Der geheime Zoo. Auf der Jagd nach den Yetis
wälzte sich in seinem Bett herum. Er konnte nicht schlafen. In seinem Geist spielten sich ständig Szenen aus der Exkursion durch die Grotten ab. Immer noch staunte er darüber, dass sich dieses Tunnelnetz bis in seine Wohngegend ausbreitete. Verlief es etwa auch unter seinem eigenen Garten? Und wenn ja: Huschten in diesem Moment Präriehunde unter ihm hindurch?
Noah wickelte sich aus der Bettdecke und sprang auf. Der Wecker auf seinem Nachttisch zeigte 1:36 Uhr. Er ging zum Fenster, spähte hinaus in die Bäume und versuchte, in den Schatten einen Koboldmaki auszumachen. Nichts. Wie immer war keines dieser merkwürdigen Tiere mit den großen Augen zu sehen.
Seine Gedanken wanderten zum Baumhaus. Er konnte kaum glauben, dass ihr Fort Scout von den Bewohnern einer anderen Welt benutzt wurde, um die Grenzen des Zoos vor dem uralten Bösen zu beschützen. Er fragte sich, wer gerade da draußen war. Welcher Descender. Und welches Tier.
«Wann ist mein Leben eigentlich so verrückt geworden?», fragte er sich selbst.
Da er wusste, dass er so bald nicht einschlafen würde, schlich er sich aus seinem Zimmer und den Flur hinunter. Er stieg leise die Stufen hinab und ging in die Küche. Dort starrte er aus dem Fenster zu Fort Scout hinüber, doch er konnte nur wenig mehr erkennen als einen Umriss. Es würde wohl nicht schaden, wenn er rausging und mal nachsah. Vielleicht würde er dann ruhiger werden, und Mr Darby hatte ja gesagt, dass es in Ordnung sei.
«Nur ein kurzer Blick», sagte er zu sich selbst.
An der Hintertür zog er sich seine Jacke und seine rote Jagdmütze an. Er schlüpfte hinaus und lief über den Rasen, wobei seine großen Ohrenschützer auf und ab flogen. Dann kletterte er die Leiter hinauf und betrat das Fort. Neben einem Fenster saß Sam, der Descender, in dessen Jacke Magie eingenäht war, sodass er seine Flügel ausbreiten und fliegen konnte. Um ihn herum hockten etwa ein Dutzend Präriehunde. Sam starrte Noah erstaunt an.
«Ich konnte nicht schlafen», erklärte er.
«Bist du …» Sam sah zum Haus hinüber. Alle Fenster waren dunkel. «Wir kriegen ein Problem, wenn deine Mutter jetzt aufwacht und dein Bett leer vorfindet.»
«Das wird sie nicht.»
«Woher willst du das wissen?»
«Sie schläft immer sehr tief. Mein Vater auch.» Noah schwieg einen Augenblick. «Hör zu, ich bleibe nicht lang», sagte er dann. «Ich wollte nur mal sehen, was du machst. Außerdem … ist es mein Baumhaus, weißt du?»
Sam schüttelte ärgerlich den Kopf. Dann funkelte er Noah an. «Du bringst mich in große Schwierigkeiten.»
Noah schwieg und wartete.
Schließlich gab Sam nach. «Eine Viertelstunde – nicht mehr.»
Noah nickte. Er ging durch das Baumhaus und nahm am Fenster neben Sam Platz. Einer der Präriehunde kläffte zweimal, sprang über den Holzboden und auf Noahs Schoß: P-Dog.
Noah streichelte seinen Tier-Freund und fragte: «Wie kommen die denn hier rauf?»
Sam deutete auf eine Wendeltreppe, die zu einer Öffnung im Fußboden führte. Die Stufen wanden sich um den Baum herum. «Und sie benutzen dieselben Tunnel wie die Koboldmakis. Unter eurem Schuppen ist eine Öffnung.»
«Wie lange schon?!»
«Vermutlich schon länger, als du auf der Welt bist.»
Noah spähte zum Gartenschuppen hinüber und dachte darüber nach. Dann sah er sich im Baumhaus um. Die Präriehunde waren überall und liefen hektisch hin und her. Ein kleiner Präriehund starrte in die Gläser von Noahs Fernglas und sprang zurück, erschreckt von der vergrößerten Sicht auf alles. Ein anderer hatte sich in eine Star-Wars-Decke gegraben, die die Scouts im Baumhaus aufbewahrten, und sich in den Falten verheddert. Wieder einer wühlte sich durch Richies Besitztümer: glänzende Stifte, winzige Werkzeuge und kleine elektrische Geräte, die blinkten und piepten und vermutlich mehr Daten gespeichert hatten als alle Computer der Schule von Clarksville.
«Schon irgendwas Auffälliges gesehen?», fragte Noah.
«Du meinst, außer einem Jungen, der nachts im Schlafanzug durch den Garten rennt?»
Noah wollte gerade fragen, wer das sein sollte, da begriff er und war froh, dass er nichts gesagt hatte. Er nickte.
«Nein.» Sam deutete aus dem Fenster auf die drei Seilbrücken, die das Baumhaus mit Plattformen anderer Bäume verbanden. «Können wir sicher sein, dass die Brücken nicht von den Häusern aus gesehen werden können?», fragte er.
Noah nickte. «Viel zu dunkel. Außerdem werden sie von den Bäumen verdeckt.»
«Gut.
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