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Der Geheimnistraeger

Der Geheimnistraeger

Titel: Der Geheimnistraeger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kanger
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sich allein um die weiteren Kontakte mit der italienischen Polizei zu kümmern.
    Im Handgepäck hatte Paulsen die Probe. Biologisches Material, die genetische Verbindung von Mutter und Sohn. In der Tasche hatte er auch ein Foto von Paolo Rocca, es war eine mehrere Jahre alte Aufnahme eines Mannes mit einem verzagten Mund und großen Augen. Vincent hatte vergeblich nach Hass in seinem Blick gesucht.

40. Kapitel
    Es war ein Sonntagvormittag, der wie geschaffen war dafür, mit einer Zeitung und einer dampfenden Tasse Kaffee in aller Ruhe zu frühstücken. Ein Morgen, an dem die Kinder noch geborgen in ihren Betten schliefen und an dem der Mensch, mit dem man sein Leben verbringen wollte, gute Laune hatte. Ein Morgen, an dem man anschließend in die taufeuchte Spätsommerluft seines Gartens hinaustrat und den feuchten Rasen unter den Füßen spürte.
    Im Konferenzraum des Polizeipräsidiums klingelte unablässig das Telefon. Plastikbecher mit kaltem Kaffee und Zigarettenkippen standen überall herum. Die Luft war in etwa so frisch wie in einer Umkleide nach dem Sportunterricht. Männer und Frauen eilten herein und wieder hinaus, und die Stimmung war aufgeheizt. Das hier war das Krisenzentrum, die Führungszentrale, der Ort, an dem alle Informationen gesammelt und alle Maßnahmen koordiniert werden sollten.
    Reichspolizeichef Thord Henning hatte in einem Nebenzimmer einen kleineren Führungsstab um sich versammelt. Er hatte beim Ministerpräsidenten seinen Willen durchgesetzt, dass der Angriff einstweilen als polizeiliches Problem zu betrachten sei. Oberbefehlshaber Hans Enhørning hatte nachgeben müssen: Bis auf weiteres führte der Reichspolizeichef den Befehl.
Henning würde in den Augen aller als Held dastehen, wenn er Erfolg hatte, oder bei Misserfolg ewige Schande auf sich ziehen. Der Führungsstab bestand aus Leuten, die für den Einsatz verantwortlich waren, und aus Experten. Von den Politikern nahmen der Staatssekretär des Ministerpräsidenten Knud Halsberg und der Staatssekretär des Justizministeriums Jørn Baastrup teil. Beide hatten je einen Assistenten an ihrer Seite und standen in fast unentwegtem Kontakt mit ihren Chefs. Von Seiten des Militärs waren der Oberbefehlshaber und der Chef des Nachrichtendienstes, ein Mann, der für seine analytischen Gaben berühmt war, vertreten. Dazu kamen vier Polizisten, unter anderem der Chef des PET sowie ein Mann, der über sehr viel Erfahrung bei Verhandlungen mit Geiselnehmern verfügte. Ein weiterer Teilnehmer war der Terrorismusexperte eines renommierten internationalen Instituts. Am anderen Ende des Tisches vom Vorsitzenden Thord Henning aus gesehen, saßen zwei Leute von der Presseabteilung, die strikte Anweisungen darüber erhielten, was nach außen dringen durfte.
    Alle im Raum waren sehr auf ihre Aufgaben konzentriert, fühlten sich aber erschöpft und frustriert. Die letzte Besprechung hatte um zwei Uhr nachts stattgefunden. Thord Henning hatte nur wenige Stunden geschlafen, diese waren aber nötig gewesen, um sich überhaupt wieder konzentrieren zu können. Seine Mitarbeiter hatten durchgearbeitet. Jetzt hatte Henning die Anweisung erteilt, sie abzulösen. Er hatte einen Stabschef ernannt, der ein neues Team zusammenstellen sollte.
    »Alle Versuche der Kontaktaufnahme mit den Männern, die Korsør in ihrer Gewalt haben, sind bislang gescheitert«, begann Thord Henning. »Sie scheinen ihr Hauptquartier im Hotel Kong Frederik aufgeschlagen zu haben. Wir rufen dort in regelmäßigen Abständen an, erhalten aber keine Antwort. Wir
haben einige der Gespräche, die sie untereinander per Handy führen, aufgefangen, und daraufhin auch ihre Handys angerufen. Aber bislang wollten sie nicht mit uns sprechen.«
    Als niemand eine Frage stellte, fuhr Henning fort:
    »Inzwischen haben wir uns ein besseres, aber immer noch unvollständiges Bild über die Lage gemacht. Die Besetzer, wir wollen sie jetzt einmal so nennen, haben, wie alle wissen, zehn Panzerwagen, Modell Leopard, erbeutet. Satellitenbilder und andere Beobachtungen zeigen, dass diese Panzer auch heute Morgen noch an sämtlichen strategisch wichtigen Punkten Korsørs in Position stehen.«
    Eine Karte wurde auf die Wand hinter ihm projiziert. Mit einem Powerpoint-Programm führte der Reichspolizeichef diese Punkte vor.
    »Korsør lässt sich von seiner Lage her militärisch relativ leicht beherrschen. Die Besetzer scheinen sich die Stadt sorgfältig ausgesucht zu haben. Wir gehen also davon aus, dass sie

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