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Der Geiger: Kriminalroman (German Edition)

Der Geiger: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Geiger: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mechtild Borrmann
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nicht.
    Er widmete sich wieder seinem Laptop.
    Über Witali Domorow, Sergei Domorows Sohn, fand er eine Randnotiz in der Moskowskaja Prawda. Er hatte eine Weihnachtsfeier für Obdachlose finanziert. In der Nowaja Gaseta gab es einen kritischen Artikel über Domorow, der offensichtlich eine Privatbank besaß. Zwischen den Zeilen wurde angedeutet, dass er sein Vermögen mit dem Ausverkauf der Sowjetunion gemacht hatte.
    Im Russian Journal war zu lesen, dass Domorow bei der Einweihung eines Kinderheimes zugegen gewesen war, dessen Bau er großzügig gefördert hatte.
    Er fand keine Homepage der Bank und auch nirgendwo einen Adresseintrag.
    Wie hatte Irina Domorow ausfindig gemacht?
    Vor dem Flughafen handelten sie mit einem inoffiziellen Taxifahrer einen Festpreis für die Fahrt nach Moskau aus. Neue Industriegebiete lösten sich links und rechts der Autobahn mit langgezogenen Birkenwäldern ab. Ab und an passierten sie ärmliche Dörfer, die wie Reste aus einer anderen Zeit am Rand der dichtbefahrenen sechsspurigen Straße lagen. Als sie sich der Stadt näherten, kündigten graue, verwitterte Trabantenstädte wie ausgestoßene Kinder die große, reiche Mutter Moskau an.
    Bürotürme aus Stahl und Glas glitzerten in der Sonne, und im alten Moskauer Zentrum waren die Straßen wie Hochwasser führende Flüsse, die von Nebenflüssen gespeist wurden und sich an den Kreuzungen stauten. Werbebanden, hoch über die Straßen gespannt und an monumentalen Gebäuden befestigt, priesen in grellen Farben Automarken, Banken, Mode- und Juweliergeschäfte an.
    Irina bat den Fahrer, sie zu einem Hotel in der Nähe einer Metrostation zu bringen. Der Mann bog in eine schmale Seitenstraße ein, und hier endlich kam die Stadt zu Atem und beruhigte sich. Geschäftshäuser mit aufwendig renovierten Fassaden aus der Zarenzeit reihten sich aneinander. Er hielt vor einem der Gebäude mit neugotischer Fassade. Die moderne Glasschiebetür mit der goldenen Hotelaufschrift fügte sich perfekt ein, nahm dem Gebäude nichts von seinem Charme.
    »Ein gutes Hotel«, sagte der Mann zufrieden. Dann zeigte er auf das Ende der Straße. »Die Arbatskaja und die Metrostation.«
    Sie mieteten zwei Einzelzimmer für eine Nacht und trafen sich eine halbe Stunde später in der klimatisierten Hotelbar. Irina hatte sich umgezogen und erwartete ihn bereits. Sie trug Jeans, und ihre Füße steckten in knallroten Turnschuhen. Unter den hochgesteckten Haaren war ihr Nacken erstaunlich nackt, erstaunlich verletzlich.
    »Du weißt, wo Domorow sich aufhält?«, fragte er, nachdem sie Wasser und Kaffee bestellt hatten. Irina schüttelte den Kopf und schob ihm einen Zettel mit einer Telefonnummer zu.
    »Nein, keine Ahnung. Aber ich weiß, wie du ihn erreichen kannst.«
    »Verrätst du mir, woher du die Nummer hast?« Er gab sich Mühe, es beiläufig klingen zu lassen.
    Sie verschränkte die Arme und betrachtete ihn spöttisch. »Es ist nicht wichtig, woher ich sie habe.«
    Sascha zuckte mit den Schultern. »Ich habe keinen Adresseintrag gefunden. Mein Eindruck ist, dass Domorow nicht von jedermann gefunden werden will.«
    »Du hast russische Wurzeln, aber du bist kein Russe mehr. Du sprichst und denkst wie ein Europäer«, sagte sie, und auf ihrer Stirn zeigte sich eine lange, schnurgerade Falte. »Druschba. Verstehst du?«
    »Freundschaft?«
    »Ja, Freundschaft. Freundschaft ist wichtig. Wenn man viele Freunde hat, kann man viel herausfinden.« Sie lächelte. »Ruf an. Vielleicht können wir heute noch mit ihm sprechen.«
    Er wählte, und die freundlich routinierte Stimme einer jungen Frau meldete sich. »Russian Credit, was kann ich für Sie tun?«
    Er zögerte und sagte dann, dass er Witali Domorow zu sprechen wünsche. Es entstand eine kleine Pause.
    »Herr Domorow ist nicht im Haus. Kann ich etwas ausrichten?« Die Stimme klang jetzt abweisend.
    Er nannte seinen Namen und bat halbherzig um Rückruf.
    Irina betrachtete ihn prüfend. »Was ist?«
    Er nippte an seinem Kaffee und berichtete von Tjotja Aljas Bedenken. »Sie sagt, Sergei Sergejewitsch Domorow sei ein Wor w sakone gewesen. Was ist, wenn er die Geige doch bei Kurasch gefunden hat? Wenn sie in seinem Besitz ist oder er sie zu Geld gemacht hat?«
    Irina schüttelte entschieden den Kopf. »Niemals! Sergei Sergejewitsch war ein Wor w sakone der alten Schule und hätte ein solches Versprechen nie gebrochen. Ihr Ehrenkodex war unumstößlich. Niemals hätte er die Geige einfach behalten.«
    »Aber alle, die von dem

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