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Der Geheimnistraeger

Der Geheimnistraeger

Titel: Der Geheimnistraeger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kanger
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trüberes Fahrwasser geraten und es war ihm gelungen, seine Netze immer weiter auszuwerfen.
    Verschiedene Bündnisse war er eingegangen. Mit gottesfürchtigen Eleven aus Koranschulen, die beim weltumspannenden Terrornetz Al-Qaida zu Massenmördern geworden waren, und mit den urbanen, linksradikalen Lumpenintellektuellen Europas. Mit palästinensischen Nationalisten und verrohten Angehörigen privater Sicherheitsfirmen aus dem Irak, den neuen Hunden des Krieges. Die Berührungen waren oft undeutlich. Ein Treffen hier, ein Geldtransfer dort, Waffen, die auf Abwege geraten waren, verschlüsselte E-Mails. Aber aus den fragmentarischen Informationen kristallisierte sich ein Muster heraus. Der islamistisch-fundamentalistische Terror vereinigte sich langsam mit den extremen Globalisierungsgegnern.

    Sie hatten zwar nicht dasselbe Endziel, aber sie hatten einen gemeinsamen Weg: Es ging erst einmal um die Zerstörung des jetzigen, von der USA dominierten Weltkapitalismus.
    Irgendwo in dieser Bewegung hatte sich Paolo Rocca befunden. Ob am Rand oder im Zentrum, konnte Maresciallo Carlis nicht sagen. Rocca war ihnen stets entwischt, wie ein Zug, den man gerade ganz knapp am Bahnhof verpasst hat. Die Informationen über seine Reisen waren immer zu spät eingegangen.
    Vor einem Jahr hatte Carlis geglaubt, Rocca endlich eingeholt zu haben. Der Mann, den er eingeschleust hatte, erhielt die Anweisung, wahrscheinlich von Rocca selbst, aber übermittelt durch den Chef der geschlossenen Zelle, er solle sich mit einigen Saudis treffen, die namentlich nicht näher benannt waren. Carlis hegte den Verdacht, dass sie die Geldgeber Roccas waren. Jetzt würde endlich ein Kontakt enttarnt werden. Der eingeschleuste Mann hatte ein Flugticket nach Nicosia auf Zypern erhalten. Dort würde er ein neues Ticket und einen neuen Pass bekommen. Der Mann reiste weiter und ward nie wieder gesehen.
    Carlis zog einen Umschlag aus Paolos Mappe. Er nahm den Inhalt heraus und reichte ihn Vincent Paulsen. Es handelte sich um fünf Fotos. Eine Bildserie, die aus relativ großem Abstand aufgenommen worden war. Ein Mann bewegte sich auf einer gepflasterten Straße auf die Kamera zu. Nach der Architektur und den Passanten zu urteilen, waren die Fotos in einem arabischen Land aufgenommen worden. Auf der vierten Aufnahme blieb der Mann vor einem Haus stehen. Auf dem fünften Bild betrat er dieses Haus.
    »Diese Aufnahmen wurden von den Israelis vor sechs Monaten aufgenommen«, sagte Carlis. »Paolo Rocca in Damaskus. Das Haus, das er betritt, wird von Fawas Abu Ghassan genutzt. Dieser Mann ist inzwischen vom Regime in Syrien wegen seiner
Kontakte zur Al-Qaida inhaftiert worden. Wir haben die syrischen Anklagen gegen Abu Ghassan geprüft und sind zu dem Schluss gekommen, dass sie korrekt sind. Das ist unser deutlichster Beweis dafür, dass sich Paolo Rocca zwischen dem europäischen und dem islamischen Terrorismus bewegt.«
    »Darf ich mir die Fotos auch ansehen«, sagte Christian und streckte die Hand aus. Vincent reichte ihm die Bilder. Christian betrachtete sie eingehend, während Maria Morale das Wort ergriff:
    »Wir werden alle Namen und Angaben zusammenstellen, die Ihnen bei der Suche nach Paolo Roccas Mörder nützlich sein könnten«, sagte sie. »Vielleicht können sie auch dazu beitragen, Verbindungen zu den momentanen Ereignissen in Dänemark aufzudecken.«
     
    Es war halb neun Uhr am Samstagabend, als Paulsen und Christian ihren Wagen in der Hotelgarage im Zentrum von Mailand abstellten. Paulsen hatte nun eine Liste mit Namen mit summarischen Personenangaben. Sie stammten aus der Akte Paolo Roccas. Maresciallo Carlis hatte sie mit der Hand abgeschrieben, während Paulsen und Christian gewartet hatten. Maria Morale hatte das ungewöhnliche Verfahren gestattet, da die Situation in Dänemark so ernst war und unter der Bedingung, dass alle Informationen verschlüsselt und ohne Angabe der Quelle nach Dänemark übermittelt wurden.
    Christian begann sofort damit, alle Informationen zu kryptieren und war fast fertig damit, als sie das Hotel erreichten. Nach Beendigung dieser Arbeit wandte er sich an Vincent, der inzwischen mit einem Glas Whisky auf seinem Hotelbett saß und den Fernseher eingeschaltet hatte, weil er hoffte, Bilder aus Korsør zu sehen.
    »Jetzt schicke ich das Ganze los«, sagte Christian.

    »Tu das«, erwiderte Vincent.
    Christian wandte sich wieder seinem Computer zu. »Etwas merkwürdig ist das schon«, sagte er mit dem Rücken zu

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