Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Geheimnistraeger

Der Geheimnistraeger

Titel: Der Geheimnistraeger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kanger
Vom Netzwerk:
Karoline und »Wir« kümmerten sich um die Logistik ihres Aufenthalts im neuen Versteck. Damit hatte Vincent nichts zu tun. Man konnte ihn höchstens der Deckung von Straftätern, also seiner Schwester und ihrer ihm unbekannten Gruppe, bezichtigen. Er wusste nicht einmal, wo genau Lydia sich aufhielt. Vincent redete sich ein, Repressalien zu entgehen, falls die Sache ruchbar wurde. Er rief Lydia ab und zu auf dem Handy an, das sie von Karoline bekommen hatte. Lydia brauchte Kontakt zu Menschen, und Vincent fand, dass er sich wie ein netter Mitmensch benahm. Er unterhielt sich gerne mit Lydia. Ein Mensch wie sie war ihm noch nie begegnet.
     
    Am vierten Tag nach dem Mord meldete sich Jens Carlshøj, der Kriminaltechniker, der den Schlüssel untersucht hatte. Da Skov unterwegs war, nahm sein Stellvertreter Paulsen das Gespräch entgegen.
    »Da ist etwas, das du dir anschauen musst«, sagte Carlshøj.
    Wenige Minuten später stand Vincent im Labor.
    »Wir haben den gesamten Rådhuspladsen unter die Lupe genommen«, sagte Carlshøj. »Wir haben darum kämpfen müssen, die Absperrungen belassen zu dürfen. Nicht alle haben zu schätzen gewusst, dass wir mitten in der Hauptsaison das ganze Zentrum abgesperrt haben. Besonders die Wurstbudenbesitzer haben sich beklagt. Sie fordern Schadensersatz.«
    »Ich weiß«, sagte Paulsen. »Aber das ist nur Gejammer. Sie sollen mal schön die Kirche im Dorf lassen. Ein Mensch wird
in die Luft gesprengt, und sie können nur an den Verkauf ihrer Würstchen denken. Was gibt’s?«
    Carlshøj hielt ihm eine durchsichtige Plastiktüte hin. »Den hier haben wir heute gefunden.« Paulsen beugte sich vor und betrachtete den Gegenstand näher. »Nimm ihn«, sagte Carlshøj und überreichte ihm die Tüte.
    »Sieht aus wie ein Ring«, sagte Vincent.
    »Das ist es auch, allerdings mit einem leichten Explosionsschaden. Du darfst ihn nicht anfassen. Wir suchen noch nach Spuren von der Explosion.«
    Der Ring war in der Mitte gesprungen und verdreht, er sah aus wie ein kleines Kunstobjekt.
    »Silber«, sagte Carlshøj. »Das Interessanteste ist die Gravur.«
    Paulsen hielt die Tüte näher vors Gesicht und kniff die Augen zusammen. »Was steht da?«, fragte er.
    »Vier Namen«, sagte Carlshøj. »Wenn man an der Bruchstelle zu lesen beginnt, von links nach rechts, dann steht da Vittoria, Donata, Sophia, Frances.«
    »Klingt italienisch, oder?«
    »Ja, so italienisch wie Pizza, Salami, Parmesan und Mozzarella, vielleicht mit Ausnahme von Frances.«
    »Falls es sich um einen Ehering handelt, dann hatte unser Mr. Key vier Frauen. Dann ist er ein italienischer Mohammedaner. «
    »Oder er hatte viermal geheiratet und war zu arm, um jedes Mal einen neuen Ring zu kaufen.«
    »Gibt es irgendwo einen Stempel oder ein Datum?«
    »Nein. Da stehen nur die Namen, sonst nichts.«
    Vincent betrachtete den Ring erneut.
    »Irre ich mich, oder ist der Stil der Gravur bei jedem Namen anders?«
    »Das siehst du ganz richtig.«

    »Hm. Wir sollten einen Juwelier bitten, sich den Ring näher anzusehen. Kannst du eine genaue Abschrift der Namen anfertigen, durch Reiben möglicherweise, bevor er die chemischtechnische Analyse durchläuft?«
    »Nein. Das ist doch klar, dass das nicht geht.«
    Vincent verstand das zwar nicht, aber er ging davon aus, dass Carlshøj wusste, wovon er sprach. »Vielleicht könntest du ja versuchen, die Gravur abzumalen?«, schlug er stattdessen vor.
    »Warum? Ich kann die Namen doch einfach abfotografieren. «
    »Mach dich nicht über mich lustig«, meinte Vincent und gab ihm die Tüte zurück. »Mach es einfach. Am besten sofort, danke. Mehrere Kopien.« Er drehte sich um und ging zur Tür.
    »Hast du nicht was vergessen?«, fragte Carlshøj.
    »Was?«
    »Die Oberflächen der Bruchstelle. Solltest du nicht fragen, ob die auch zusammenpassen?«
    Vincent Paulsen nickte. »Okay«, sagte er. »Dann frage ich halt. Passen die Oberflächen der Bruchstelle zusammen?«
    »Nein«, antwortete Carlshøj.
    »Ein Stück des Rings fehlt also. Wissen wir, wie groß dieses Stück ist?«
    »Nein, da kein Teil der Oberfläche der Bruchstelle mit der anderen übereinstimmt und da wir auch nicht wissen, wie dick die Finger des Verblichenen waren. Aber da er im Übrigen recht schmächtig war, ist nicht davon auszugehen, dass er sonderlich dicke Finger hatte.«
    »Wie viel von dem Ring fehlt also schätzungsweise?«
    »Kaum mehr als ein paar Millimeter.«
    »Genug, dass noch ein weiterer Name Platz hätte?«
    »In

Weitere Kostenlose Bücher