Der geheimnisvolle Gentleman
zufälligerweise belauscht hatte. Jetzt musste er nur noch seine monumentale Erektion in den Griff bekommen, bevor er sich wieder seinen Pflichten widmen konnte.
5. Kapitel
D ane brauchte sich keine Sorgen zu machen, da es eine ganze Weile dauerte, bis Olivia sich an ihren eigenen Namen erinnerte, geschweige denn an irgendetwas, das sich vor diesem erregenden, wunderbaren, außerordentlichen Moment in der Öffentlichkeit zugetragen hatte.
Er hatte sie nicht einmal geküsst, zumindest nicht wirklich. Er hatte sie kaum berührt, obgleich sie immer noch diese Linie aus Feuer spürte, die zu ihrem Dekolletee führte. Nun stand sie hier, atemlos, mit pulsierendem Herzschlag und weichen Knien, hatte ihm ihr Wort gegeben, dass sie ihn absolut nackt erwarten würde – nun, zum Glück hatte er nichts Skandalöseres von ihr erwartet. Sie hätte ihm wahrscheinlich alles versprochen!
Es sprang sofort ins Auge, dass sie bei seiner geringsten Berührung zum Volltrottel wurde.
Sie lächelte schwach und schlang die Arme fest um sich. Das gefiel ihr. Sie schüttelte heftig den Kopf und atmete tief ein, um nicht länger zu keuchen. Gütiger Gott, wie sollte sie den Rest des Tages an irgendetwas anderes denken?
Falls sie geglaubt haben sollte, dass ihr Ehemann verrückt nach ihr war, dann glaubte sie inzwischen, dass auch sie dabei war, den Verstand zu verlieren.
Olivia verwendete den Nachmittag darauf, das Haus in Augenschein zu nehmen, oder zumindest die Teile des Hauses, die zu betreten ihr erlaubt waren. Die Hausdame, Mrs Huff, eine abschreckend elegante Erscheinung in Trauerkleidung, hatte unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass Ihre Ladyschaft sich nicht um den Keller oder die Dienstbotenquartiere zu kümmern habe, und die Köchin fiel aus allen Wolken,
als Olivia mit einem fröhlichen »Guten Tag« den Kopf durch die Tür gestreckt hatte.
Also erwanderte Olivia die drei Etagen des Hauses, zu denen sie Zugang hatte. Sie ging von der Eingangshalle bis zu den Gästezimmern, durchschritt Vormittagssalons, Näh- und Musikzimmer und hoffte, dass Dane ein Instrument spielte, denn sie selbst tat es nicht. Jeder Raum war hübsch und aufs Beste eingerichtet, jede Oberfläche ohne das kleinste Staubkörnchen und alle Dienstboten, an denen sie vorbeikam, viel zu beschäftigt und wohlerzogen, um mit ihr zu plaudern.
Zum ersten Mal in ihrem Leben verstand Olivia, warum manche Damen eine Gesellschafterin einstellten, obwohl es unglaublich verschwenderisch erschien, jemanden fürs Zuhören zu bezahlen. Wenn der Zuhörer Geld dafür bekam, verminderte das doch die Freude am Reden, oder etwa nicht?
Schließlich zog sich Olivia auf ihr Zimmer zurück. Petty machte gerade ihr Bett.
»Einen schönen Nachmittag, Petty.« Olivia hatte sich fest vorgenommen, guter Laune zu bleiben.
Das Mädchen drehte sich um und knickste. »Entschuldigt vielmals, Mylady, aber mein Name ist Letty.«
Olivia sah sie überrascht an. Dieselbe Größe, dieselbe Haarfarbe, dieselben Sommersprossen auf der Nase, dasselbe mürrische Gesicht. Olivia stellte sich herausfordernd vor sie hin. Petty machte sich einen Spaß daraus, die neue Herrin ein bisschen durch den Kakao zu ziehen. »Ich bin mir sicher, dass du sagtest, dein Name sei Petty.«
»Nein, Mylady«, erklang eine Stimme hinter ihr. »Ich bin Petty.«
Olivia drehte sich um und sah noch eine Petty in der Tür zu ihrem Ankleidezimmer stehen. »Oh.« Sie wandte sich wieder um und sah gerade noch, wie Letty ein Schmunzeln zu verbergen versuchte.
»Mrs Huff hat uns Ihnen gestern vorgestellt, Mylady.«
Mrs Huff hatte in ungeheurer Geschwindigkeit die Namen
von einem Heer von Dienstboten heruntergerattert, die ohne Probleme die ganze Auffahrt von Cheltenham hätten füllen können. Offenbar sollte Olivia sich jetzt an alle erinnern.
»Nun, natürlich hat sie das getan. Wie schön, dich wiederzusehen, Letty.«
»Letty ist das Zimmermädchen«, ließ Petty sie wissen.
Deshalb kümmerte sie sich also um das Bett. Olivia hätte es bemerken müssen. In Cheltenham war alles ein bisschen weniger formell organisiert gewesen. Die ältlichen Dienstboten, die geblieben waren, taten, wozu sie noch fähig waren, und verdingten für die ansonsten anfallenden Tätigkeiten die dringend auf Arbeit angewiesene Dorfbevölkerung.
»Aber ihr seid miteinander verwandt, nicht wahr?« In diesem Punkt war sie sich sicher. Sie war vielleicht etwas verwirrt, jedoch nicht blind.
»Schwestern, Mylady«, gab Letty zu,
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