Der geheimnisvolle Garten: Roman (German Edition)
Wolkenbruch ist, der schnell vorübergeht. Brrrr, ruhig, Brauner!« Die Pferde wurden nervöser, sie rutschten jetzt nur noch auf der unwegsamen Strecke.
»Wir müssen absteigen und die Tiere führen.«
Johannes sprang vom Kutschbock und eilte zu den Pferden.
Helene kletterte ebenfalls von ihrem Sitz und landete glücklich auf Gras. Ein greller Blitz zerfetzte den dunklen Himmel, zuckte ganz in der Nähe zur Erde hinab. Der Wind frischte deutlich auf. Er ließ die Baumkronen wild tanzen und spuckte ihnen den Regen mitten ins Gesicht. Helene zog den Kopf ein, hob mit einer Hand den Rock und griff mit der anderen nach Halfter und Führstrick. Binnen Sekunden war sie bis auf die Haut durchnässt, doch es kümmerte sie nicht. Sie hatte die Entschlossenheit in Johannes’ Augen gesehen. Er wollte es unbedingt über den Fluss schaffen, bevor die Wassermassen eine Überquerung unmöglich machten.
Johannes hatte sein Pferd beruhigen können und kam jetzt Helene zu Hilfe. Wortlos setzte er ihr seinen Hut auf, obwohl sie abwinkte. Was war da noch vor dem Regen zu schützen? Ihr Haarknoten hatte sich längst gelöst, sie spürte das Gewicht des nassen Haars auf ihrem Rücken. Das Kleid klebte ihr am Körper und machte es schwer, sich darin zu bewegen. Johannes fuhr dem Gaul, den Helene hielt, beruhigend über den Hals und hielt den Führstrick kurz. Das Tier wehrte sich zunächst, warf den Kopf schnaubend zur Seite, doch dann schienen Johannes’ warme Worte zu wirken.
»Denkst du, du kommst mit ihm zurecht?« Helene nickte und nahm den Strick an sich. Sie hoffte, dass sie nun bald am Flussufer wären. Ihre Stiefel versanken nicht weniger im erdigen Brei als die Hufe der Pferde. Jeder Schritt fiel ihr schwerer als der davor. Außerdem begann sie jetzt zu frieren, und es würde nicht mehr lange dauern, bis sie mit den Zähnen klapperte.
Die Pferde wurden unruhig. Helene fasste den Strick enger, und jetzt hörte sie es auch. Das Tosen von dahinschießendem Wasser. Am Flussufer angekommen, staunte sie über die Wucht, mit der die Wassermassen sich schäumend durch das schmale Flussbett zwängten. Auf ihren früheren Reisen nach Adelaide war ihr das Flüsschen nie so recht aufgefallen, dessen brackiges Wasser normalerweise eher stand, als dass es floss. Doch die wütend aufspritzende Gischt, die sich nun ihrem Anblick bot, hatte mit dem harmlosen Bächlein nichts mehr gemein.
»Was sollen wir tun?« Die Tiere scheuten. Es kostete Helene eine gehörige Portion Kraft, ihr Pferd zu halten. Johannes schaute in die wolkenverhangene Dämmerung.
»Sieht nicht danach aus, als würde es bald aufhören. Ich schlage vor, dass wir den Fluss jetzt durchqueren.« Er sah sie erwartungsvoll an. Helene blieb fast die Luft weg. Sie starrte in die tobenden Wassermassen und hatte keine Ahnung, wie sie da, ohne zu ertrinken, hindurchsollten. Hoffentlich wusste Johannes, was er ihnen da zumutete.
»Gut. Kein Problem«, sagte sie trotz ihrer Bedenken. Johannes nickte und machte sich daran, die Tiere abzuschirren.
»Kannst du auch ohne Sattel reiten? Wir müssen den Wagen zurücklassen.« Helene hatte auf dem Bauernhof in Salkau schon mehrfach Pferde zugeritten und nickte Johannes daher zu.
»Gut. Ich geh zuerst. Hier, nimm das Seil. Warte erst auf mein Kommando, bevor du mir mit dem zweiten Pferd folgst.« Johannes rutschte auf dem Hosenboden die Uferbank hinunter. Sein Pferd trat schon beim ersten Schritt auf schlüpfrigen Grund und schlitterte unter panischem Wiehern die Böschung hinab ins Wasser, wo Johannes schon wartete. Den Strick enger fassend, führte er das Tier ruhig durch das Flussbett, das Wasser reichte ihm bis zur Brust. Helene setzte vor Schreck beinahe das Herz aus, als Johannes ein-, zweimal ausrutschte. Sie zog fest am Strick und wickelte das Seil schnell um ihre Hand. Dann hielt sie das Ende straff, bis ihr die Knöchel schmerzten. Johannes hatte sich jedes Mal fangen können und fasste wieder Boden, ehe das Wasser ihn mit sich reißen konnte. Sie atmete auf, als seine Finger sich schließlich in die Grasböschung des anderen Ufers krallten. Doch beim Versuch, das Ufer hochzuklettern, rutschte er immer wieder aus und glitt auf allen vieren zurück ins Wasser. Das Pferd versuchte nun seinerseits, Tritt zu fassen. Wieder und wieder setzte es verzweifelt seinen Huf ans schlammige Ufer, nur um sofort wieder zurückzugleiten. Endlich gelang es Johannes, die Böschung zu erklimmen, und sofort zog er am Führstrick, rief dem vor
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