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Der geheimnisvolle Garten: Roman (German Edition)

Der geheimnisvolle Garten: Roman (German Edition)

Titel: Der geheimnisvolle Garten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Dutton
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nur schnell ein wenig Holz von draußen. Sieht nicht so aus, als würde es heute noch sehr viel wärmer werden.« Helene nahm Anna das Kind aus den Armen und legte es an ihre Schulter. Sie spürte seine winzige Faust an ihrer Wange. Anna hatte sich ihr Tuch umgelegt und verschwand durch die Hintertür zum Hof.

    »Guten Morgen!« Helene war tief in Gedanken und hatte nicht bemerkt, dass Johannes die Küche betreten hatte.
    »Oh, guten Morgen«, entgegnete sie leicht verwirrt. Sie war nicht mehr oft mit Johannes allein. Es schien eine unausgesprochene Vereinbarung zwischen ihnen zu geben, Situationen wie diese zu vermeiden. Sie bedauerte dies zutiefst, doch der Kuss stand nun einmal wie ein Gebirge zwischen ihnen. Dennoch bedeuteten ihr diese wenigen Minuten damals alles.
    Johannes war schon für die Sonntagsmesse gekleidet, er strich mit seinen langen, schlanken Händen fahrig über den dunklen Gehrock. Er sah müde aus, ein wenig blass. Wenn er sie wie jetzt anlächelte, konnte sie deutlich erste Fältchen erkennen, die strahlenförmig von seinen äußeren Augenwinkeln abgingen. Sie standen ihm gut, gaben ihm ein reiferes Aussehen, dachte sie. Als ihr bewusst wurde, wie ungekämmt sie hier vor ihm saß, beeilte sie sich, mit der freien Hand eine ordentliche Schnecke aus ihren Locken zu drehen, doch es wollte ihr nicht gelingen. Schließlich gab sie es auf und begnügte sich damit, ein paar Strähnen hinters Ohr zu streichen.
    »Anna holt Holz«, sagte sie, als müsste sie deren Abwesenheit rechtfertigen. Johannes nickte gedankenverloren, während er sich Kaffee eingoss. Er hielt die Kanne hoch.
    »Möchtest du auch?« Helene verneinte. Das Duzen hatten sie beibehalten, sie mochte das.
    »Entschuldige«, meinte Johannes schließlich, »ich hätte dir längst Matthias abnehmen sollen. Ich weiß auch nicht, wo ich schon wieder mit meinen Gedanken bin.« Helene stand auf und gab ihm seinen Sohn, wobei sie Johannes zufällig am Arm berührte. Sie drehte sich schon weg, da legte er seine Hand auf ihre Schulter und schaute sie an.
    »Danke, Helene. Für alles. Wir sind sehr froh, dass wir dich haben. Ich wollte dir das schon längst einmal sagen.« Seine Worte trafen Helene unvorbereitet. Eine Welle der Liebe durchflutete sie. Für ihn, für seine Familie, für alles, wofür er und diese Gemeinde standen.
    Da sie aus Erfahrung wusste, dass man in ihrem Gesicht die Gefühle wie in einem offenen Buch lesen konnte, zwang sie sich zu einem aufgesetzten Lächeln.
    »Gern geschehen«, antwortete sie. Sie schluckte, spürte, dass sie ihre Empfindungen nicht länger kontrollieren konnte, und verließ die Küche, wobei sie darauf achtete, dass ihr Aufbruch nicht auffällig erschien. »Ich mache mich dann mal fertig«, setzte sie sicherheitshalber hinzu.
    Sie ließ sich auf den Rand ihres Bettes fallen. Erst jetzt bemerkte sie, dass ihre Finger zitterten. Würde das jemals ein Ende nehmen? Sie konnte doch nicht jedes Mal, wenn sie dachte, Johannes mache irgendeine Anspielung auf seine Gefühle für sie, dermaßen aus dem Gleichgewicht geraten. Sie musste sich zusammennehmen. Es war wirklich an der Zeit, dass sie sich für die Messe zurechtmachte.

    Auch Anna zeigte sich froh, Helene wieder bei sich zu wissen, und Klein Michael wich ihr sowieso kaum von der Seite, wenn sie im Hause war. Er drängte sie in seiner kindlich-charmanten Art jeden Morgen, gemeinsam nach Joey Ausschau zu halten, und Helene ließ sich jedes Mal von seinem Enthusiasmus anstecken. An einem besonders eisigen Morgen überraschte Anna sie dabei mit zwei dicken Wolldecken, die sie ihr sanft um die Schultern legte. Annas Gutmütigkeit hatte Helene sofort die Tränen in die Augen getrieben. Oder war es ihr Schuldgefühl? Es war schwer auseinanderzuhalten, aus welcher Quelle sich ihre zwiespältigen Gefühle speisten. Doch allein der Gedanke, dass Anna den ganzen Herbst über an diesen Decken gestrickt hatte, ließ in Helene unwillkürlich die Hitze der Scham aufsteigen. Sie begann zu verstehen, dass sich dies nie mehr ändern würde. Sie würde mit der Schuld leben müssen.

    Der Donner rollte schon bedrohlich nahe über das Land, und sie sahen die ersten Blitze am Himmel zucken, als sie Adelaide verließen. Helene fuhr sich über die Augen, sie war müde. Der Tag in der Stadt war anstrengend gewesen.
    Sie hatten mit dem stellvertretenden Direktor der Bank die Möglichkeit besprochen, einen größeren Kredit aufzunehmen, um als Gemeinde Landkäufe tätigen zu

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