Der Geist der Liebe - Miles, C: Geist der Liebe - MacGowans's Ghost
»Oui«. Sie schüttelte den Kopf. Wie sehr die Geister doch das Glücksspiel liebten. Selbst wenn es dabei nicht um Geld ging, sondern darum, sich gegenseitig zu übertrumpfen.
Allie spülte die Gläser, stellte sie auf den Abtropfständer und trocknete sich die Hände ab. Als sie einen Blick aus dem Fenster warf, sah sie Wolkenfetzen an der tief über dem Loch hängenden Mondsichel vorbeiziehen.
»Schön, nicht?«, sagte Gabes tiefe Stimme hinter ihr. Er lehnte am Schrank neben Allie und blickte wie sie aus dem Fenster. Dann wandte er sich ihr zu und sah sie an. »Als ich ein kleiner Junge war, erzählte mir mein Vater Geschichten von den kelpie oder Wassergeistern, die bei zunehmendem Mond zum Kai kommen, um Menschen ins Wasser zu locken und sie zu ihren Gefährten zu machen.« Er lachte. »Das jagte mir damals eine Höllenangst ein.«
Allie sah Gabe lächelnd an. Seit dem Abend auf dem Kliff hatte er nicht ein einziges Mal versucht, sie zu berühren, geschweige denn, sie zu küssen. Er hatte seitdem etwas Unschlüssiges, Zögerndes an sich, das ihn dazu brachte, sich zurückzuhalten. Trotzdem herrschte zwischen ihnen eine knisternde Spannung.
Allie hatte keine Vermutung, was mit ihm los war, aber sie war sicher, dass er sie küssen würde, wenn er es wollte. In jener Nacht auf der Klippe hatte er sehr viele seiner aufgestauten Schuldgefühle bei ihr abgeladen. Vielleicht schämte er sich deswegen? Vielleicht war er sich aber auch nicht sicher, ob er sich noch weiter auf eine Frau einlassen sollte, die schon bald wieder abreisen würde.
»Meine Granny hätte jetzt gesagt, dass du vor dich hinträumst«, bemerkte er. »Was beschäftigt dich denn so sehr?«
Allie zuckte mit den Schultern. »Findest du es eigentlich seltsam, dass ich hier bin?«, fragte sie, während sie sich zur Küchenanrichte umwandte und sich auf die Arbeitsfläche setzte. »Ich meine, ich lebe unter deinem Dach, esse dein Essen, pflege Umgang mit deiner Familie und deinen Geistern und arbeite in deinem Pub.« Sie schüttelte den Kopf und schlug die Beine übereinander. »Du hast mich engagiert, damit ich dich von deinen lästigen Hausgespenstern befreie, aber eigentlich ist das gar nicht mehr der Grund, aus dem ich hier bin. Findest du das nicht seltsam?«
Gabe wandte sich ihr zu und lehnte sich, keinen Schritt von ihr entfernt, mit der Hüfte an die Arbeitsfläche, verschränkte die Arme vor der Brust und überlegte einen Moment. Dann nickte er. »Aye. Fast genauso seltsam wie die Tatsache, dass ich aus sämtlichen nationalen und internationalen Websites von Ghost Bustern - und das waren Tausende, soweit ich mich erinnere -, aufs Geratewohl eine Hand voll Namen herausgesucht habe, von denen einer deiner war.« Er pfiff durch die Zähne. »Das ist schon ganz schön irre, wenn du mich fragst.«
Allie lächelte. »Ja, das ist es allerdings.«
Gabe richtete sich auf, trat vor Allie und stützte seine Hände rechts und links von ihr auf die Arbeitsfläche. Mit diesem durchdringenden Blick, den Allie schon so gut kannte, betrachtete er sie einige Sekunden lang. »Ich kann nicht sagen, wohin das alles führen wird, Allie, und ich habe keinen blassen Schimmer, was im Lauf des nächsten Monats geschehen wird. Aber ob ich nun beschließe zu verkaufen oder nicht, ich brauche auf jeden Fall deine Hilfe, wenn du hierbleibst.« Er beugte sich vor, war aber trotzdem noch so groß, dass er den Kopf senken musste, um ihr in die Augen zu schauen. »Gott weiß, was ich in all dieser Zeit ohne dich getan hätte. Ich glaube, der Himmel hat dich mir geschickt, Allie.«
Das Herz schlug ihr bis zum Hals, als sie ihn mit großen Augen anschaute. Sie spürte diese unerklärliche innere Verbundenheit mit ihm stärker denn je, und aus einem Impuls heraus hob sie die Hand und strich mit den Fingerspitzen über Gabes Lippen. Und für einen Moment schloss er die Augen.
»Ich glaube, du hast recht«, flüsterte sie.
Doch tief im Innersten empfand sie Angst.
Sie konnte es selbst kaum glauben, dass sie sich in so kurzer Zeit in einen Mann verliebt hatte. In einen Mann, der so weit entfernt von ihrem Zuhause und ihrer Familie lebte.
In einen Mann, der sich seiner eigenen Gefühle nicht sicher war.
Sie ließ die Hand wieder sinken, doch Gabe blieb vor ihr stehen. Ihr stockte der Atem, als sie wieder zu spüren glaubte, wie die Luft zwischen ihnen zu knistern begann. Und dazu dieser verwirrende Blick, mit dem Gabe sie ansah - als hätte er etwas sehr Seltenes und
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