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Der geheimnisvolle Garten: Roman (German Edition)

Der geheimnisvolle Garten: Roman (German Edition)

Titel: Der geheimnisvolle Garten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Dutton
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war es ja vermessen, nach Parri zu fragen, aber sie wollte es dennoch wagen. Es war seltsam, doch sie fühlte eine größere Verbundenheit mit Amarina als mit jeder weißen Siedlerin, mehr noch als mit Anna oder Luise. Warum empfand sie so? Sie hatten doch so gut wie nichts gemein und kannten sich erst kurze Zeit.
    »Wieso ist Parri nicht so dunkel wie du und die anderen?«, fragte sie dann einfach, nachdem sie sich kurz geräuspert hatte.
    Amarina schaute traurig in die Flammen.
    »Parris Mutter als Mädchen gearbeitet auf Farm von weißem Mann. Kam nachts zu ihr, wenn weiße Frau und Kinder schlafen. Später Parris Ma weggelaufen, mit Parri im Bauch.«
    Helene schluckte.
    »Parris Mum dann Frau von Wajtas-Mann.«
    Helene verstand Amarina so, dass Parris Mutter schon seit ihrer Geburt dem Wajtas-Mann versprochen war, der sie trotz der Schändung durch den weißen Farmer wie vom Stamm vorherbestimmt zur Frau genommen hatte. Dabei erfuhr Helene auch, was es mit der Moiety auf sich hatte. Die Heiratsregeln erforderten, dass der Stamm in zwei Gruppen geteilt wurde, die jeweils Moiety genannt wurden. Jede dieser zwei Gruppen folgte einer elterlichen Abstammung, also entweder der Linie der Mutter oder der des Vaters. Es war die Pflicht eines jeden Mannes der ersten Moiety, eine Frau der zweiten zu heiraten und umgekehrt. Dieses alte Gesetz, erklärte Amarina, dürfe nicht gebrochen werden.
    »Dann dürft ihr also nicht heiraten, wen ihr wollt?«
    Amarina schüttelte den Kopf.
    »Stamm bestimmt.«
    »Und war das mit Mandu auch so? Hast du dich erst später in ihn verliebt?« Amarina legte die Stirn in Falten. Kannte sie etwa die Bedeutung von »verliebt« nicht?«
    »Mandu meine Mann. Immer.« Mit diesen Worten stand sie auf und begann, zwei Hölzer aneinanderzuschlagen. Anscheinend wollte sie nichts weiter zum Thema sagen, und Helene ließ es auf sich beruhen. Sie glaubte, die Freundin verstanden zu haben. Mandu war die Liebe ihres Lebens gewesen.
    Eine Frage konnte Helene sich aber dennoch nicht verkneifen:
    »Warum spricht Parri so gut Englisch?«
    Amarina seufzte. Helenes Fragerei schien ihr auf die Nerven zu gehen. Trotzdem ließ sie sich zu einer Antwort herab. Parri hatte viele Jahre seiner Kindheit in einer anglikanischen Mission gelebt. Wie es dazu gekommen war, wusste heute keiner mehr so recht, und genau wie seine Mutter schwieg Parri eisern über jene Zeit.

    Am nächsten Morgen gab Amarina Helene zum Abschied das Kattunkleid. Die Aborigine hatte beschlossen, nie mehr nach Zionshill zurückzukehren, und würde es deshalb nicht mehr brauchen. Helene war für das Geschenk dankbar.
    »Sehen wir uns trotzdem bald wieder?« Es fiel ihr schwer, Amarina gerade jetzt zu verlassen, da sie im Begriff waren, einander besser zu verstehen. Es gab so vieles, was sie gerne noch erfahren hätte.
    Helene nestelte an dem Amulett um ihren Hals. Das Min-Min-Licht, Zeichen ihrer Freundschaft mit der jungen Aborigine. Das ihr einen Gesang schenken sollte. Hatte Warrun nicht etwas in der Art gesagt? Die Geister würden ihr im Traum einen Gesang schicken, und sie dürfe ihn nicht vergessen?
    Tatsächlich hatte sie in der letzten Nacht einen wundersamen Traum gehabt, der nun in nebligen Bildern wie eine Ahnung zu Helene zurückkam. Wunderschöne Schmetterlinge tanzten im Sonnenlicht, goldener Blütenstaub regnete ganz sachte auf sie herab und reflektierte die Strahlen. Sie erinnerte sich wieder an den herrlichen Garten, von dem sie geträumt hatte, voller exotischer Bäume und anderer Pflanzen. Und sie hatte in diesem Traum auch eine Melodie gehört, aber sosehr sie sich auch anstrengte, sie wollte ihr einfach nicht einfallen.
    »Ich habe meinen Gesang vergessen«, brach es jetzt aus ihr heraus. Amarina strich ihr beruhigend über die Schulter.
    »Du wirst finden deine Gesang. Amarina dir helfen. Du kommen bald zurück. Wir Schwestern.«
    Helene nickte. Es war verrückt und bar jeder Vernunft, doch sie glaubte Amarina jedes Wort. Sie drückten einander, und dann gab Amarina ihr noch zwei aus Gräsern geflochtene Beutel. In den einen hatte sie Helenes schmutziges Kleid gepackt, in den anderen Damperbrot und allerlei Nüsse und Beeren als Wegzehrung.
    »Parri dich bringen sicher heim.«
    »Ich weiß. Lebe wohl!«

Rosehill, 21. Januar 2010
    M itch bestand darauf, Natascha seine Öljacke zu leihen. Es regnete mittlerweile in Strömen. Dann rannten sie durch das weiße Tor mit der Aufschrift »Rosehill Museum«, bis sie die überdachte

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