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Der Geheimnistraeger

Der Geheimnistraeger

Titel: Der Geheimnistraeger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kanger
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Person, die ihn ermordet hat, wichtig waren. Vielleicht sollte der
Mord auch eine Mitteilung an jemanden sein, der diese zu deuten wusste.«
    »Ein lauter Schrei«, sagte Paulsen.
    »Es bahnt sich also etwas an?«, meinte Skov.
    Terfig zuckte mit den Schultern. »Eigentlich sitzen wir nur hier und stellen Mutmaßungen an. Aber wie gesagt, beunruhigend ist es schon.«

22. Kapitel
    Auf die Entfernung wirkte es wie eine Fata Morgana, ein weißes Schiff, das langsam durchs Meer pflügte. Kam man näher, sah man, dass es sich um einen weißen Bauernhof in einem blaublühenden Flachsfeld handelte. Die Gebäude waren um einen rechteckigen Innenhof angeordnet, Stallungen, Garage und Werkstatt flankierten das Wohnhaus. Auch in den Stallungen befand sich mittlerweile eine Garage. Die Tiere waren mit dem Bauern verschwunden. Neben dem Stall gab es stattdessen einen neuen Taubenschlag mit 32 Felsentauben.
    Der Mann, der jetzt in dem Haus wohnte, fütterte sie mit Erbsen und Mais. Er sorgte dafür, dass sie Spurenelemente und frisches Wasser bekamen. Sie waren seine einzige Gesellschaft, er wohnte allein und hatte keinen Besuch erhalten, seit er vor fünf Monaten in das Haus eingezogen war.
    Die Miete hatte er bereits bei Einzug bar und für ein halbes Jahr im Voraus bezahlt. Der Vermieter, der älteste Sohn des verstorbenen Bauern, war erstaunt gewesen, hatte aber gegen Vorauszahlung nichts einzuwenden gehabt. Das Geld hatte auch seine Neugier hinsichtlich der Pläne des Unbekannten und warum er an einem Ort wohnen wollte, an dem er ganz offensichtlich nicht zu Hause war, gedämpft. Es waren keine Fragen gestellt worden. Ein paar Erklärungen zur Ölheizung
und zur Wasserpumpe, dann war der Schlüssel übergeben worden.
    Das nächste Nachbarhaus lag über einen Kilometer entfernt und war nur über einen unbefestigten Weg zu erreichen, der am Hof vorbeiführte. Alle in der Gegend hatten natürlich bemerkt, dass jemand zugezogen war, aber niemand versuchte, die Bekanntschaft des neuen Nachbarn zu machen. Niemand hatte Grund zu Klagen, der Mann lebte zurückgezogen und erregte keinerlei Aufsehen.
    Er trug kurzgeschnittenes Haar, und die Bügel seiner Sonnenbrille hatten helle Streifen um seine Augen hinterlassen. Die Augen waren hellbraun und die Zähne weiß. Er war nicht groß, aber seine Muskeln zeichneten sich unter dem T-Shirt ab, wenn er sich bewegte. Viele Frauen fanden ihn zwar recht attraktiv, aber zu schweigsam und reserviert, fast misstrauisch. Jene, die mit ihm ins Bett gingen, überkam danach ein Frösteln.
    Einmal in der Woche fuhr er mit seinem alten Opel ins Dorf, um Lebensmittel zu kaufen. Gelegentlich kam es vor, dass er etwas benötigte, was es in den Geschäften des Dorfes nicht gab. Dann fuhr er dreißig Kilometer in die nächste große Stadt, nach Malmö. Dort hatte er auch einige Male Leute getroffen, die er kannte. Sie hatten stundenlang diskutiert und die gemeinsamen Angelegenheiten erörtert. Dann hatten sie sich getrennt, und er war allein zum Hof zurückgekehrt.
    Einige Male unternahm er längere Ausflüge. Er fuhr Richtung Malmö, dann aber über die Brücke auf die dänische Seite. Er legte noch weitere hundert Kilometer zurück, bis er sein Ziel erreichte, eine kleinere Stadt an einer Brücke. Die Stadt hieß Korsør. Er wohnte im Hotel Kong Frederik und ging auf den Straßen spazieren. Mit seiner Videokamera nahm er das Straßennetz und die wichtigen Gebäude auf. Dann fuhr er mit seinem Auto durch die nähere Umgebung der Stadt. Nach drei
Besuchen war er sämtliche Straßen in einem Umkreis von fünfzehn Kilometern abgefahren und sein Notizbuch war vollgeschrieben.
    Wieder zu Hause breitete er Landkarten auf einem Tisch in einem der kleineren Zimmer im Hauptgebäude aus. Er studierte sie genau, maß Abstände mit einem Lineal und rechnete je nach Maßstab der Karten die Entfernungen aus. Dann sah er sich seine Videos an. Schließlich war er zufrieden.
     
    Die Sonne stand hoch am Himmel. Der Mann stand auf dem Vorplatz neben seinem Taubenschlag. Obwohl es relativ weit bis zur asphaltierten Landstraße war, bemerkte er sofort die kleine Staubwolke, die am Anfang des unbefestigten Weges an der Kreuzung aufstieg. Ein Auto war in Richtung seines Hauses abgebogen. Dieser Weg wurde nur selten befahren, aber es lagen noch etwa ein halbes Dutzend Häuser hinter dem seinen. Die meisten Autos fuhren an der Abfahrt zu seinem Hof vorbei, ohne die Geschwindigkeit zu drosseln. Nur der Briefträger hatte einige

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