Der Geheimnistraeger
Männer zurück sind und Bericht erstattet haben, werden wir versuchen, Kontakt zum Anführer der Terroristen aufzunehmen, und ihnen Verhandlungen anbieten.«
»Und warum ist das bisher noch nicht geschehen?«, fragte der Oberbefehlshaber. Seine Fragen waren genauso kurz wie sein Ton barsch.
»Wir müssen uns erst einmal ein Bild von unserem Feind machen«, sagte der Reichspolizeichef. »Wir wollen wissen, wo seine Stärken liegen. Außerdem wissen wir nicht, mit wem wir sprechen sollen.«
»Zehn Panzer und vierzig Geiseln«, sagte der Oberbefehlshaber. »Was müssen Sie sonst noch wissen?«
»Beispielsweise, ob sie über Reservebesatzungen für ihre Panzer verfügen. Das entscheidet darüber, wie lange sie durchhalten können. Nicht wahr, Enhørning?«
Letztere Bemerkung klang etwas giftig. Dem Oberbefehlshaber reichte es:
»Henning«, sagte er. »Was Sie da sagen, sind Selbstverständlichkeiten. Hier geht es um etwas ganz anderes.«
»Und zwar worum?«, wollte Thord Henning wissen.
»Es geht darum, dass wir uns im Krieg befinden. Es handelt sich nicht um eine kleine Ordnungswidrigkeit. Wir sind mitten in den Krieg gegen den Terror geraten. Wir werden angegriffen. Ich möchte an die Rede des Vizepräsidenten der USA, Dick Cheney, in Des Moines während des letzten Wahlkampfes erinnern. Er sagte, es wäre verheerend, wenn wir wieder zur selben Einstellung zum Terrorismus zurückkehren würden wie vor dem 11. September, nämlich Terrorangriffe als kriminelle Handlungen zu betrachten, wenn es sich in Wirklichkeit um Krieg handelt.«
»Wir danken für diesen Hinweis«, unterbrach ihn Staatssekretär
Knud Halsberg. »Aber jetzt sollten wir uns auf die zu ergreifenden Maßnahmen konzentrieren.«
»Wir bereiten uns auf alle Eventualitäten vor«, sagte Thord Henning, um rasch die Oberhand zurückzugewinnen. »Wir haben den Luftraum in einem Umkreis von hundert Kilometern gesperrt und alle Flughäfen auf den Inseln mit Ausnahme von Kastrup geschlossen. Jeglicher Schiffsverkehr im Großen Belt und im Smålandshavet zwischen Lolland-Falster und Seeland ist untersagt. Im gesamten südwestlichen Seeland sind die Straßen gesperrt und zwar in einem Halbkreis von Drøs-selbjerg und Havrebjerg im Norden, Slagelse im Westen und Skælsør im Süden.«
Er deutete auf der Landkarte auf die genannten Orte.
»Der Oberbefehlshaber bereitet ja die Verschiffung von Panzerwagen aus Jütland vor«, fuhr er fort und sah Hans Enhør-ning an. »Anfang nächster Woche sind sie hier. Wir planen, sie an den Straßensperren zu postieren, falls es den Besetzern einfallen sollte, ihre Positionen zu verlassen und irgendwo anders anzugreifen.«
»Die Situation ist sehr gefährlich, sehr gefährlich«, sagte Oberbefehlshaber Hans Enhørning mit verbissener Miene.
»Schlimmstenfalls läuft es auf eine Panzerschlacht hinaus«, sagte Thord Henning.
Knud Halsberg beugte sich vor, was bedeutete, dass er etwas sagen wollte. Thord Henning wandte sich ihm zu.
»Was machen wir, wenn sie plötzlich beginnen, die Geiseln zu töten?«, fragte Halsberg. »Sie halten zwar nur eine überschaubare Anzahl Menschen gefangen, haben aber eine fast unerschöpfliche Reserve an Opfern. Die gesamte Stadt befindet sich in ihrer Gewalt.«
Im Raum wurde es still.
»Für diesen Fall müssten wir uns auf einen raschen Gegenangriff
vorbereiten«, fuhr er fort. »Vielleicht bleibt uns nicht einmal Zeit für Verhandlungen. Wir sind alle an einer friedlichen Lösung interessiert, aber in einer bestimmten Situation müssen wir mit Härte zurückschlagen. Ich spreche von einem Gegenangriff von maximaler Kraft.«
»Wir werden die Pläne ausarbeiten, sobald unsere Beobachter zurück sind«, sagte Henning.
»Sind alle denkbaren Einheiten einsatzbereit?«, fragte Halsberg.
»Das Problem ist nur, dass wir immer noch kein klares Bild haben«, sagte Henning.
»Ich glaube, dass sich der Ministerpräsident eine maximale Handlungsfreiheit wünscht«, sagte Halsberg. »Heute um 13 Uhr werden wir den Oberbefehlshaber der NATO informieren. Bis dahin wünsche ich vollständige Informationen über die Lage und über die Planung.«
Sowohl Thord Henning als auch Hans Enhørning verstanden die Botschaft. Wenn sie die Situation nicht meisterten, würde der Ministerpräsident Hilfe von außen anfordern.
41. Kapitel
Espen Krogh hatte keine Ahnung, wie er es anstellen sollte, überhaupt nur einen Kontakt zum Feind zu etablieren. Er saß in seinem Hotel in Kopenhagen und hielt die
Weitere Kostenlose Bücher