Der Geist des großen Büffel
los“, sagte ich zu Onkel Berni. „Aber leider nur
vorläufig. Schade...“
„Tröste
dich“, brummte er. „Ich kann dem Großen Kojoten ausnahmsweise einmal recht
geben: aufgeschoben ist nicht aufgehoben — oder: es ist noch nicht aller Tage
Abend.“
„Mußte
das bedauernswerte Krokodil die ganze Fahrt in der Kiste mitmachen?“ wollte ich
wissen. „Und wie kam es überhaupt hinein?“
„Frag
nicht soviel . Das bißchen Zauberei konnten wir uns
nicht verkneifen.“
„Und
wie gelangt es wieder nach Hause, in den Pfuhl der Krokodile?“
„Der
kleine Fluß dort drüben mündet in den Strom, es hat es nicht weit.“ Und das
Krokodil trollte sich, ohne weiteren Aufenthalt. Wie froh mochte es sein, aus
der Kistenenge wieder ins freie Wasser zu kommen.
Ich
erwartete nun, daß Häuptling Kleiner Stier uns losbinden würde, zwischen uns —
so glaubte ich — bestand doch keine Feindschaft. Alles war ja nur das Werk des
Tödlichen Colts gewesen. Doch die Indianer vermochten sich nicht zu einigen,
der Häuptling rief seine ältesten Stammesgenossen, die würdigsten Krieger und
den Medizinmann zu sich. Sie zogen sich unter die Bäume zurück und redeten
erregt hin und her. Leider verstand ich sie nicht, das Feuer prasselte zu laut.
„Warum
unternimmst du nichts“, fragte ich Onkel Berni etwas ungeduldig. Ausnahmsweise
wünschte ich mir ein wenig Spuk. Das Auftauchen des Krokodils aus der Kiste war
ja schon ganz nett gewesen, aber konnten meine
Gespenster nun nicht etwas mehr zu unserer Rettung tun?
„Mein
lieber Mac“, antwortete mein rauchender Onkel, „wir drei finden, daß sowohl du
als auch Cookie ein Recht darauf haben, einmal Helden des Wilden Westens zu
spielen!“
„Danke
bestens“, grollte Cookie.
Jetzt
kam der Medizinmann aus dem Nachtschatten und vollführte einen wilden Tanz um
das Feuer. Er warf seine Arme gen Himmel und verrenkte den Körper und
schüttelte seine Arme. Anscheinend trug dies zu seiner Erleuchtung bei. Er
eilte in den Rat der Alten zurück und verkündete dort, was ihm offenbar
geworden war. Und so, der höchsten Unterstützung sicher, faßte auch der
Häuptling seinen Entschluß und erhob sich, um mit mir zu reden.
Er
schritt wiegend aus und wölbte seine Brust, pflanzte sich würdevoll vor mir auf
und verkündete das Urteil: „Alle weißen Männer und das weiße Mädchen sind Freunde
des stinkenden Hundes Blinde Kuh gewesen, der meine Tochter ermordet hat.
Deshalb haben sie den Tod verdient. Aber vielleicht wußten sie nichts von dem
Verbrechen, das dieser Feigling plante? Wir edlen Rothäute hassen die
Ungerechtigkeit. Ein Kampf soll entscheiden. Der Zirkuskünstler und der dicke
Koch des weißen Mannes mit dem runden Hut sollen gegen meine besten Krieger
antreten. Der weiße Mann mit dem hohen Hut soll mein Gegner sein. Gegen das
Mädchen kämpfen die tapferen Krieger der Kalbfell-Indianer nicht...“
Ich
atmete auf, doch zu früh.
„Aber
auch sie muß beweisen, daß die Götter sie schuldlos sprechen. Sie wird auf dem
dünnen Seil über die Schlucht tanzen...“
„Das
ist Wahnsinn“, rief ich, „die Schlucht ist gute hundert Meter hoch und ein Absturz
wäre tödlich.“ Auch hörte ich Onkel Rab entsetzt
schnaufen, und sogar Onkel Berni knurrte.
Doch
da sagte Little Byrd: „Die tapferen Kalbfell-Indianer werden erleben, daß eine
weiße Squaw nicht weniger Mut hat als sie!“
Der
Indianerhäuptling blickte sie erstaunt an. Ich fand es klüger, jetzt noch nicht
zu widersprechen. Vielleicht konnte ich Little Byrd durch meinen Sieg — an dem
ich in keiner Weise zweifelte — loskaufen.
„Und
die Tiere?“ fragte ich voller Hoffnung. Sie konnten ja alles zu unseren Gunsten
wenden.
„Die
Kalbfell-Indianer kämpfen nicht mit Tieren“, brummte der Häuptling. Es klang
unsicher. Vielleicht waren sie ja doch heilige Wesen oder mindestens Geister?
„Sie bleiben an die Stämme gefesselt, bis alle Kämpfe vorüber sind. Siegt ihr,
sind sie frei, was aber unmöglich ist. Siegen wir, werden wir das Totem der
Großen Taube befragen, was mit ihnen geschehen soll. Doch jetzt werdet ihr alle
in das Zelt zurückgebracht, damit ihr morgen gestärkt kämpfen könnt.“
„Das
Mädchen fiebert“, sagte ich. „Sie hat einen kranken Fuß.“
„Der
Trank unseres Medizinmannes wird sie heilen“, behauptete der Häuptling. Er
drehte sich um und ging würdevoll davon.
Wir
kamen also wieder in das Zelt. Der Medizinmann stopfte Little Byrd einen
Hornlöffel mit einem
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