Der Geist der Liebe - Miles, C: Geist der Liebe - MacGowans's Ghost
Sterbliche in diesem Fall weit mehr ungelöste seelische Probleme hat als seine Geister.«
»Geister? Du sprichst im Plural?«, fragte Boe.
»Jep. Wir haben hier noch einen Mönch, eine französische Adlige und zwei englische Lords.«
Boe lachte. »Du lieber Gott! Da würde Dauber aber sicher eifersüchtig sein. Er ist ja so eine Glucke.«
Allie lächelte. Nicht lange, nachdem Allie und Dauber sich kennengelernt hatten, war Boe zufällig zu einem verlängerten Wochenende vorbeigekommen.
Es war ihre erste Erfahrung mit einer Erscheinung aus dem Jenseits gewesen. Zu Anfang hatte Boe sich noch geweigert, Allies Behauptung, sie sehe Geister, ernst zu nehmen. Aber Dauber hatte ein paar gute Tricks im Ärmel, und so hatte es nicht lange gedauert, bis Boe Allie Glauben schenkte.
Sowie das geschehen war, hatte sie Alexander Dauber genauso deutlich sehen können wie Allie.
Und vergötterte ihn seitdem geradezu.
Allies Mom und den anderen Schwestern erging es bald nicht anders.
»Nun«, sagte Allie, »Dauber ist hier bei mir und bemuttert mich wie immer.«
»Unglaublich«, sagte Boe seufzend. »Aber hey, weißt du was?«
»Was?«
Ihre Schwester machte eine Pause, bevor sie sagte: »Ich habe gestern Nacht von Dad geträumt. Das war irgendwie komisch, denn ich hatte schon ziemlich lange nicht mehr von ihm geträumt.«
Allie wurde das Herz schwer. Sie vermisste ihren Vater noch immer sehr. »Und was genau hast du geträumt?«
»Erinnerst du dich daran, wie wir einmal diese Tüte Hundefutter fanden und dachten, es wäre lustig, Löcher hineinzustechen?«
Allie lachte. »Woraufhin überall in der Waschküche Hundefutter auf den sauberen Kleidern war und Mom uns mit der Fliegenklatsche hinausjagte?«
»Und als Dad Mom den Weg abschneiden wollte und sie beide in der Auffahrt hinfielen?«, warf Boe lachend ein.
Allie erinnerte sich noch gut an jenen Tag. »Das war nur ein paar Tage, bevor er starb.« James Morgan hatte das wunderbarste Lachen gehabt, das man sich vorstellen konnte, und an jenem Tag hatte er gelacht wie eine Hyäne und war von Kopf bis Fuß mit Matsch bedeckt gewesen.
»Ja, ich weiß. Ich vermisse ihn«, sagte Boe und murmelte etwas, das Allie nicht verstehen konnte. »Mom möchte dich noch einmal sprechen. Warum rufst du mich nicht später noch mal an? Du fehlst mir so sehr, dass ich stundenlang mit dir plaudern könnte. Oh, und Sika lässt dich grüßen.« Sika war der Rufname ihrer Schwester Ivy.
»Bist du auch vorsichtig?«, fragte Sara, Allies Mutter, als sie das Telefon zurückerobert hatte. »Es beunruhigt mich, dass du ganz allein in einer Stadt voller Leute bist, die du nicht kennst.«
Darauf musste Allie lächeln. »Mach dir keine Sorgen um mich, Mom. Die Leute hier sind supernett. Du würdest dich hier auch wohlfühlen. Der Pub und der Gasthof erinnern mich an unser eigenes B&B. Und ich werde es nie müde, den Akzent der Westhighlands zu hören.«
»Das beruhigt mich«, sagte Sara. »Du fehlst mir nämlich sehr, weißt du.«
»Ich weiß, Mom. Du mir auch.« Allie wandte sich wieder Justin zu, der es aufgegeben hatte, sie zum Lachen bringen zu wollen, und jetzt an der Telefonzelle lehnte. Oder jedenfalls sah es so aus, als lehnte er daran. »Wo ist Emma?«
»Sie ist zum Markt gelaufen und müsste bald wieder zu Hause sein.«
Allie schaute auf die Uhr. »Ich muss jetzt sowieso Schluss machen, also sag ihr, dass ich sie lieb habe, ja?«
»Aber sicher. Ich hab dich auch lieb, meine Kleine. Pass gut auf dich auf.«
Und damit beendeten sie das Gespräch.
Als Allie die Telefonzelle verließ, grinste Justin noch immer breit und schloss sich Allie an, als sie zurückging. »Was ist heute los mit dir?«, sagte sie und sah ihn fragend an.
Ohne den Blick von ihr zu wenden, strich er sich mit Daumen und Zeigefinger über sein sorgsam gepflegtes Kinnbärtchen. »Du findest mich also umwerfend gut aussehend?«
Allie blieb stehen und starrte ihn mit offenem Mund an. »Oh! Du Schlitzohr! Wieso hast du das mitbekommen?«
Justin zog überlegen eine Augenbraue hoch. »Mein erster Offizier war taub wie eine Planke Holz. Ich habe ihn oft dabei beobachtet, wie er von den Lippen ablas, und es irgendwann auch selbst gelernt.« Er lachte leise. »Ich bereue schon, es dir verraten zu haben. Es wäre ganz nützlich gewesen, von deinen Lippen ablesen zu können, ohne dass es dir bewusst wäre.«
Allie sah ihn in gespielter Verärgerung an und ging dann weiter. »Du bist ein Hallodri, Justin Catesby. Ein
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