Der geheimnisvolle Gentleman
zusammen ins Bett?« Er presste die Kiefer zusammen. »Hat es irgendeinen Sinn?«
Keinen Sinn? Warum nicht, um einander nahe zu sein? Um sich gegenseitig zu trösten, zu berühren, zu wärmen?
Er verbeugte sich kurz. »Gute Nacht, meine Liebe.« Dann machte er kehrt und verließ ihr Zimmer, während sie ihm überrascht und verloren hinterherschaute.
12. Kapitel
D er nächste Morgen war genauso grau wie Olivias Stimmung. Obwohl sie sich die Mühe machte und früh aufstand, um mit ihrem Mann zu frühstücken, nickte Dane ihr bloß über die Zeitung hinweg zu. Dann aß er sein Rührei zu Ende und ließ sie mit einem weiteren unpersönlichen Nicken allein.
Wenigstens hatte er ihr die Zeitung dagelassen. Aber leider konnte sie sich auf nichts Gewichtigeres konzentrieren als auf die Klatschspalte.
Irgendjemand, der sich Voice of Society nannte, war heute in guter Form.
»Aufgepasst, werte Leser, es ist für uns alle an der Zeit, unsere Ballsäle und Stallungen dichtzumachen und aufs Land zu fliehen. Hier ist ein reizendes Rätsel, das uns alle über den langen Winter bringen könnte: Wen wird unser lieber Prinny als neue Geliebte erwählen? Es gibt genügend Witwen und Ehefrauen, Seine Hoheit hingegen sollte sich sputen, bevor alle reifen Moorhühner nach Schottland geflogen sind!
Wie wäre es mit Londons berühmtester Gastgeberin, Mrs Blythe? Prinny hatte schon einmal einen Blick auf ihr hübsches Federkleid geworfen. Ist sie im Rennen, um Prinnys neues Vögelchen zu werden? Das würde wenigstens etwas Dampf in den Kessel bringen, meint eure Voice und freut sich schon darauf.«
Offenbar war die ganze Welt verliebt, nur sie hatte kein Glück. Enttäuscht stocherte Olivia in ihrem Rührei herum.
»Ich hoffe, das da auf dem Teller bin nicht ich.«
Sie blickte auf und sah Marcus in der Tür zum Frühstücksraum stehen. Sie erwiderte sein charmantes Lächeln nicht, sondern schaute ihn finster an. »Wer weiß.«
»Das heißt, Ihr könnt Euch nicht entscheiden, wer eine solche Behandlung eher verdient: Dane oder ich.«
»Ihr seid sehr aufmerksam … in diesem Augenblick.«
Er trat näher und stützte seine Hände auf die Lehne des Stuhles ihr gegenüber. »Meine Dame, ich entschuldige mich für unsere Gefühllosigkeit gestern Abend. Aber Ihr müsst zugeben – Hunde?« Er zuckte die Achseln. »Das ist ein Ball für die oberen Zehntausend, kein Kindergeburtstag.«
Olivia antwortete nicht, denn wie sollte sie ihm erklären, dass sie keinen blassen Schimmer davon hatte, wie man einen Ball für »die oberen Zehntausend« organisierte? Oh, Mutter, wie konntest du nur!
Unglücklicherweise war Marcus’ ungewöhnliche Aufmerksamkeit noch nicht erschöpft. »Ihr habt so etwas noch nie gemacht, nicht wahr?«
Lächelnd warf Olivia den Kopf in den Nacken. »Seid nicht albern! Meine Mutter ist eine erfahrene Gastgeberin.« Allerdings hatte Olivia die ganze Zeit auf Cheltenham verbracht und war deshalb nicht in der Lage gewesen, ihre Mutter in Aktion zu erleben.
Marcus warf die Hände in die Luft. »Na, wer sagt’s denn? Bittet Eure Mutter um ein wenig Unterstützung!«
Sie schüttelte den Kopf. »Meine Mutter ist nicht … verfügbar, um mir zu helfen.« Und doch hatte Marcus sie auf eine Idee gebracht.
Wessen Name tauchte ständig als fähige Gastgeberin in den Klatschspalten auf? Wer sollte sogar den Prinzregenten persönlich zu ihren Gästen gezählt haben?
Olivia lächelte Marcus erleichtert an. Sie könnte ihn dafür küssen, dass er sie auf diese Idee gebracht hatte! »Ich weiß genau, wen ich um Hilfe bitten werde!«
Wer konnte schon mehr darüber wissen, wie man einen großen Jagdball veranstaltete, als die am meisten gefeierte Gastgeberin Londons, eine gewisse Mrs Blythe?
Olivia nahm Petty mit, baute jedoch auf ihre generelle Unwilligkeit und plante, sie in der Kutsche warten zu lassen, während
sie selbst ihren Geschäften nachging. Olivia brauchte nicht noch mehr Aufmüpfigkeit von Seiten der Dienerschaft, und sie war sich sicher, dass sie sich die Mäuler darüber zerreißen würden, dass sie nicht einmal in der Lage sei, einen einfachen Ball zu organisieren.
Wie es ihrem Naturell entsprach, ließ sich Petty auf den samtenen Sitz der Kutsche fallen und protestierte nicht, als Olivia sie dort zurückließ, obgleich es ihre Pflicht gewesen wäre, ihre Herrin zu begleiten.
Die Tür wurde von einer stämmigen Hausdame geöffnet, nicht wie üblich von einem Butler oder Lakai. Olivia lächelte der Frau
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