ihr nicht geschossen.
    Der Mond war aufgegangen, doch von einer leichten Wolke verschleiert. Jenseits des dröhnenden Motors war die Nacht zu spüren, in immer weiter werdenden Kreisen der Stille; die Brutalität der vorangegangenen Szene schien immer unwirklicher, wie ein Alptraum, der so kurz ist, daß man mit klarem Kopf daraus erwacht. Sheila blickte hinunter zu Hetherton. Anscheinend hatte er die meisten Kleider ausgezogen und wrang sie über der Reling aus. »Sie sind nicht verletzt?« fragte sie.
    »Nein, so unglaublich das ist. Aber die beiden Männer wahrscheinlich schon – sogar schwer, fürchte ich. Es blieb einfach keine Zeit zum Überlegen.«
    »Nein, so unglaublich das ist.« Sheila war plötzlich übermütig. »Ich bin froh, daß Sie an Bord sind.«
    »Ich ebenso. Und ich denke auch, wie können zwei und zwei zusammenzählen und auf ein halbwegs richtiges Ergebnis kommen. Fahren Sie geradeaus, den See hinauf, und halten Sie sich weiter rechts. Dann bleiben wir im Schatten, falls die Wolken sich verziehen. Solange es hell genug ist, daß wir das Ufer sehen, reicht es.«
    Das Boot hüpfte voran. Nur das Heck war im Wasser, und es war, als glitten sie auf einem Luftstrom. »Weit kann es nicht mehr sein bis zum oberen Ende«, sagte Sheila. »Ob wir nicht besser …« Sie stutzte, denn sie merkte, daß sie grundlos schrie. Bisher hatten sie gegen den Motorlärm anschreien müssen, aber der Motor war mit einem Male verstummt. Ein Spotzen, ein Puffen, ein letzter Schub, dann glitt das Boot noch zischend weiter, aber die Schraube drehte sich nicht mehr. Der Tank war leer, und binnen kurzem würden sie zum Stehen kommen.
    »Der Mond«, sagte Hetherton.
    Alles war still, wie das Publikum eines Theaters, wenn der Lichtkegel eines Scheinwerfers auf der leeren Bühne erscheint. Die Weite des Sees, die Wellen, die an den Bootsrumpf schwappten, umgaben sie, und dahinter auf beiden Seiten die schwarzen Massen von Hügel und Wald. Aber unmittelbar vor ihnen, strahlend im Mondlicht, stand ein Berg, eine Berggruppe sogar, gekrönt von einer Zinne, die in der Luft zu schweben schien; zwei Höhenrücken, die sich davon nach Ost und West erstreckten, schimmerten wie Flügel. Und hinunter zum Loch lief, ein langgestreckter Keil wie der Schwanz eines Habichts, ein Streifen aus Heide und Geröll.
    Das war der Windvogel. Es konnte nichts anderes sein.

Kapitel 19
    Ein Wissenschaftler hat Visionen
    »Ein Mann namens Rodney Orchard«, sagte Hetherton. »In den Sechs-Uhr-Nachrichten kam eine Suchmeldung. Krankheitsfall in der Familie, nehme ich an.«
    Das Boot war in eine kleine Bucht ganz im Schatten geglitten. Sie hatten festgemacht, und dann hatte Sheila, in Decken gewickelt, geschlafen, hundemüde wie sie war. Nun aßen sie Brot und Sardinen und tranken abwechselnd aus der Sherryflasche: Sheila hatte das Gefühl, daß unter der Haut kleine Blitze durch ihren Körper zuckten. Das Wasser des Loch schimmerte, und hoch oben in den Bäumen säuselte der Wind.
    »Der Name beschäftigt mich. Er kommt mir vertraut vor, aber ich weiß nicht woher. Es ist eine Schande, wie wenig man heutzutage weiß. Die Menschen heute wissen

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