Der geheimnisvolle Garten: Roman (German Edition)
kerzengerade auf. Die Schmetterlinge im Bauch flatterten wieder.
»Ja?« Sie hielt kurz die Luft an.
»Ach, nichts weiter.« Er schwieg für einen Moment, räusperte sich dann. »Es freut mich, dass du mit deiner Suche endlich weitergekommen bist.« Hatte ihn der Mut verlassen? Natascha bemühte sich, ihre Enttäuschung zu verbergen.
»Wurde auch Zeit. Ich war schon drauf und dran, alles hinzuschmeißen.«
Es rauschte wieder am anderen Ende, und Natascha wurde unruhig.
»Sehen wir uns denn noch, bevor du nach Hause fliegst?« Alans Stimme klang ein wenig zittrig.
Plötzlich wurde ihr flau im Magen. Sie hatte noch gar nicht richtig an die Rückreise gedacht oder daran, dass sie Alan vielleicht gar nicht mehr wiedersehen würde. Ein paar Tage noch, dann musste sie zurück. Sie verspürte einen Anflug von Panik, und ihre Stimme wurde rauh.
»Ich denke schon. Das heißt, nur wenn du willst, natürlich.«
»Ich würde mich sehr freuen.«
»Ja?«
»Ja.«
»Ich melde mich, wenn ich sehe, wie es hier läuft.«
»Gut. Viel Erfolg und bis später.«
Als sie aufgelegt hatte, schossen ihr ungefragt die Tränen in die Augen, und sie setzte schnell die Sonnenbrille auf. In der letzten Zeit war sie sich selbst ein Rätsel geworden.
Am City Cat Terminal nahm sie ein Wassertaxi, das sie auf die andere Seite zur Southbank brachte. Zwei Stunden später hatte sie es schwarz auf weiß: Auf der Passagierliste der Cooma fand sich tatsächlich eine H. Junker.
Natascha ließ den jüngsten Stand der Recherche in ihr Bewusstsein einsickern, während sie ihre von der Hitze geschwollenen Füße in der künstlichen Badebucht zwischen dem Museum und der Uni abkühlte. Sie saß am Beckenrand und ließ die Beine im Wasser kreisen, als ihr ein Gedanke kam, der sie unruhig werden ließ. Sie war auf einer Spur, endlich! Verbindungen schälten sich wie Figuren aus der Finsternis und traten langsam ins Licht. Ihr Herz klopfte etwas schneller. Sie griff zum Handy, um Debra anzurufen.
»Natascha! Wie schön, von Ihnen zu hören. Wie geht es Ihnen? Was macht Ihre Familiengeschichte?«
»Gut, danke. Ich rufe an, weil mir eine Idee durch den Kopf spukt. Vielleicht ist es eine Sackgasse, aber Sie könnten mir dabei helfen, das herauszufinden. Würden Sie für mich etwas in Neu Klemzig recherchieren?«
»Aber natürlich, Darl. Spucken Sie’s nur aus!«
Debra wurde im Verlauf des Gesprächs zunehmend aufgeregter und versprach, sich sofort an die Arbeit zu machen. Mit etwas Glück konnte Natascha also noch heute mit einer E-Mail aus Südaustralien rechnen.
Plötzlich fühlte sie sich wie erschlagen und wollte nur noch ins Hotel. Der heutige Tag war eine einzige Achterbahn der Gefühle gewesen. Sie war froh, dass sie den Flug nach Brisbane gebucht hatte, doch nun gab es nichts weiter zu tun, als abzuwarten, was Debra in den verstaubten Kirchenkladden Neu Klemzigs finden würde.
Natascha lag seit einer halben Stunde in der Badewanne, als ihr Handy klingelte und sie davor bewahrte, im lauwarmen Wasser einzunicken. Debras Stimme klang aufgeregt.
»Sie müssen versprechen, gleich zurückzurufen, sobald Sie die Schriftstücke miteinander verglichen haben, hören Sie?«
»Ja, natürlich, Debra. Das ist das mindeste, was ich Ihnen schulde. Bis gleich also.« Natascha legte auf und stieg aus der Wanne. Sie wickelte ein flauschiges Handtuch um ihren Körper, das sie über der Brust verknotete, und setzte sich vor den Mac. Dann öffnete sie den Anhang, um den sie Debra gebeten hatte. Als die Zeilen aus dem alten Rechnungsbuch auf dem Schirm flimmerten, griff sie nach dem jüngsten Brief, den Helen Tanner ihrer Großmutter geschrieben hatte. Man musste kein Graphologe sein, um zu erkennen, dass die Schrift auf beiden Dokumenten identisch war.
Es stimmt also, dachte Natascha, Helen Tanner und Helene Junker sind ein und dieselbe Frau. Sie griff zum Handy, um Debra zu unterrichten, die über diese neuen Erkenntnisse völlig aus dem Häuschen geriet.
»Das sind ganz wundervolle Nachrichten, Darling. Ich bin schon so gespannt, was die anderen für Gesichter machen, wenn ich davon auf der nächsten Sitzung der Historic Society berichte.« Plötzlich nahm ihre Stimme einen besorgten Ton an. »Ich habe doch Ihre Erlaubnis, oder?«
»Natürlich haben Sie die.« Natascha lächelte in den Hörer. »Und nochmals tausend Dank für Ihre Mühe, Deb.«
Als sie aufgelegt hatte, leuchtete der Hinweis auf einen verpassten Anruf auf ihrem Display auf. Eine
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