Der Geist des großen Büffel
dem Häuptling: „Ich bin bereit! Piepsende Maus wird
sich wundern, was die Brust eines dicken weißen Mannes aushält!“
„Du
wirst zuerst antreten?“ fragte der Häuptling.
Er
antwortete: „Ja.“
Ich
warf ein: „Doch in diesem Falle sind Zirkus-Joe und Little Byrd frei.“
„Ha“,
rief der Häuptling. „Ich wußte ja, daß die weiße Squaw geprahlt hat. Sie kann
gar nicht über die Schlucht tanzen!“
„Häuptling
Kleiner Stier irrt“, gab Little Byrd bescheiden zurück. „Ich werde über die
Schlucht, die viele Baumstämme hoch ist, wandern, und ihr werdet mich sehen,
als ob ich im Himmel ginge...“
„ Uffuff ... „
„Aber
wird Häuptling Kleiner Stier dann mit uns allen die Friedenspfeife rauchen?“
„Er
wird“, sagte Onkel Berni an seiner Stelle. Es klang so überzeugend, daß der
Häuptling nicht widersprach. Ich war gerührt. Um Frieden zwischen uns und den
Indianern zu stiften, wagte Little Byrd ihr Leben.
Der
Häuptling verließ uns, um seinem Stamm zu berichten, was wir vereinbart hatten,
und um den Zweikampf vorbereiten zu lassen. Als wir im Dämmerlicht des Zeltes
alleingeblieben waren, fragte mich Cookie: „ Mylord ,
warum haben Sie der Rothaut noch nicht gesagt, daß Sie ihn zu dem Schatz seines
Volkes führen wollen? Denn das wollen Sie doch, nicht wahr?“
„Ja,
aber dann wäre er aus Habsucht mit uns dorthin gezogen, nun wird er es als
Freund tun.“
„Sehr
weise. Ich werde versuchen, die Piepsende Maus nicht zu sehr piepsen zu lassen.
Aber wie komme ich in Ihr Hemd?“
„Zieht
euch jetzt um“, riet Onkel Berni.
„Mit
zusammengebundenen Händen? Ich bin doch kein Entfesselungskünstler.“
„Kleinigkeit“,
Tante Turkie schlüpfte aus ihrer Verschnürung und
knüpfte die Knoten unserer Fesseln mit ihrem Schnabel auf. In Windeseile
tauschten Cookie und ich unsere Hemden — seines schlotterte um meine Brust,
während meines über seinem Bauch zum Platzen spannte. Es gelang uns nicht, den
obersten, Kragenknopf zu schließen. Hoffentlich war dies bei ihm nicht der Ort,
wo bei Siegfried das Lindenblatt gelegen hatte.
Während
wir uns umkleideten, wollte ich von Onkel Berni wissen: „Wieso ertragt ihr die
Fesseln so geduldig? Ihr könntet euch doch jederzeit befreien!“
„Mein
lieber Mac“, knurrte er, „du verstehst natürlich nicht alles! Wir sind dir eine
Stufe voraus, das ist doch klar. Einmal macht es uns ja gar nicht viel aus,
hier wie bandagiert zu liegen. Unser Schmerzempfinden ist ein anderes als eures
— und ebenso bedeutet uns Zeit wenig. Wir sind nicht ungeduldig. Siehst du,
wenn wir plötzlich frei unter den Indianern auftauchen würden, käme alles
durcheinander. Sie würden sich aufregen, es gäbe weder einen Kampf noch eine
Versöhnung. Deshalb werden wir alles als scheinbar hilflose Zuschauer vom
Marterpfahl aus miterleben. Das sieht doch sehr zünftig aus und macht den
Indianern Freude. Übrigens meinen Glückwunsch zu deiner Idee...“
„Du
weißt, was ich vorhabe?“
„Natürlich.“
„Mir
ist es aber ein Rätsel“, brummte Cookie. „Ich zerbreche mir bereits die ganze
Zeit den Kopf darüber, obwohl ich doch wahrhaftig schon an Zauberei gewöhnt
bin.“
„Es
ist keine Zauberei.“
Da
kehrte der Häuptling zurück.
Man
führte uns aus dem Zelt. Die Feuerstelle war eingeebnet. Little Byrd und
Zirkus-Joe wurden zwar an die Pfähle gebunden, aber so, daß sie sitzen und sich
ein wenig bewegen konnten. Mit meinen Vorfahren gingen die Indianer roher um.
Bis zum Hals hinauf wurden sie mit Stricken umwickelt.
Die
Indianer ließen sich im Kreis nieder. Der Häuptling trug seinen prächtigsten
Schmuck aus Adlerfedern und ein reich mit Perlen besticktes Lederhemd. Man
lockerte mir die Fesseln und forderte mich auf, mich neben ihn zu setzen, da
schlug ich die Beine wie er untereinander — eine höchst unbequeme Stellung.
Cookies Kampf
Die
Indianer schwatzten und gackerten, für sie war alles wie ein schönes Fest. Da
saßen alte Männer mit Zahnlücken neben grauhaarigen, in Decken gehüllten
Squaws. Manche hatten Säuglinge im Arm, woanders bohrten dunkelhäutige
Indianerkinder in ihren platten Nasen.
Cookie
Potts Gegner Piepsende Maus hatte sich am ganzen Körper mit Ruß geschwärzt und
gelbe Striche über seine Brust gezogen. Sein Gesicht leuchtete zinnoberrot, und
seinen Hals zierte eine Krause aus Stachelschweinstacheln. In seinem wirren
Haar steckten drei Federn.
In
der rechten Faust schwenkte er ein Messer, dessen
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